Qualität ist eine Frage von Quadratmetern
Autor: Petra Malbrich
Dorfhaus, Dienstag, 26. Februar 2013
Der jüngste Skandal um falsch deklarierte Bio-Eier verstört den Hobby-Bauer Konrad Hänfling aus Dorfhaus. Allerdings hat der auch nur 20 Hühner. Peter Schubert aus Unterrüsselbach dagegen muss mit den Hühnern Geld verdienen und fürchtet sich jetzt um den Ruf der Branche.
Bilder von halbnackten und verwahrlosten Bio-Hühnern schockieren und verunsichern derzeit viele Menschen.
Auch Konrad Hänfling hat diese Fernsehbilder im Kopf, wenn er seinen 20 Hühnern unterschiedlicher Rassen einige Körner Bio-Weizen in den mit Plexiglas überdachten Auslauf wirft. Den hat er für einige tausend Euro eigens anfertigen lassen, als die Vogelgrippe grassierte und Stallpflicht für alle Geflügel verordnet wurde. "Die Hühner den ganzen Tag eingesperrt im Stall zu lassen, brachte ich nicht übers Herz", sagt Hänfling.
In den Sommermonaten stehen seinen gefiederten Freunden 1800 Quadratmeter zur Verfügung. Eine saftige Wiese, wo sie nach Lust und Laune Gras picken oder ein Sandbad genießen können. An den unverletzten Gefiedern erkennt man, dass sich die Hühner bei Hänfling wohl fühlen müssen.
Aber auch Verwandte und Bekannte kaufen einige Eier. Maximal etwa hundert Hühner darf ein Hof haben, um die Eier ohne Stempel verkaufen zu dürfen. "Unsere Hühner bekommen kein Legefutter, was andere geben, um die Legeleistung zu steigern", sagt Hänfling. Hühner heißen dann Freilandhühner, wenn zehn Prozent der Tiere raus können. "Umgekehrt wäre es eher richtig", empört sich der Dorfhauser Hühnerhalter über die seiner Ansicht nach verdrehte Welt.
Jedes Jahr ein Skandal
Allerdings dürfen die Hänflings für die Kuchen, die sie dann den Gästen ihres Hofladens serviert, nicht die eigenen Eier verwenden. Diese haben keinen Stempel, der aber für die Lebensmittelherstellung benötigt wird.
Für ihre Kuchen müssen sie deshalb gestempelte Eier aus dem Supermarkt kaufen. Oder zum Geflügelhof Schubert nach Unterrüsselbach fahren. Dort stehen derzeit rund 1800 Elterntiere und bis zu 30 000 Küken in den Ställen von Schubert. Das Hauptgeschäft von Schubert ist die Aufzucht der Tiere. Eier verkauft er deutlich weniger. Aber die, die er verkauft, tragen nicht nur das "Bio"-, sondern sogar das "Demeter"-Siegel. Das bedeutet, dass Schubert nicht mehr als 4,5 Hühner pro begehbarem Quadratmeter Stall halten darf. Für das "Bio"-Siegel genügen schon sechs Hühner pro begehbarem Quadratmeter.
"Jedes Jahr vor Ostern kommt ein Eier-Skandal", lacht Besitzer Peter Schubert. Er tut das fast schon ein bisschen fatalistisch. Andererseits wundert er sich über die jetzt bekannt gewordenen Fälle, die doch aus dem Jahr 2011 stammen. Weder er noch seine Mitarbeiter sprechen deshalb von einem "Bio-Eier-Skadal". Das wäre es, "wenn die Hühner konventionelles Futter bekommen hätten", erklärt Schubert.
Die Hühner im Wintergarten
Stattdessen ist den genannten sehr großen Betrieben - eigentlich sind es fast schon Industriebetriebe - die für Bio-Hühnerhaltung vorgeschriebene Anzahl an Hühnern überschritten. Sicherlich, es gebe auch in der Hühner-Branche schwarze Schafe, die damit eine ganze Branche in Verruf bringen. "Man darf solche Skandale nicht aufheizen. Auf der anderen Seite waren sie auch gut, um die Vorschriften und Kontrollen zu optimieren. Aber wir in Deutschland, vor allem in Bayern sind sehr gut kontrolliert", sagt Schubert.
Wer heute den "Bio"-Stempel für Eier erhalten möchte, muss nicht nur die bestehenden EU- Richtlinien erfüllen, sondern zusätzlich die meist noch strengeren Verbandsrichtlinien. So wird von Amtsseite erst mal der Stall vermessen, um festzulegen, wie viele Hühner gehalten werden dürfen.
Laut EU-Richtlinie lässt die Bodenhaltung neun Hühner je begehbaren Quadratmeter Stallgrundfläche zu. Genau vorgeschrieben sind zudem die Sitzstangen und die Länge des Futtertrogs. Bei Freilandhaltung muss neben den genannten Bedingungen noch vier Quadratmeter Auslauf je Huhn gewährleistet sein. Bei Biohaltung wird noch weiter unterteilt. Der unterste Standard nennt nur sechs Hühner pro begehbaren Quadratmeter.
Außerdem müssen die Hühner einen "Wintergarten" haben. Konventionelles Futter, also Getreide vom normalen Ackerbau, darf bei "Bio" nicht gefüttert werden. Auch die Ställe dürfen nur mit ganz bestimmten Desinfektionsmitteln behandelt werden.
Unangemeldete Kontrollen
Die Ökorichtlinien beschreiben zudem genau, zu welchen Zeiten den Hühnern auf jeden Fall der Auslauf zur Verfügung stehen muss. Bei schlechtem Wetter bevorzugt die kluge Legehenne ohnehin den trockenen Stall. Schuberts Hühner sind im Winter in einem überdachten Auslauf, in dem sich eine dicke Schicht Streu befindet.
Kontrolliert wird sein Betrieb laut Schubert "oft genug". Da gibt es die jährliche Hauptkontrolle, dann vier unangemeldete Kontrollen. "Fast alle 14 Tage wird kontrolliert. Was ist der nächste Schritt?", fragt Schubert. Der wäre wohl eine Dauerkontrolle bei dem Federvieh.
Dennoch: Peter Schubert sieht Ostern gelassen entgegen, Skandal und öffentliche Aufregung hin oder her. Das gilt auch für Konrad Hänfling. Und der muss die Eier seiner Hühner ja nicht einmal mehr färben.