Plausch statt Berieselung im Dorfladen in Unterleinleiter
Autor: Josef Hofbauer
Unterleinleiter, Donnerstag, 08. Januar 2015
Der Dorfladen in Unterleinleiter ist nicht nur ein Platz zum Einkaufen, sondern auch Treffpunkt, Café und ein Ersatz für die geschlossene Bank.
Das Geschäft im Dorfladen in Unterleinleiter brummt. Bereits vor 6 Uhr stehen die ersten Kunden im Laden. "Das sind die Leute, die sich auf dem Weg zur Arbeit noch schnell mit einer Brotzeit versorgen", erklärt Elke Philipp, Vorstandsmitglied des Dorfladens. "Bisher musste ich erst einen Kunden wegschicken, weil unser Bäcker noch nichts geliefert hatte. Da war es aber auch erst 5.40 Uhr", schmunzelt Matze Brietz, der zusammen mit seiner Frau Uli, die das Kinderheim gegenüber betreut, allein im Dezember rund 120 Stunden ehrenamtlich für den Dorfladen gearbeitet hat.
"Keine Dauerlösung", räumt Elke Philipp ein, die zusammen mit Reinhold Wunder und Bürgermeister Gerhard Riediger (NWG) auf Personalsuche ist. "Am liebsten würden wir alle, die hier helfen, fest anstellen. Aber das geht finanziell nicht", bedauert Elke Philipp.
Ohne Ehrenamt geht es nicht
Helfende Hände werden vor allem dann benötigt, wenn neue Ware geliefert wird. Da es außer dem Kühlraum keine Lagerräume gibt, muss alles sofort einsortiert werden. Und wenn Kunden Schlange stehen, weiß die Verkäuferin nicht, wo sie zuerst hinlangen soll.
"Und wenn wir den Service noch weiter ausbauen wollen, dass wir unsere Kunden zuhause beliefern, sind wir ebenfalls auf Freiwillige angewiesen, die den Fahrdienst übernehmen", erklärt Uli Brietz. Ob dies notwendig wird, müsse sich erst zeigen, findet Elke Philipp, denn bisher kommen die Leute viel lieber her.
Laden ist auch ein Café
Kein Wunder. Hier bekommen die Kunden nicht nur Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst und Brot, Getränke und Naschwaren, Spülmittel oder Streichhölzer, hier können es sich die Besucher auch an einem der zwei Tische gemütlich machen. So wie die beiden Damen, die vor der Galerie alter Ortsansichten an der Wand ihren Kaffee trinken und sich unterhalten. "So soll es sein, schließlich ist der Dorfladen auch als Treffpunkt, als lebendige Mitte des Dorfes gedacht", erinnert Uli Brietz an die Zielsetzung bei der Gründung der Genossenschaft.
Ursprünglich haben sich die "Laderer" an der Produktpalette unseres Lieferanten, der Lebensmittelhandels-Gesellschaft (LHG) mit Sitz im unterfränkischen Eibelstadt (Kreis Würzburg) orientiert. Ergänzt durch Pretzfelder Apfelsaft, Weine des Weingutes Laufer aus Lisberg, Marmelade der Beerenbauern oder Milch und Käse vom Ziegenhof Stähr aus Unterstürmig sowie Eier und Nudeln vom Geflügelhof Merz aus Oberzaunsbach. Nicht zu vergessen Webers Meerrettich und Senf aus Forchheim, der Charlemagner von Hans Schilling, selbst gestrickte Socken und Schals oder der Honig des ortsansässigen Imkers Eddy Übelacker. "Der ist übrigens gerade ausverkauft", lacht Matze Brietz, der sich um das Marketing kümmert.
Werbung auf Facebook
Jeden Tag verweist er auf Facebook auf besondere Angebote, etwa die Matjesheringe zu Weihnachten, den leckeren Schinken, das kernige Holzofenbrot oder den ofenfrischen Leberkäs', der zum Anbeißen einlädt. "Wir müssen darauf achten, dass der Dorfladen keine Selbstverständlichkeit wird.
Wir wollen interessant bleiben. Und wir haben gemerkt, dass es ohne Werbung nicht geht", erklärt Matze, der gerade über die Gestaltung eines Flyers mit Sonderangeboten nachdenkt. Da könnten dann auch Nachrichten aus dem Ort mit drinstehen.
Angebot ändert sich
Das Angebot, so Elke Philipp, habe sich in den paar Wochen, seit es den Dorfladen gibt, bereits deutlich verändert. Bei der Grundausstattung hatte keiner daran gedacht, dass die "Laderer" auch Streichhölzer brauchen. Die gehören jetzt zum Sortiment ebenso wie Reiswaffeln. Dafür wurde die Auswahl an Chips und Sticks etwas reduziert. "Immer wenn zwei oder oder drei Kunden nach einem bestimmten Produkt fragen, nehmen wir das in unsere Beschaffungsliste auf", erklärt Uli Brietz.
Was ihrem Mann ein Lächeln entlockt. Zu tun hat das mit der hochmodernen Scanner-Kasse. "Da waren zwar die 23 000 Artikel unseres Lieferanten aufgelistet, doch für die Forellen aus regionaler Produktion oder das Obst der Familie Singer aus Hausen hat es keinen Strichcode", erinnert sich Matthias Brietz. Er hat das geändert. Er ließ sich die Kasse erklären und hat die Preise von über 100 neu ins Sortiment aufgnommenen Produkten eingepflegt.
So ist das Einkaufen im Dorfladen immer ein Erlebnis. "Statt Musik-Berieselung erzählen sich die Kunden die neuesten Nachrichten aus dem Ort und wenn ein Kunde ganz nah vor dem Preisschild steht, fragen wir, ob wir behilflich sein können. Selbst wenn sich vor der Kasse mal eine längere Schlange bildet, sind die Leute nicht ungehalten", berichtet Uli Brietz.. Wenn da ein Handwerker darunter ist, der nur eine Kleinigkeit will und ungeduldig von einem Bein aufs andere tritt, wird der gerne vorgelassen.
Auf Wünsche reagiert
Bei den Öffnungszeiten hat die Geschäftsführung des Dorfladens bereits auf die Wünsche der Bevölkerung reagiert. Jetzt ist montags bis freitags von 6 bis 18 Uhr durchgehend geöffnet. Am Samstag können die Laderer von 8 bis 13 Uhr einkaufen. "In dieser Zeit machen wir den gleichen Umsatz wie sonst an einem ganzen Tag", weiß Uli Brietz. Deshalb stehen samstags auch zwei Verkäuferinnen im Laden.