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Pläne der Autobahndirektion: Wird Eggolsheim zum Lkw-Mekka?


Autor: Andreas Schmitt

Eggolsheim, Freitag, 21. April 2017

Die Lkw-Stellplätze an der A73 reichen nicht. Um das Problem zu lösen, soll bei Eggolsheim eine Tank- und Rastanlage entstehen. Doch es gibt Widerstand.
Oft gesehenes Bild auf dem A 73-Parkplatz Regnitztal Ost: Vor allem in den Abendstunden parken Lkw nicht nur auf den für sie vorgesehenen Flächen, sondern auch im Zufahrtsweg und im Pkw-Bereich.  Foto: Andreas Schmitt


Nach Jahren, in denen es ruhig um das Thema wurde, haben die Planungen zuletzt wieder Fahrt aufgenommen: Die Autobahndirektion Nordbayern (ADNB) will das Problem der mangelnden Park- und Rastmöglichkeiten entlang der Autobahn 73 auf dem Gebiet des Marktes Eggolsheim lösen. Unweit der bestehenden Parkplätze Regnitztal soll ein großer Tank- und Rastplatz entstehen.

Wie die Behörde auf Anfrage bestätigte, wurden durch ein beauftragtes Büro bereits "naturschutzfachliche Erhebungen" vor Ort durchgeführt, deren Ergebnisse derzeit ausgewertet werden. Zwar stehe eine Vorzugsvariante für die geplante Tank- und Rastanlage derzeit noch nicht fest. Auf ihrer Homepage hat die ADNB freilich bereits seit Januar die Fläche im Regnitztal, die durch eine neue Brücke an die Fernstraße angebunden werden soll, als "neu geplante Anlage" deklariert.


Volumen von 16 Millionen Euro

Die neue Anlage soll Platz für 102 Pkw, 108 Lkw und fünf Busse schaffen und rund 30 Personen einen Arbeitsplatz bieten. Die Kosten werden auf etwa 16 Millionen Euro taxiert.

Der Haken an der Sache: Die rund zehn Hektar Land gehören gar nicht dem Freistaat Bayern, sondern sind zum Großteil im Besitz von Landwirten aus der Umgebung. Und diese möchten die Grundstücke, die aufgrund ihres Zuschnitts und ihrer Bodenbeschaffenheit als hervorragendes Ackerland gelten, nicht verkaufen.

Schon 2014 machten sie das deutlich, als sie ihrem Unmut gegenüber unserer Redaktion Luft machten. Und die Meinung der Landwirte, die derzeit nicht selbst in der Öffentlichkeit stehen möchten, hat sich diesbezüglich nicht geändert.


Gemeinderat lehnte Plan ab

Verändert hat sich im Lauf der Jahre hingegen das Abstimmungsverhalten im Eggolsheimer Marktgemeinderat. 2008, als die Thematik zum ersten Mal auf der Tagesordnung war, stand eine Mehrheit den Plänen der Autobahndirektion positiv gegenüber. 2014 hingegen lehnte der Rat die Pläne einstimmig ab.

Der Grund für den Sinneswandel ist laut Bürgermeister Claus Schwarzmann (Bürgerbund) die zwischenzeitliche Ansiedlung eines Logistikzentrums und einer Biogasanlage westlich der geplanten Rastanlage in der Büg. "Das Ackerland ist mittlerweile die einzige Fläche im Regnitztal, die noch nicht besiedelt ist", macht Claus Schwarzmann deutlich, dass die Rastanlage in einer Landschaft entstehen soll, die mit Autobahn, Bahnstrecke, Logistikzentrum und Biogasanlage bereits stark zersiedelt ist.


Dilemma um Standortwahl

"Deshalb haben wir auch eine ehemals durch die mittlerweile abgezogenen US-Streitkräfte genutzte Fläche bei Bamberg vorgeschlagen", sagt Schwarzmann. Doch in der Domstadt stieß die Idee ebenso wenig auf Gegenliebe wie rund 20 Kilometer weiter südlich.

Ein Beispiel, das typisch ist für das Dilemma um die Parkmöglichkeiten entlang der Autobahnen - insbesondere für Lkw, die ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten einhalten wollen. "Jeder will Auto fahren, aber keiner will die Parkplätze haben", sagt Claus Schwarzmann. Dass grundsätzlich etwas getan werden muss, ist unbestritten. Laut Edina Brenner, Geschäftsführerin beim Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS), fehlen allein in Bayern über 2200 Stellplätze.

Ein Mangel, der an der A 73 besonders stark ausgeprägt ist. In Richtung Suhl kommt der nächste Parkplatz erst nördlich von Bamberg und eine größere Rastanlage gibt es im gesamten oberfränkischen Bereich nicht. In Richtung Süden findet man die nächste Parkbucht bei Fürth, den nächsten Rastplatz erst südlich von Nürnberg bei Feucht.

Sichtbar wird das im Regnitztal. Wer - vor allem abends und nachts - versucht, sein Auto auf den bestehenden Parkplätzen abzustellen, scheitert oft daran, dass nicht nur die Lkw-, sondern auch die Pkw-Parkplätze und die Zufahrtsstraßen mit meist osteuropäischen Lastwagen zugestellt sind. Auf die Toilette gehen ist so nur schwer möglich. Für Claus Schwarzmann ist es deshalb kein Wunder, dass der Freistaat nach den Eggolsheimer Flächen greifen will. "Mir war klar, dass es irgendwann wieder um unsere Standorte geht", sagt der Bürgermeister, der die Position der Kommune in dem Spiel der vielen Interessen als schwach einschätzt: "Wir brauchen keine Tank- und Rastanlage. Aber wir wollten auch keinen Überholbahnhof der Bahn."


Schwache kommunale Position?

Über die Frage, wie stark die Position der Kommune in dieser Frage ist, gibt es unterschiedliche Meinungen. Bürgermeister Schwarzmann weiß, dass einige oft gegen Bundesvorhaben angebrachte Schutzansprüche im Falle des Parkplatzes nicht greifen: "Wir haben keinen Kiesabbau und auch keine unmittelbare Nähe zur Ortschaft."

Aber das Gemeindeoberhaupt sagt auch: "Wir haben eine starke Zersiedelung der Landschaft und wir haben landwirtschaftlich wertvolle Böden." Diese Faktoren wolle er, so der Bürgermeister, in die Waagschale werfen. Vor zu großen Hoffnungen warnt er jedoch: "Es ist klar, dass man entlang der A 73 irgendwo etwas tun muss. Aber es ist auch klar, dass die Autobahndirektion erst einmal selbstständig plant", sagt Schwarzmann.


"Opposition statt Jein sagen"

Der in Eggolsheim wohnende Umweltaktivist Heinz Marquart, Vorsitzender des umweltpolitischen Arbeitskreises der Kreis-CSU, sieht das anders. "Man kann Jein sagen oder man signalisiert, dass man mit Rechtsanwälten in die Kapital-Opposition gehen würde", sagt der 69-Jährige, "die Gemeinde hat sich gegen die Infrastruktur-Projekte auf ihrem Boden nie richtig gewehrt. Das muss man halt auch mal machen."

Claus Schwarzmann hingegen will das Gespräch mit der Autobahndirektion trotz unterschiedlicher Ziele nicht abreißen lassen und hofft auf eine transparente Informationspolitik: "Ich wünsche mir ein Vorgehen wie bei der Bahn, die versucht hat, uns zu überzeugen." Die ADNB teilte schriftlich mit: "Nach Abschluss der naturschutzfachlichen Erhebungen und Fertigstellung der Standortuntersuchung wird die Gemeinde im Zuge der Vorentwurfsplanung informiert. Mögliche Alternativen und Vorschläge des Marktes Eggolsheim werden diskutiert."


PRO-STIMME: Edina Brenner, Geschäftsführerin Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS)

Keine Alternative

Bei allem Verständnis für die Anwohner: Aber jeder Bürger ist auch Konsument und wünscht sich gut gefüllte Supermarktregale, schnell realisierte Online-Bestellungen oder dringend benötigte Medikamente. Die Speditions- und Logistikbranche kann und will im Straßengüterverkehr aber nur innerhalb der gesetzlichen Vorgaben Güter verteilen. Entsprechende Ruhezeiten sind laut einer EU-Verordnung vorgeschrieben, was wir auch als sinnvoll erachten. Ruhezeiten kann ich aber nur einlegen, wenn der dafür notwendige Parkplatzraum vorhanden ist.

Wenn ich als Konsument also am globalen Handel teilhaben und die gewünschten Güter beziehen will, muss ich die dafür notwendigen Voraussetzungen, zum Beispiel Rastplätze, akzeptieren. Alles andere schließt sich aus.
Und zum Schutz der Bürger vor Lärmbelästigung werden regelmäßig Lärmschutzwände gebaut, sofern erforderlich.

In den letzten Jahren hat die bayerische Staatsregierung erheblich in den Bau von Stellplätzen investiert. Trotzdem ist Situation in ganz Bayern nach wie vor angespannt. Die Anzahl der gemeldeten Lkw in Deutschland lag 2016 laut Kraftfahrt-Bundesamt bei rund 2,8 Millionen Fahrzeugen. Laut Bundesanstalt für Straßenwesen fehlen alleine in Bayern über 2200 Stellplätze. Deren Ausbau ist daher alternativlos.


CONTRA-STIMME: Heinz Marquart, Umweltaktivist

Alternative ungeprüft

Überregionale Rastplätze sind letztlich der Endpunkt an einer einst regionalen Erschließungstrasse, die den Beinamen "Frankenschnellweg" hatte. Dabei geht es aber nicht allein um eine Raststätte, sondern um eine funktionale Zerstörung eines Naturraumes. Im Regnitztal werden "Inseln des Todes" geschaffen. Überholbahnhof, Speditionslager, Tank- und Rastplatz: eine in Bayern wohl einmalige Konzentration von Großbaumaßnahmen auf engstem Raum!

Da für alle drei Maßnahmen niemals Alternativen geprüft wurden, konnten die Konflikte aus diesen Planungen weder erkannt noch behoben werden. Damit ist der Anspruch an eine ermessensfehlerfreie Verwaltungsentscheidung nicht einmal im Ansatz geprüft, geschweige eingelöst worden. Die Auswirkungen sind schon sichtbar. Die Insektenvielfalt ging um 80 Prozent, die der Singvögel um 50 Prozent zurück. Säumten in den 1950er Jahren jährlich etwa 3000 Rebhühner die Jagdstrecken im Eggolsheimer Raum, so wäre es heute eine Sensation, wenn auch nur eines überfahren würde.

Rechtsstaat funktioniert nur dann, wenn das Regelwerk angewendet wird. Der Artikel 28 des Grundgesetzes, die Planungshoheit der Gemeinde, wird wirkungslos, wenn von vornherein klar ist, dass man zwar dagegen ist, aber nicht klagen wird. Dies setzt alle kreativen Kräfte in der Verwaltung auf bessere Lösungen gegen null.