Offene Tore trotz Ausschluss in Ermreuth
Autor: Petra Malbrich
Ermreuth, Sonntag, 11. Sept. 2016
Karl-Heinz Hoffmann ließ sich die Öffnung des Schlosses Ermreuth am Tag des offenen Denkmals nicht verbieten und bot Führungen und den geplanten Vortrag an.
"Geöffnet" steht auf einem Schild neben dem offenen Tor des Schlosses Ermreuth, obwohl es in letzter Sekunde von der Liste der offenen Denkmale gestrichen worden war. "Wer soll uns vorschreiben können, an welchem Tag wir das Schloss geöffnet haben", fragt Hoffmanns Lebensgefährtin, die das Schloss 1978 erworben hat. Eine bessere Werbung als das Verbot hätten sie nicht bekommen können.
Noch vor dem Vortrag über die Besitzverhältnisse fanden zwei Schlossführungen mit je 50 Leuten statt. Etliche Besucher sind vor dem Vortrag schon im Hof, schauen den Enten im großen Schlossteich zu oder sind in einem Nebengebäude, in dem Hoffmann seine Bücher ausgestellt hat und zum Verkauf anbietet.
"Wir finden es super, dass er geöffnet hat. Wir und die anderen Leute hier wollen das Schloss sehen und wissen, wem es gehört und wie es baulich verändert wurde", sagt ein Besucher.
Die meisten Besucher wollen nicht in eine Ecke gestellt werden, wollen einfach die Historie des Schlosses hören, die Karl-Heinz Hoffmann dann in einem einstündigen Vortrag ohne Skript erzählt. Aufs frühe Mittelalter, ins 11. Jahrhundert, datiert er die Anfänge des Schlosses, die einst aus einem Turm auf einem Hügel bestanden. Als Wachtürme wurden diese unter Kaiser Heinrich III. eingesetzt, um die Handelswege, Felder und Fluren zu schützen. Anhand des Grundrisses und der Fassaden können frühere Bauten ermittelt werden. Eine gotische Spitzbogentüre wurde dann gefunden, diese war der Eingang zum Wohn- und Wachturm. Diese Wohntürme wurden von den Rittergeschlechtern als Grundstock für die Burgen verwendet, erzählt Hoffmann weiter, spannt den Bogen ins 14. Jahrhundert zu den Brüdern Konrad und Hans Egloffstein, kommt auf die Schildmauern zu sprechen, wo sich die Zugbrücke abgewickelt hat. Auf Sicherheit war damals gebaut worden. Der Bauernkrieg zerstörte alles, heiße es in den Schriften. Doch Hoffmann widerlegt das. "Wenn es lichterloh gebrannt hätte, wäre alles weg gewesen", sagt er. Doch alles war nicht weg.
Die Familie von Muffel lebte in dem Schloss, dass 1599 einem Raul von Staufenberg gehörte, wie eine Steingravur bezeuge, und später von dem Adelsgeschlecht Kinsbergen in viele Privatbesitze verkauft wurde. Bevor die Lebensgefährtin von Hoffmann es erwarb, sei ein Altenheim des Roten Kreuz auf unterer sozialer Ebene dort gewesen.
Gewütet habe die Bayerische Polizei, so Hoffmann weiter, als nach Waffen der Wehrsportgruppe Hoffmann gesucht wurde. Das ließ er auch über dem Eingang eingravieren. Mit der Renovierung nach diesem Einsatz setzte man ein Denkmal, meinte Hoffmann.
Ebenso viele Besucher wie sie vor dem Schloss stehen, laufen in einer Gruppe durch den Ort, um die jüdischen Denkmale von Ermreuth zu betrachten und diese Geschichte zu hören. Eine ganz andere Geschichte.
Kommentar von Jennifer Hauser
Der Grund für den kleinen Skandal am Rande des Denkmaltags liegt weit in der Vergangenheit. Damals, in den 1970er Jahren, gründete ein gewisser Schlossbewohner eine Wehrsportgruppe. Die Treffen auf diesem Schloss waren bekannt und damals deutschlandweit in der Presse. Besonders im Januar 1980: Da kam es zum Verbot der besagten Wehrsportgruppe und nicht nur im FT wurde darüber berichtet.
Wir schreiben also nun September 2016. 36 Jahre nach dem Verbot dieser Gruppe auf Schloss Ermreuth schafft es Karl-Heinz Hoffmann wieder deutschlandweites Aufsehen zu erhalten, denn der Gründer der später verbotenen Gruppe, lädt am Tag des offenen Denkmals in das Schloss ein, will selbst einen Vortrag über die Geschichte des Schlosses halten. Er wird von der Denkmal-Liste gestrichen und will trotzdem die Tore öffnen. Es kommen viele Besucher - ob offizielles Denkmal oder nicht.
Sollen wir, oder sollen wir also nicht darüber berichten? Der Mann saß im Gefängnis, ist bekannt für sein rechtes Gedankengut und wohnt in einem schönen und alten Schloss. Die Besucher des Schlosses empfinden den Ausschluss als ungerecht, sagen, die Presse stelle den Schlossherren in eine Nazi-Ecke. Ihnen gehe es beim Besuch aber um das Schloss.
In der Redaktion wird indes diskutiert, ob über den Vortrag und die Führung berichtet werden darf, soll oder sogar muss.
Allen Leuten kann man es nicht recht machen. Es heißt, man biete da eine Plattform für einen verurteilten Straftäter, deshalb solle man nicht darüber berichten. Es heißt aber auch, dass es die Leser interessiert, deshalb dürfe man sehr wohl. Und die letzte Stimme sagt sogar, nachdem wir über den Ausschluss berichtet haben, gehöre es zur Sorgfaltspflicht, über das Vorgehen zu informieren.
Am Schluss wird es immer viele Leute geben, die anderer Meinung sind. Wir haben uns für die Veröffentlichung entschieden. Denn es ist nicht immer eine positive Plattform, wenn berichtet wird. Manchmal gehört es dazu, etwas zu berichten, und dabei kritisch zu sein. Aber: Es kamen viele Leute, um das Schloss zu sehen, und das, obwohl es von der Liste genommen worden war. Auch darüber darf, soll und muss berichtet werden.