Druckartikel: "Nur durch Teilen wird man reich"

"Nur durch Teilen wird man reich"


Autor: Carmen Schwind

Pretzfeld, Montag, 14. Sept. 2020

Der frischgebackene Priester Christian Wohlfahrt spielte schon als kleiner Junge Gottesdienst. Hier erzählt er, warum er dafür alles andere aufgegeben hat.
Pfarrer Christian Wohlfahrt beim Gottesdienst in Pretzfeld Foto: privat


"Durch die Weihe wird man nicht anders, man ist immer noch Mensch", sagt der 37-jährige Christian Wohlfahrt, der am 27. Juni im Bamberger Dom feierlich zum Priester geweiht wurde. Wegen Corona durfte er nur 55 Gäste einladen und es wurde im Gottesdienst auch auf das Handauflegen verzichtet. "Aber ich werde mich mein ganzes Leben daran erinnern, denn als ich vom Teppich aufgestanden bin, war der ganz nass vom Schweiß", erzählt der Priester. Es gab auch keinen üblichen Empfang, nur ein Festessen im Priesterseminar. Allerdings ließen es sich einige Gäste nicht nehmen, von ihm den Primizsegen zu erhalten.

Christian Wohlfahrt ist in Obertrubach aufgewachsen. Die Eltern hatten eine Gaststätte und einen Baumarkt, in die der kleine Junge eingebunden war. "Bereits mit fünf Jahren habe ich gesagt, dass ich Priester werden will", sagt er und erzählt von einem alten Video von der Hochzeit der Großcousine, in dem er am Hosenbein des Vaters hängt und dieser sagt: "Der muss scho brav sein in der Kirche, denn der wird mol Pfarrer." Das war das einzige Mal, dass sein Vater das sagte, denn eigentlich sollte er dessen Unternehmen übernehmen. Stattdessen spielte der kleine Junge lieber Gottesdienst vor der Kapelle im Wald.

Beruf des Masseurs erlernt

Erst erlernte Christian Wohlfahrt bis 2001 den Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters und übte den auch aus. 2005 ging er als Schüler ins Nikolauskloster an den Niederrhein. "Ich konnte den Fernsehturm von Düsseldorf aus meinem Fenster sehen", erinnert sich der Priester. Und er arbeitete in der Klostergastronomie für seinen Unterhalt. So nach und nach machte er alle möglichen Schulabschlüsse. Nach dem Abitur überlegte er, ob er Medizin studieren wolle, "doch ich konnte den Gedanken nicht lassen, Priester zu werden". 2011 fand er sich im Priesterseminar in Bamberg ein. Dann studierte er in Würzburg und ein Jahr in Wien. Im April 2018 kam er nach Forchheim und lernte viel von Regens Martin Emge. Am 21. September 2019 wurde er zum Diakon geweiht und erfüllte seinen Dienst weiterhin in Forchheim. Hier feierte er nach der Priesterweihe seine erste Messe.

"Wobei jeder erste Gottesdienst an einem Altar Primiz ist. Aber bei diesem ersten Gottesdienst als Priester war ich schon sehr aufgeregt", gesteht Pfarrer Wohlfahrt.

Dass er schließlich doch seiner Berufung gefolgt ist, erklärt er so: "Jeder, der sich in seinem Leben schon mal unsterblich verliebt hat, würde das verstehen. Denn man wird für diese Liebe alles aufgeben", erklärt Christian Wohlfahrt und sagt weiter: "Christus ist für mich greifbar und spürbar, wenn ich mit ihm spreche. Er war auch immer da, als es mir schlecht erging."

Erbstreit und Lebensbeichten

Solche Zeiten gab es durchaus in seinem Leben, denn als der Vater 2000 starb, gab es Erbstreitigkeiten und er verlor alles. "Außerdem haben die Menschen, die zu mir zum Massieren kamen, Lebensbeichten abgelegt. Da dachte ich, wenn die Leute eh bei mir beichten, kann ich auch Priester werden", erzählt er und lacht.

Er sieht seine Berufung auch nicht als Weltflucht: "Wer heut' Priester wird, steckt bis zum Hals in der Welt."

Die Kirche als Partnerin

Und wie ist das mit einer Partnerin? "Meine Partnerin ist die Kirche", antwortet der Priester und erklärt, dass das wie in einer guten Ehe sei, denn auch jeder Ehemann dürfe sich von Zeit zu Zeit ein wenig verlieben. Doch die wahre Liebe ist tiefer als ein Strohfeuer.

Wohlfahrt: "Ich weiß, was ich schön finde, aber was ich viel schöner finde, das kann kein Mensch erfüllen. Die Liebe zu meinem Glauben und der Kirche könnte ich nicht so wahrnehmen, wenn ich nicht auch die andere Liebe kennen würde." Weiter erklärt Christian Wohlfahrt, dass es keinen beziehungslosen Priester gebe, denn die Gemeinde sei wie eine Familie. Und wie in der Familie haben die unterschiedlichen Gemeindemitglieder auch unterschiedliche Ansprüche. "Man braucht immer die richtige Perspektive. Deshalb kann ich auch einem Ehepaar Ratschläge geben, denn ich habe eine andere Perspektive auf das Thema", erklärt er.

Schade findet er, dass die Menschen ihre Perspektiven nicht mehr teilen: "Dadurch verkümmert die Welt. Denn nur durch Teilen wird man reich."

Am 8. Juli feierte Christian Wohlfahrt in Pretzfeld einen Nachprimiz-Gottesdienst und am 18. Oktober wird er in seiner Heimat Obertrubach feiern. Derzeit verrichtet er seinen Dienst in Burgwindheim.