Not im Wohnwagen: Mitgefühl ist etwas anderes
Autor: Josef Hofbauer
Pretzfeld, Mittwoch, 31. Oktober 2012
Das Leben von Brigitte und Marco Simon im Wohnwagen hat längst ihren Reiz von Camping-Romantik verloren; Mutter und Sohn sind zu Außenseitern geworden, zu Obdachlosen, zu Menschen, die unter einer Brücke schlafen müssten, hätten sie nicht den Wohnwagen.
Ohne warmes Wasser, ohne Dusche, ohne Möglichkeit, Wäsche zu waschen oder zu kochen. Hinzu kommt: Der Wohnwagen ist nicht beheizbar. Eine Notunterkunft, nennt Bürgermeisterin Rose Stark diese Art, wie die vom Schicksal gebeutelten Menschen leben. Seit einem halben Jahr gab es niemanden, der versucht hätte, für die 62-Jährige und ihren Sohn eine Wohnung zu finden. "Ist nicht unsere Aufgabe", heißt es bei der Gemeinde, was natürlich stimmt. Doch Mitgefühl ist etwas anderes. Und die Eigen initiative der Gestrandeten hat Dämpfer bekommen. "Wo ich nach einer Wohnung frage, schlägt man uns die Tür vor der Nase zu", berichtet Brigitte Simon. Erinnert an die Herbergssuche vor 2000 Jahren.
Die Vertreter der Gemeinde Pretzfeld ficht das nicht an. Obdachlose hätten kein Recht auf warmes Wasser, auf geheizte Räume, findet Vizebürgermeister Walther Metzner (WPA). Menschen bekommen allenfalls ein Dach über dem Kopf. Kein Wort zu hygienischen Verhältnissen oder zur Größe des Wohnraumes. Zur Erinnerung: Für Hühner in Legebatterien ist eine Mindestgröße des Bewegungsraumes vorgeschrieben, für Menschen nicht. Obdachlose hätten kein Mitspracherecht beim Aufenthaltsort. Und wer einen Umzug nach Oberzaunsbach ablehne, sei selbst für sein Schicksal verantwortlich, argumentiert Walther Metzner, der sich für die geplante Umsiedlung polizeiliche Hilfe holte.
Metzner zieht sich auf die Buchstaben des (Obdachlosen-)Gesetzes zurück, verweist darauf, wozu die Gemeinde verpflichtet ist. Soziales Engagement müsse sich eine Kommune leisten können. Hört sich an wie die Argumentation der Pharisäer, der Schriftgelehrten zur Zeit der Geburt Christi. Wie Jesus über diese Klientel urteilte, ist in der Bibel nachzulesen. Dem ist nichts hinzuzufügen.