Prüf-Kette schließt Betrug aus
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Dienstag, 10. Mai 2016
Berichte über erschlichene Sozialleistungen irritieren die Wohlfahrtsverbände im Landkreis.
Die Wohlfahrtsverbände im Landkreis Forchheim reagieren irritiert und verärgert: Weil sich Pflegedienste in einigen großen Städten Deutschlands Sozialleistungen erschlichen haben, sei durch die mediale Darstellung der Eindruck entstanden, auch Verbände wie die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die Caritas oder die Diakonie könnten theoretisch mit dem Thema zu tun haben. "Da gibt es einige schwarze Schafe in der Branche und dann wird ein schlimmer Generalverdacht erhoben", ärgert sich Michael Messingschlager, der Leiter der Diakoniestation Forchheim-Ebermannstadt.
Traditionell liege ein Großteil der Pflege in Händen der Wohlfahrtsverbände, sagt Awo-Geschäftsführerin Lisa Hoffmann. Rund 150 Menschen würden in Forchheim alleine von der Awo versorgt.
Betrugskartelle
"Der größte Pflegedienst sind immer noch die Familien", betont Peter Ehmann, der Caritas-Geschäftsführer im Landkreis, "über 50 Prozent der Pflege entfällt auf die Familien." Und dort, wo die Wohlfahrtsverbände aktiv würden, liege die Pflege hundertprozentig in verlässlichen Händen. "So, wie die Wohlfahrtsverbände organisiert sind, schließe ich einen Betrug bei der ambulanten Pflege kategorisch aus", sagt Peter Ehmann. In Berlin zum Beispiel war der Betrug möglich geworden, weil sich russische Ärzte, Patienten und eigens dafür gegründete Pflegedienste zu Kartellen zusammengeschlossen und beim Bezirksamt Millionenbeträge abkassiert hatten. Die Betrüger täuschten die Kontrolleure, indem sie Pflegefälle inszenierten.
"Bei den starken Kontrollen, wie wir sie kennen, wäre das unvorstellbar", sagt Lisa Hoffmann. Schon die Einstufungen in die Pflege erlebe sie als "große Hürde". Einmal pro Jahr käme dann überraschend der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK). Nach dem Zufallsprinzip würden Patienten ausgewählt und befragt.
Davon abgesehen, gebe es eine "feste Kette der Kontrolle", betont Peter Ehmann. Die funktioniert so: Die Pflegedienstleitung spielt den Mitarbeitern die Leistungen aufs Handy. Diese Mitteilung werde von einer Leitungskraft und von einer Verwaltungskraft mitgelesen und später von der Zentralverwaltung erneut kontrolliert. Damit sei aber die Kontroll-Kette noch nicht beendet, weil die Leistungen auch auf Verbandsebene (Diözesanverband) geprüft werden - und am Jahresende dann noch der Steuerprüfer ein Auge auf die Abrechnungen werfe. "Das sind Prüf-Mechanismen, die einen Betrug ausschließen", ist sich Peter Ehmann sicher.
Der Kunde unterschreibt
Und in dieser Kette der Prüf-Mechanismen sei das vielleicht wichtigste Kriterium, das einen Betrug verhindere, noch gar nicht genannt, sagt Michael Messingschlager: "Der Leistungsnachweis läuft über den Tisch des Kunden, der muss unterschreiben."Um sich die Seriosität in der Pflege klar zu machen, sollte man sich auch die bedeutsame Position der sechs Wohlfahrtsverbände in Deutschland vor Augen führen, sagt Caritas-Geschäftsführer Ehmann: "Das sind staatlich besonders geschützte gemeinnützige Organisationen, die keinen Gewinn erwirtschaften dürften. Bei uns gibt es gar keine Mitarbeiter, die etwas davon hätten, höhere Gewinne zu erzielen."
Im Gegenteil: Die Caritas bringe für ihre Aufgaben in vielen Fällen sogar noch Geld mit - zum Beispiel bei der Sterbebegleitung. Die dafür benötigte Zeit werde von den Kassen nicht bezahlt. Generell blieben die Kosten für die Gespräche mit den Pflegebedürftigen "bei den Wohlfahrtsverbänden hängen", sagt Messingschlager.
Mit Blick auf das Personal im Pflegedienst sagt Lisa Hoffmann: "Sie arbeiten nach einem knallharten Dienstplan und finden noch Zeit für Gespräche mit den Pflegebedürftigen." Daher sei es "besonders ärgerlich", wenn sie von pauschalen Vorwürfen über Pflege-Betrug lesen und hören müssten.