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Pro und Contra: Bürgerentscheid zu den Reuther Hängen


Autor: Jennifer Opel

Forchheim, Mittwoch, 06. April 2016

Edwin Mayer und Elsbeth Gronauer untermauern ihre gegensätzlichen Ansichten mit Argumenten.
Hier könnte das Baugebiet entstehen.  Foto: Josef Hofbauer


ReuthIm März wurden die Forchheimer bereits zwei Mal zur Urne gebeten. Am Sonntag, 10. April, steht vorerst der letzte Wahlgang an. Das Thema dieses Mal: "Sind Sie dafür, dass die Bauleitplanung der Stadt Forchheim in Bezug auf den vorgesehenen Bebauungs- und Grünordnungsplan Nr. 10/6 (Neuaufstellung, Forchheim-Reuth, Bereich nördlich der Ruhstraße und westlich des Oberen Schulwegs, eingestellt wird?"

Die Formulierung ist verwirrend: Wer für die Bebauung ist, muss also ein Kreuz bei "Nein" machen, wer dagegen ist bei "Ja". Doch das ist nicht das Einzige, an dem der Bürgerentscheid scheitern könnte. Die gestellte Frage des Bürgerentscheides ist entsprechend der Mehrheit der abgegebenen Stimmen entschieden, falls diese Mehrheit das notwendige Abstimmungsquorum erfüllt. Das Quorum beträgt 20 Prozent der Stimmberechtigten. In Forchheim wären das knapp 5000 Wähler.



Abgestimmt werden kann zwischen acht und 18 Uhr. Anders als bei der Oberbürgermeisterwahl wurde den Wahlberechtigten keine individuelle Benachrichtigung, also keine Benachrichtigungskarte, zugestellt.
Insgesamt gibt es 14 allgemeine Stimmbezirke für den Bürgerentscheid. Diese sind nicht dieselben wie bei der Oberbürgermeisterwahl. "Wir haben in den Zeitungen und im Amtsblatt die Übersichtsliste veröffentlicht", sagt Brigitte Fuchs, Pressesprecherin der Stadt Forchheim. Auch auf der Homepage der Stadt Forchheimfinden die Bürger die Straßenliste mit den dazugehörigen Wahllokalen. Dazu müssen sie auf der Startseite den Link zum Bürgerentscheid "Schützt die Reuther Hänge" anklicken. Dort gibt es die Tabelle mit allen Forchheimer Straßen, den Wahllokalen und der Angabe, ob ein behindertengerechter Zugang gewährleistet ist. Die Wahllokale sind: Adalbert-Stifter-Schule, Anna-Schule, Caritas-Altenheim St. Elisabeth, Don-Bosco-Heim, Dreikönigs-Pfarrheim Burk, Katharinenspital, Kindergarten Carl-Zeitler, Kreuzkirche, Pfarrsaal St. Anna, Planungs- und Schulungszentrum Sparkasse, Rot-Kreuz-Zentrum, Volksschule Buckenhofen, Volksschule Kersbach, Volksschule Reuth.


Nur im richtigen Wahllokal

In der amtlichen Bekanntmachung wird zudem betont, dass nur in dem zuständigen Abstimmungsraum abgestimmt werden kann. "Es sei denn, der Wahlberechtigte besitzt einen entsprechenden von der Stadt Forchheim ausgestellten Abstimmungsschein", heißt es darin weiter. Die Abstimmenden müssen ihren Personalausweis oder Reisepass, ausländische Unionsbürger einen gültigen Identitätsausweis oder ihren Reisepass, zur Abstimmung mitbringen. Die stimmberechtigten Personen erhalten beim Betreten des Abstimmungsraums den amtlichen Stimmzettel ausgehändigt.


Pro: Reuth droht der Infarkt

Edwin Mayer: Ziel der Stadtratsmehrheit in Forchheim sind 35 000 Einwohner. Erreicht werden soll dies vor allem mit der Ausweisung von neuen Bau- und Gewerbegebieten an Forchheims Rändern. Aber warum soll unsere Stadt denn wachsen?

Für das schiere Streben nach mehr wird der Wunsch der jetzigen Einwohner nach Ruhe und Erholung völlig außer Acht gelassen. Vonnöten ist bei uns ein qualitatives Wachstum, kein quantitatives. Was haben denn wir, die bereits hier Wohnenden, von den neuen Baugebieten? Auch bisher neu Zugezogene schätzen Forchheim, gerade wegen seiner lockeren Bauweise.

Die Reuther Hänge werden von vielen Forchheimern wegen ihres Erholungswerts geschätzt. Deren Lage ist exponiert, was den Anschluss an Strom und (Ab-)Wasser verteuert. Dem Grundstückskäufer macht das aber nichts aus, da diese Mehrkosten alle Forchheimer bezahlen müssen. Sozialer Wohnungsbau wird dort oben deswegen nicht stattfinden. Zahlen werden die Einen nichtsdestotrotz über die Grundsteuer, die Anderen über die Nebenkosten. Auch die Kosten für das Regenrückhaltebecken, dessen Funktion bis jetzt die Wiese übernommen hat, zahlen alle. Den Reibach machen die Grundstücksverkäufer.

Verkehrstechnisch droht bei einer Realisierung in Reuth der Infarkt. Der Stadtrat hatte sogar ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches diesbezüglich starke Bedenken zum Ergebnis hatte. Nur hat das die Stadtratsmehrheit nicht weiter interessiert. Warum? Weil von vorneherein ein weiterer Ausbau der Ruhstraße bis zur Breitenlohestraße geplant ist, allen Unkenrufen zum Trotz.

Die Ruhstraße würde als echte Ortsstraße ausgebaut, und, da diesen Ausbau auch jemand bezahlen muss, würden rechts und links der neuen Straße Bauplätze in Spitzenlage ausgewiesen. Je mehr sich die Verkehrssituation im verwinkelten (Alt-) Reuth zuspitzen würde, desto lauter wäre der Ruf nach einer vernünftigen Zufahrt über den ausgebauten Höhenweg.

Ein Naturparadies wäre unwiederbringlich verloren. Sind doch die Streuobstwiesen auf den Hängen um Forchheim prägend für unser Fränkisches Stadt- und Landschaftsbild. Auch der Bund Naturschutz sowie der Stadtheimatpfleger sprachen sich gegen das Baugebiet aus. Gerade in einer Zeit der Nachverdichtung in bestehenden Baugebieten, wie sie übrigens auch die Regierung in Oberfranken propagiert, sind Erholungsflächen am Rand als Ausgleich dringend erforderlich. Die Forchheimer in Forchheim-West, Burk und Buckenhofen sagen sich jetzt vielleicht: Sollen sie ruhig in Reuth bauen, dann passiert auf unseren Hanglagen so schnell nichts. Der Schuss wird nach hinten losgehen, denn bereits heute gibt es eine Wunschliste der Stadtratsmehrheit mit beabsichtigten Baugebieten am Weingartsteig und in Buckenhofen. Bereits heute biete ich die Solidarität unserer BI dazu an.

Bitte stimmen Sie deshalb beim Bürgerentscheid mit "Ja", um eine weitere Planung zu verhindern!


Contra: Abrundung der Bebauung

Elsbeth Gronauer: Die Bürgerinitiative "Schützt die Reuther Hänge" hat gezielt aggressive Stimmungsmache mit Unterstellungen betrieben. Auch wir sind strikt gegen eine weitere Bebauung der wirklichen Reuther Hänge und des anschließenden Naherholungsgebietes.

1. Das geplante Baugebiet ist vom BUN (städtischer Beirat für Umwelt und Naturschutz) als "ökologisch nicht besonders wertvoll" eingestuft worden. Der Umweltbeirat ist für eine Bebauung.

2. Bereits 1993 wurde das Gebiet in den Flächennutzungsplan aufgenommen. Damals haben alle Stadtratsfraktionen einstimmig für dieses kleine Baugebiet gestimmt und gleichzeitig einer Bebauung der echten Hänge eine klare Absage erteilt. 2003 wurden alle anderen Flächen (Kratzer-Steinbruch bis Bebauungsgrenze Ruhstraße) als ökologisch wertvoll in den Naturschutzkataster aufgenommen: Die "Reuther Hänge" dürfen niemals bebaut werden. Das Naherholungsgebiet inklusive der Reuther Hänge und ihre 40 Hektar haben damit einen gesetzlichen garantierten Schutzstatus. Das geplante Baugebiet umfasst nur knapp fünf Prozent davon. Nur 1,85 Hektar werden tatsächlich bebaut.

Verwaltung und Stadtrat haben verboten, dass die Breitenlohe- und Ruhstraße für den Bauverkehr genutzt werden. Dies und der bestehende Schutz beweisen, dass man keinesfalls von einem Einstieg in die gesamte Bebauung sprechen kann. Es soll nur eine Abrundung der vorhandenen Bebauung erfolgen.

3. Die Grundstücksbesitzer nehmen ihre soziale Verantwortung wahr und geben 45 Prozent der Flächen an die Stadt ab, damit diese im Rahmen ihres Baulandmodelles vergünstigtes Bauland zur Verfügung stellen kann.
Die BI tarnt mit ihren vorgeschobenen Behauptungen nur ihr eigenes Interesse von einem ungestörten und exklusiven Wohnen, obwohl sie all das, was sie jetzt dem Baugebiet vorwirft, selbst in Anspruch genommen hat (Wohnhäuser mitten im Wald, Nutzung von städtischen Flächen zum eigenen Garten).

4. Die Oberflächenwassersituation in diesem Gebiet wird positiv beeinflusst, weil ein Rückhaltebecken vorgesehen ist, welches das Wasser zurückhält und dann kontrolliert an die Kanäle abgibt.

5. Die Stadt Forchheim wird das Gebiet als Bauland ausweisen, um die Stadtentwicklung auch in Reuth voranzutreiben. Es gibt viele Familien, Alt- und Neubürger, die nach Grundstücken suchen. Alle entwickeln sich, in allen Stadtteilen wird seit Jahren gebaut - nur in Reuth nicht.

6. Im Jahre 2010 wurde in Reuth ein Schulgebäude eingeweiht, Kosten rund sechs Millionen Euro. Inzwischen ist es so, dass der Reuther Schulsprengel um seine selbstständige Existenz bangen muss, weil Familien mit Kindern fehlen. Helfen Sie mit, dass die Schulwege nicht unnötig lang werden, Reuth braucht Kinder.

Liebe Mitbürger, bitte entscheiden Sie unvereingenommen. Lassen Sie sich nicht von Panikmache verleiten und stimmen Sie mit "Nein"!