Reinraumanzüge: "Ganzkörperkondome" aus Pinzberg
Autor: Andreas Oswald
Pinzberg, Dienstag, 09. Sept. 2014
Mit 52 hat der ehemalige Weber & Ott-Angestellte Gerhard Greiner den Sprung in die Selbständigkeit gewagt - und diesen Schritt nie bereut. In seiner Firma in Pinzberg entwickelt er "Reinraumanzüge" für namhafte Kunden, wie Conti und Infineon.
Man kennt sie durch die Bilder aus den Ebola-Gebieten Afrikas: Menschen in gespenstisch anmutenden Schutzanzügen. Aber auch außerhalb des medizinischen Bereiches haben solche "Ganzkörperkondome" Konjunktur: Beispielsweise in der Hightech-Industrie. Doch hier dienen Overalls und Kopfhauben nicht dem Schutz des Menschen vor der Umgebung sondern dem Schutz der Umgebung vor dem Menschen. "Reinraumanzüge" heißt diese außergewöhnliche Art der Arbeitskleidung, für die es nur wenige spezielle Hersteller gibt.
Einer, der sich in diesem Nischenbereich einen Namen gemacht hat, hat seinen Unternehmenssitz in Pinzberg: Gerhard Greiner - mit seiner Firma "pro clean professional cleanroom garment" stattet er weltbekannte Unternehmen mit Reinraumanzügen aus, wie den Halbleiterhersteller Infineon oder den Bereich Automotive von Continental.
Man kann "pro clean" im wahrsten Sinne des Wortes als "Hidden Champion" bezeichnen - wie die verborgenen Gewinner im Wirtschaftsjargon genannt werden - denn die Firma liegt versteckt in einer Sackgasse am östlichen Ortsausgang der 1900-Seelen-Gemeinde.
Wer hier ein Bürogebäude sucht, wundert sich: ein schmuckes Eigenheim ist die Zentrale des Unternehmens. "Wir sind eine Firma, die nur ihr Büro hier hat ", erläutert Gerhard Greiner. Und mit dem "wir" meint er sich als Geschäftsführer und seine Frau, die ihn unterstützt.
Jahresproduktion 100.000 Teile
Der Zwei-Personen-Betrieb sorgt immerhin dafür, dass jährlich bis zu 100.000 Teile an die Kunden ausgeliefert werden. Dazu hat man die Produktion nach Tschechien ausgelagert. Mit einem Betrieb südlich von Prag hat Gerhard Greiner seinen idealen Partner für die Lohn-Konfektionierung gefunden.
Während ein Großteil der Textilindustrie auf Grund des Kostendrucks mit ihrer Produktion nach Fernost abgewandert ist, schätzt Greiner die Vorteile unseres östlichen Nachbarn: Mögen zwar die Stückkosten "a Fuffzgerl" höher sein, so zählen für ihn aber mehr die kürzeren Transportwege, die einfachere Verständigung und die größere Zuverlässigkeit bei der Erfüllung schneller Aufträge.
"Ich habe die kürzesten Lieferzeiten am ganzen Markt", betont der Unternehmer. Sein Produktionspartner sei in der Lage innerhalb von drei Wochen jeden Wunschartikel zu fertigen.
Erfahrung durch Weber & Ott
Gerhard Greiner startete Mitte der 60-er Jahre seine berufliche Karriere als Industriekaufmann bei dem später durch die Textilkrise gebeutelten Forchheimer Traditionsunternehmen "Weber & Ott".
Danach qualifizierte er sich weiter zum Einkaufsleiter, wurde dann Geschäftsführer für ein Weber & Ott-Produktionswerk in Niederbayern und war zum Schluss sechs Jahre lang für das Tochterunternehmen "Wappen" (Herrenhemden) als Geschäftsführer zuständig. "Durch meine Tätigkeit bei Weber & Ott erwarb ich mir das Rüstzeug für meine Selbständigkeit", betont Gerhard Greiner.
Alter Hase wird Jungunternehmer
Im Jahre 2000 wagte Greiner den Sprung in die Selbständigkeit - und gibt zu: "Das hat Mut erfordert, im relativ 'betagten Alter' von 52 Jahren." Seine Geschäfts-Chance sah der "gereifte" Jungunternehmer von Anfang an in der Produktion von Reinraumanzügen.
"Der Reinraum ist das Allerheiligste in der Hightech-Produktion", erklärt Gerhard Greiner. Seine Anzüge werden zum Schutz der Produkte in der Halbleiterproduktion, in der Pharmaindustrie und in Labors benötigt. Alles boomende Branchen - und damit blüht auch sein Geschäft. Und das beste daran: "Mein ganzer Kundenstamm hat sich durch Weiterempfehlungen aufgebaut - ich brauche kein Marketing und keine Akquise", freut sich der erfolgreiche Unternehmer. 50 namhafte Firmen gehören mittlerweile zu seinem festen Kundenstamm. Auch Händler für Reinraumprodukte haben sein Programm in ihr Sortiment aufgenommen.
"Meine Stärken sind Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Qualität umd Service", betont Gerhard Greiner. Auf eines ist er besonders stolz: "Ich habe bis heute keinen einzigen Kunden verloren". Die Philosophie seines Erfolges gründet er auf der alten Handwerkerweisheit: "Schuster, bleib bei Deinem Leisten." Oder auf ihn besser zugeschnitten: "Weber, bleib bei Deinem Garn."