Richter müssen immer öfter in Familien eingreifen
Autor: Petra Malbrich
Forchheim, Mittwoch, 11. Dezember 2013
Das Forchheimer Amtsgericht muss sich mit immer mehr Familiensachen beschäftigen. Dabei haben Richter wie Direktor Pankraz Reheußer das Wohl der Kinder im Auge und treffen deshalb oftmals unangenehme Entscheidungen.
Verfahren quer Beet durchs Strafgesetzbuch - im Landkreis Forchheim ist alles dabei. Von der Anzahl der Verfahren gesehen, ist es in den meisten Bereichen, ob im strafrechtlichen Bereich, bei den Ordnungswidrigkeiten oder bei den Betreuungsangelegenheiten relativ konstant geblieben. Nur bei den Familienstreitigkeiten war bereits in den vergangenen Jahren eine merkbar steigende Tendenz erkennbar.
Es wird hart um das Sorgerecht gestritten
Waren es 2007 noch 570 Verfahren, stieg die Anzahl bis 2012 bereits auf 750 Verfahren und heuer sind bislang 850 Verfahren geführt worden. Der überwiegende Teil betrifft hier Streitigkeiten um das Sorgerecht, das Umgangsrecht, aber auch Unterhaltsstreit oder die Vermögensausgaben, wie Pankraz Reheußer, Direktor des Amtsgerichts Forchheim, erklärt.
Auf eine steigende Anzahl an Scheidungen könne man dabei keine Rückschlüsse ziehen und ein
Aber der Direktor ist selbst Richter des Familiengerichts und kennt daher auch die anderen Fälle, die hier entschieden werden: zum Beispiel, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt oder nicht. "Das sind Fälle, die einem persönlich nahe gehen, die zum Nachdenken anregen", sagt der Richter. Denn er muss darüber entscheiden, ob ein Kind aus der Familie herausgenommen wird oder ob es reicht, wenn einmal wöchentlich ein Mitarbeiter des Jugendamts die Familie unterstützt. Grundlage für solche Entscheidungen ist immer eine Gefährdung des Wohls des betreffenden Kindes, wenn eine Erziehung mit vernünftigen Lebensperspektiven nicht mehr gegeben ist.
Es gibt immer mehr Eltern, die zum Erziehen nicht mehr fähig sind
Zugenommen haben die Fälle, dass Eltern eine Erziehung nicht mehr gewährleisten können. Manchmal sind die Eltern von den persönlichen Fähigkeiten her gesehen nicht mehr in der Lage, eine vernünftige Erziehung zu gewährleisten. Manchmal sind Eltern oder ein Elternteil krank, nennt Reheußer einen weiteren Grund, wobei auch der Alkoholmissbrauch eine Krankheit sei.
Auch gegen den Kinderwillen
Etwa zehn Fälle dieser Art werden im Jahr vom Gericht geprüft. Wenn die Betroffenen vor Gericht stehen, sind es immer auch Momentaufnahmen. Deswegen machen sich die Richter eine Entscheidung nicht leicht. "Es wird immer nach dem Kindswohl entschieden, wenn es das auch manchmal gegen den Willen der Kinder ist", merkt der Direktor an. Er erzählt das, weil er oft erlebt hat, dass Kinder selbst dann noch bei den Eltern bleiben möchten, wenn sie in der Familie körperliche Gewalt erleben.
Über die Jahre hinweg konstant geblieben sind die Fälle im strafrechtlichen Bereich. Dazu gehören nicht nur Körperverletzungen, auch Trunkenheit im Straßenverkehr oder Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Bei den Ordnungswidrigkeiten wird eine große Anzahl der Fälle, etwa 90 Prozent, dem Bereich Verkehr zugeschrieben, zum Beispiel, wenn jemand wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wurde oder auf der Autobahn den Abstand nicht eingehalten hat. Von einer Geldbuße bis zum Fahrverbot reicht das Strafmaß.
Viel Arbeit mit Einsprüchen gegen Fahrverbote
Gerade die Verkehrsdelikte machen dem Amtsgericht viel Arbeit. "Hier gibt es viele Einsprüche. Ein paar Hundert im Jahr", berichtet Reheußer. Gerade beim Fahrverbot bestehe ein großes Interesse, die Korrektheit der Messung vom Gericht überprüfen zu lassen. Der zuständige Richter sieht sich dann den Film an und lässt sich vom Polizeibeamten rekonstruieren, ob das Messgerät technisch richtig aufgebaut wurde.
Doch auch der Lebensmittelbereich und der Umweltschutz zählen zur Kategorie "Ordnungswidrigkeiten". War der Autofahrer nun in einer Umweltschutzzone unterwegs oder wurde gegen bestehende Umweltschutzauflagen verstoßen? Der Direktor des Amtsgerichts nennt einen Bereich am Walberla, an dem Vögel nisten und deshalb ein Überflugverbot besteht. Sportflugzeuge dürfen deshalb diesen Bereich ebenfalls nicht überfliegen - was aber schon vorkam.
Zu wenig Berufsbetreuer
Wichtig nennt Reheußer auch die Tätigkeit der Betreuungsrichter. "Etwa 1650 Betreuungsfälle sind zu behandeln. Menschen, die aufgrund einer bestimmten Situation wie einer Krankheit nicht mehr in der Lage sind, ihren täglichen Geschäften nachzugehen, brauchen einen Betreuer", sagt Reheußer. Dann gilt es zu klären, ob die Person noch zu Hause bleiben kann. In diesem Falle wird vom Gericht ein Betreuer für Behördengänge oder Bankgeschäfte eingesetzt. Wenn die betroffene Person in einem beschützenden Heim untergebracht werden muss, kann auch ein Berufsbetreuer bestellt werden. Reheußer fügt hinzu, dass es eher eine geringe Zahl an Berufsbetreuern gebe. "Häufig werden Familienangehörige bestellt", sagt Reheußer. Aber auch die Aufgaben der Angehörigen werden genau benannt und vom Gericht festgesetzt. Und natürlich überprüft.