Scharfe Tafelfreuden beim Krenessen in Baiersdorf
Autor: Pauline Lindner
Baiersdorf, Sonntag, 18. Sept. 2016
In der "schärfsten Stadt Deutschlands" fand das traditionelle Krenessen statt. Neben kulinarischen Köstlichkeiten gab es Interessantes aus der Historie.
Jedes zweite Jahr begeht die Stadt Baiersdorf die Krönung der Bayerischen Meerrettichkönigin mit einem Festakt, genauer: mit einem Krenessen in der Jahnhalle. Damit im Vorfeld des Krenmarkts, der immer am Sonntag nach der Inthronisation gefeiert wird, keine Lücke entsteht, sprang diese Jahr der CSU-Ortsverband in die Bresche.
Als Ehrengast - oder muss man bei diesem Anlass von Vorkoster sprechen- hatte sie den Parlamentarischen Staatssekretär Stefan Müller, den örtlichen Bundestagsabgeordneten, eingeladen. Und natürlich die Krenkönigin Christine sowie für die musikalische Umrahmung die Bergl-Boum aus der Oberpfalz.
Amüsantes aus der Historiere
Für das scharfe Lokalkolorit sorgte schon zur Begrüßung Dorothea Neubauer, die Sprecherin der CSU-Stadtratsfraktion.
Ohne Markgraf Johann Alchimista gehe da gar nichts, habe doch der Herr auf Schloss Scharfeneck, seinen Untertanen den Krenanbau schmackhaft gemacht.
In die jüngere Lokalhistorie führte Rosl Wilfer die Gäste ein. Ihr Vater, so bekannte sei, war der erste "Preiß" im Ort, ihre Mutter aus Marloffstein, weshalb sie zweisprachig aufgewachsen sei und so im Dialekt und in der Schriftsprache an vergangene Tage erinnern könne. Sie förderte dabei Erstaunliches und Amüsantes zur Stadt und zum Kren zu Tage.
So ist schon für 1797 der Krenexport nach Holland und ins Rheinland belegt. Der ungewöhnlichste Kunde war aber 1903 die britische Armee. Infolge des Burenkriegs litten viele Militärpferde an einer Hufkrankheit. Wegen der bekannten Heilkraft des Krens schickten die Briten Agenten, um die gesamt Ernte aufzukaufen. Bis zum letzten Fexerla. Die heißen in der Fachsprache Bizzi. Was man davon nicht als Stecklinge fürs nächste Jahr aufhob, nahm man zum Ausbessern der Wege. "Nur 1903 hat man selbst die wieder herausgekratzt", wusste Wilfer.
"Sonst v'rreckt er"
Zur aktuellen Trockenheit wusste sie auch eine Begebenheit. Der Mann einer Krenbäuerin lag im Krankenhaus. Der Pfarrer traf die Frau beim Krenhacken am Acker an. Er fragte sie, wie es dem Gatten ginge. Ganz vertieft antwortete die: "Es brauchert halt an Reg'n, sonst v'rreckt er." Zur städtischen Politik sollte Bürgermeister Andreas Galster (CSU) etwas sagen. Doch auch er äußerte sich zuerst zur Ortsgeschichte: Vieler Wasserräder sorgten einst für die Bewässerung der Krenäcker. Deshalb war Baiersdorf der Sitz eines besonderen Gerichts, des Wassergerichts, das von Schwabach bis Richtung Bamberg für Streitigkeiten ums Regnitzwasser zuständig war. Aus dieser Behörde entwickelte sich, so Galster das Landratsamt. Weshalb der alte Landkreis Erlangen auch das Wasserrad in seinem Wappen führte.
Der nächste Geschichtsprung führte zu Erich Honecker. Galster ist sich sicher, der ehemalige SED-Vorsitzende wird in Baiersdorf wiederauferstehen, denn Ostberlin habe keine so hohen Mauern gehabt, wie sie in Bälde Baiersdorf durchteilen werden. Schließlich sei die "schärfste Stadt Deutschlands" auch die einzige Kleinstadt, durch deren Mitte eine sechsspurige Autobahn und eine ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse führe.