Nur aus Versehen ein Scharmützel
Autor: Reinhard Löwisch
Ebermannstadt, Mittwoch, 13. April 2016
In den Auseinandersetzungen des sogenannten Bruderkriegs vor 150 Jahren kam Oberfranken glimpflich davon
Der sogenannte Bruderkrieg zwischen deutschen Staaten, Italien und Österreich hat vor allem in Unterfranken tiefe Wunden gerissen. Gerade dort fanden viele blutige Schlachten statt. Oberfranken kam dagegen glimpflich davon. Nur einmal kam es aus Versehen zu einem Scharmützel, und zwar in Seybothenreuth bei Creußen.
Und das kam so: Zwischen dem 23. und 27. Juli 1866 traf das zweite preußische Reserve-Corps von Leipzig kommend mit dem Zug in Hof ein. Es waren 22 000 Mann, die verstärkt wurden durch weitere Truppen aus Hamburg und Mecklenburg. Das Amtsblatt sprach von insgesamt rund 38 000 Soldaten.
Damit die Soldaten nicht so überraschend schnell vorankamen, kappte die bayerische Armee die Bahnlinie zwischen Neuenmarkt und Bayreuth, so dass die Preußen gezwungen waren, mit Bauernwagen und ähnlichem zu reisen.
Am 28.
Die meisten Soldaten waren an den Kriegsschauplätzen im Maingebiet. Es mag an der guten Beziehung gelegen haben, dass die Preußen nicht brandschatzten und sich das kriegerische Verhalten auf das Scharmützel in Seybothenreuth beschränkte.
Marsch auf Bayreuth
Eine falsche telegrafische Depesche von einem Waffenstillstand zwischen Preußen und Bayern, die in der Lokalzeitung, veröffentlicht wurde, veranlasste den Befehlshaber des bayerischen Reserve-Bataillons, Mayor N. Joner, wieder von Kemnath Richtung Bayreuth zu marschieren. Obwohl sogar ein preußischer Kommandant mitteilte, die Depesche sei falsch, "unterließ er es, sich in einem Nachtmarsch der Gefahr zu entziehen", heißt es im "Buch der Feldzüge". "In größter Gemüthsruhe" quartierte man sich in St. Johannis ein. Preußische Truppen, die am 28. Juli nachmittags kampflos in Bayreuth einmarschiert waren, überfielen daraufhin das Reservebataillon, so dass die königlich-bayerischen Krieger fliehen mussten.
Am 29. Juli, einem Sonntag, holten die Preußen die Bayerischen Truppen bei der "Petzelmühle" ein. Es kam zum Kampf, bei dem fünf bayerische Soldaten starben. Viele Bayern, so der Augenzeugenbericht, wurden gefangen genommen. Einige Hundert Mann konnten sich zu Fuß nach Creußen retten, indem sie Waffen, Tornister und andere schwere Sachen einfach wegwarfen.
Nach der Versorgung ihrer Wunden fuhren die meisten in einem Zug nach Weiden und kamen damit außer Reichweite der Preußen. Jene marschierten über Pegnitz weiter nach Betzenstein, Gräfenberg und Nürnberg. In Pegnitz verlangten die Preußen die Bereitstellung von neun Leiterwagen, 25 Zentner Brot, 40 Zentner Fleisch und acht Zentner Reis.
Das Vieh versteckt
Bis zum 11. August hielten sich ständig Preußen in Pegnitz auf.
Der damalige Bezirksamtmann schrieb seinem Vorgesetzten Regierungspräsidenten: "Die Truppenmassen, welche in Pottenstein und Pegnitz jeweils bis zu 10 000 Mann betragen, haben alle Lebensmittel absorbiert. Mit Angst sieht die Bevölkerung weiteren Durchzügen entgegen." Ähnliche Erfahrungen machten fast alle größeren Orte der Fränkischen Schweiz. Gößweinstein hatte mehrfach ein Bataillon preußischer Truppen zu versorgen, weshalb "viele Einwohner ihr Vieh verborgen hielt", um es nicht zu verlieren, schreibt die Ortschronik. Besonders die Zugochsen waren beim Militär beliebt, denn sie konnten schwere Wagen ziehen. Bei Schweigelberg, oberhalb Behringersmühle, gibt es heute noch einen "Preußenstein", weil dort die Bauern ihre Tiere in den Felsklüften gut verstecken konnten. 33 Soldaten aus Gößweinstein waren einberufen.
Allen war es vergönnt, nach dem Friedensschluss zu ihren trauten Heimstätten heimkehren zu dürfen - schreibt die Ortschronik. Die preußischen Truppen standen unter dem Oberbefehl vom Mecklenburger General und Großherzog Friedrich Franz II, . der von Bayreuth aus über Pegnitz nach Gräfenberg reiste, wo er Quartier nahm.
Der Ort, genauer das Gasthaus "Alte Post" am Markt war Schauplatz des Waffenstillstandes, den der preußische Befehlshaber mit dem Bayern Oberst Roth ausgehandelt hatte.
Am 31. Juli traf Franz II. in Nürnberg ein. Erlangen war schon vorher besetzt worden. Am 4. August schließlich besiegelte eine Demarkationslinie zwischen den beiden feindlichen Truppen den ersehnten Waffenstillstand.