Ein 70-jähriger Rentner aus dem Landkreis Forchheim ist wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 30 Euro verurteilt worden.
Der Mann hatte einen Wasserinstallateur auf den Kopf geschlagen und im Gesicht blutig gekratzt, weil der ihn angeblich gehindert hatte, durch eine Tür zu gehen. Der Geschlagene wurde das zufällige Opfer in einem schon lange schwelenden Familienkonflikt. Gegen einen Strafbefehl hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt.
Der Monteur und sein Bruder waren im Oktober vom Hauseigentümer, dem Sohn des Angeklagten, beauftragt worden, Arbeiten an Wasseruhren durchzuführen. Der eine war am Firmenfahrzeug, der andere arbeitete an der Wasserzufuhr, als der Angeklagte von einem Einkauf zurückkam und an der Arbeitsstelle vorbei in das Haus wollte. Der Monteur außen hörte den Angeklagten laut schreien und sah zuerst, wie der Angeklagte seinen Sohn trat, und sah dann seinen Bruder in einer Tür stehen und wie er von dem Rentner mit Kraft von dort weggeschubst wurde. Der Bruder des Monteurs drehte sich weg. Dabei griff der weitaus Ältere ihm ins Gesicht und kratzte es blutig und schlug ihm auch noch von hinten mit der Faust auf den Kopf.
Die Polizei gerufen
Dem Monteur war das entschieden zu viel und er rief die Polizei. In deren Anwesenheit konnten die beiden Handwerker ihre Arbeit endlich erledigen. "Aus einer Stunde Arbeitszeit sind so vier geworden", sagte der Monteur vor dem Amtsgericht
Forchheim. Und: "So etwas habe ich auf Arbeit noch nie erlebt."
Dem Geschädigten war völlig unklar, weshalb der Rentner sofort so aggressiv reagierte. "Wie von der Tarantel gestochen", beschrieb er es dem Gericht. Er habe sich in die Tür gestellt, weil er befürchtete, der erregte Mann sperre sie zu und er käme nicht mehr an das Werkzeug dahinter.
Genau hingeschaut
Vom Geschehen gibt es ein Video, das Amtsrichterin Silke Schneider mit allen Prozessbeteiligten genau anschaute. Es bestätigt, so die Richterin, den von den Zeugen geschilderten Ablauf. Mehrmals ließ sie die Sequenz mit dem Schlag abspielen, weil der Angeklagte gerade das vehement in Abrede stellte. "Niemand hat Sie angegriffen. Ich weiß nicht, ob Sie sich falsch erinnern oder mich anlügen", versuchte sie die abstreitende Sachverhaltsschilderung durch den Angeklagten zu bremsen. Vergeblich.
"Erzählen Sie mir keinen Quatsch. Sie dürfen doch nicht einfach zuschlagen. Wenn er Sie wirklich nicht hereingelassen hat, hätten Sie die Polizei rufen müssen", versuchte die Richterin es nochmals. "Das Video ist alles gezielt vorprogrammiert", behauptete der Rentner dennoch.
"Völlig hochgekocht" beurteilte die Sitzungsstaatsanwältin das Verhalten des Angeklagten und hielt es für "bedenklich, dass er versucht, es herunterzuspielen". Da er "absolut nicht schuldeinsichtig" sei, forderte sie 50 Tagessätze und damit mehr als im Strafbefehl.
Aufgeheizte Atmosphäre
Verteidiger Helmut Streit erinnerte an die aufgeheizte Atmosphäre wegen der Auseinandersetzungen mit dem Sohn und stellte ein mögliches Mitverschulden des Geschlagenen in den Raum. Wegen der geringen Verletzungen beantragte er eine Verfahrenseinstellung. Als letztes Wort sagte der Angeklagte: "Ich stelle fest, dass die ganze Sache vorbereitet ist. Mein Sohn macht grundsätzlich Selbstjustiz."
Der anwaltlichen Argumentation mochte die Richterin nicht folgen. Vielmehr beurteilte sie die Angaben des Angeklagten als "Schönreden". "Sie sind ausgetickt. Der Zeuge machte gar nichts, hat sich nicht gewehrt und es gab kein Gerangel. Er hätte in Notwehr zuschlagen dürfen." Schneider folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Rentner zu 50 Tagessätzen zu je 30 Euro. Da der Angeklagte keine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen machte, setzte sie den üblichen Schätzbetrag an.