Druckartikel: Darum wird ein Moslem in Franken zum Brauer

Darum wird ein Moslem in Franken zum Brauer


Autor: Petra Malbrich

Weißenohe, Montag, 06. Juni 2016

Als Jugendlicher flüchtete Niko Maleki zu Fuß nach Deutschland. Nun lernt er in Weißenohe den für einen Moslem untypischen Beruf des Bierbrauers.
Niko Maleki mit dem anderen Lehrling der Brauerei Paul Freund (von links). Foto: Petra Malbrich


Wenn Niko Maleki die Anweisung "heute schlauchen wir" erhält, weiß er inzwischen sofort, dass damit gemeint ist, Bier in den Lagerkeller zu bringen. Am Anfang war das schwierig, fast so schwierig, wie die deutsche Sprache zu erlernen. "Deutsch ist hart", findet Niko, der die Sprache seiner neuen Heimat seit einigen Jahren übt.

Er ist Flüchtling, kam 2011 mit 16 Jahren zu Fuß aus dem Iran. Dort, in Isvahan, ist der gebürtige Afghane mit sieben Geschwistern aufgewachsen. Eine Schule wie hier, wo er seinen Hauptschulabschluss nachgeholt hat, gab es in seiner Heimat nicht. Nicht für ihn. "Für die Schule muss man richtig viel bezahlen", sagt Niko. Geld, das die Familie nicht hatte. Die Kinder mussten arbeiten. Das sei normal. Die Mädchen helfen im Haushalt, die Jungen verdienten woanders. "Ich habe Kartoffeln aufgesammelt. Die Kartoffeln von der Erde aufgehoben und in einen Einer gelegt. Das ist kein Beruf", erklärt er und freut sich um so mehr, nun einen eigenen Beruf zu lernen.

"Einen Beruf, der eigene Aufgaben fordert, die man richtig machen muss", erzählt er stolz. Seit Januar lernt Niko Bierbrauer in der Klosterbrauerei in Weißenohe. Martin Pelikan, der Braumeister, ist voll des Lobes über den 21-Jährigen. "Er kann sehr gut Deutsch. Es ist wichtig, viel zu verstehen, weil gerade in einer Brauerei viel im Fachjargon geredet und sehr vielseitig gearbeitet wird", erklärt Pelikan.


Dankbar für die Hilfe

Niko füllt derweil Bier aus der Handfüllanlage in Tonflaschen und bewegt den Hebel der Maschine, um die Kronkorken fest zu montieren. "Er ist willig, fleißig, freundlich und gut integriert im Team", lobt der Braumeister die Bemühungen des jungen Mannes, seinen Beruf gut zu lernen. "Ich bin dankbar für die Hilfe von den Mitarbeitern", sagt Niko, der glaubt, noch viele Fehler zu machen. Martin Pelikan, der mit Niko sehr zufrieden ist, findet dessen Berufsentscheidung interessant. Es ist untypisch für einen Moslem, Bierbrauer zu lernen. Niko lacht. Er differenziert zwischen Beruf und Religion. "Es ist meine Aufgabe jeden Tag Bier zu probieren", erklärt er.

Seine Ausbildung nimmt er ernst, genauso den Berufsschulunterricht. Deutsch und katholische Religion sind die Fächer, die er dort am schwierigsten findet. Trotzdem gefällt ihm das alles, denn vor fünf Jahren, als er sich als Jugendlicher alleine auf den Weg nach Deutschland machte, war er nahe dran, in Griechenland wieder umzukehren. Mit dem Lkw oder dem Schiff wollte er von Griechenland aus nach Italien. Aber das klappte nicht und er blieb in Griechenland. Er überlegte, wieder zurückzugehen.

"Dann hatte ich doch eine Chance", erklärt er. Welche? "Ich bin zu Fuß weiter", lautet seine Antwort. So einfach wie heute, mit dem Zug oder Bus durch die Länder fahren, war es damals nicht. "Bis Ungarn war es schlimm. Von Budapest aus konnte ich mit dem Zug fahren, nach Wien und dann nach Deutschland", erzählt der junge Mann.

Nach Berlin zu Bekannten, die er in Griechenland kennenlernte, wollte er. Doch im ICE wurde er beim Schwarzfahren erwischt und die Polizei wurde geholt. Er war ganz ehrlich, gab zu, ein Flüchtling zu sein. Nach Zirndorf ins Asylheim kam er und dann nach Nürnberg in eine Gemeinschaftsunterkunft. Dort teilt er sich mit zwei anderen jungen Männern ein Zimmer. Als seine Betreuerin fragte, ob er sich den Beruf des Bierbrauers vorstellen könne, schnupperte er während eines Praktikums Brauereiluft.


Ein Zimmer in der Brauerei

Für das Bett in der Gemeinschaftsunterkunft zahlt er immer noch 100 Euro monatlich, auch wenn er nicht dort ist, denn seit er im Januar mit seiner Ausbildung begonnen hat, lebt er in Weißenohe. Urban Winkler, der Chef der Klosterbrauerei, stellt ihm in der Brauerei ein Zimmer zur Verfügung. Kostenlos, damit sich Niko die Zugfahrkosten von Nürnberg nach Weißenohe und wieder zurück sparen kann.


Dolmetscher für Flüchtlinge

Diese Großzügigkeit weiß Niko zu schätzen, ist dankbar dafür, wie für so vieles. Seit sechs Monaten hat er seine Anerkennung und noch einige Jahre lernt er für den Beruf des Brauers. Und dann? "Dann werde ich Geselle", erklärt Niko, der sich dann auch den nächsten Schritt vorstellen könnte - in Weißenohe, wo er nach Feierabend Bürgermeister Rudolf Braun (FW) und das Helferteam unterstützt und für die neu angekommenen Flüchtlingsfamilien dolmetscht.