Neue Hospiz-Räume geweiht
Autor: Dorothea Weiler
Forchheim, Sonntag, 09. Oktober 2016
Der Forchheimer Hospizverein feiert sein 20-jähriges Bestehen. Drei ehrenamtliche Helferinnen erzählen, wie sie zur Hospizarbeit gekommen sind.
In einem Pflegeheim für schwerstbehinderte Kinder stirbt ein Kind. Die Mitarbeiterinnen stehen weinend um sein Bett. Sie sind so tief betroffen, dass sie nicht mehr handeln können. Doch zum Schichtwechsel muss eine Entscheidung getroffen werden: Wer wacht zusammen mit den Angehörigen eine Nacht lang bei dem toten Kind? Freiwillige vor! Für Christine Dorsch steht sofort fest, dass sie die Aufgabe übernehmen wird. Gemeinsam mit der Oma und den Geschwisterkindern bleibt sie bei dem verstorbenen Kind.
Sterbegleitung erfahren
Intuitiv erfasst die damalige Kinderkrankenschwester, dass sie jetzt Ruhe bewahren muss, wenn sie der Familie hilfreich zur Seite stehen will. Sie steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung und nimmt wahr, was gerade gebraucht wird. Einfühlsam findet sie in jedem Moment die richtigen Worte. "Kann ich Ihnen irgendetwas Gutes tun?", fragt sie zwischendurch nach.
Nach zwei Stunden bietet sie einen Kaffee und etwas zum Essen an. Während sie für die Familie da ist, beobachtet sie aufmerksam die Veränderungen an dem toten Kind. Später stellen ihre Kolleginnen anerkennend fest: "Du warst der Fels in der Brandung."
Als sie in der Zeitung liest, dass ein Hospizkurs angeboten wird, ist für Christine Dorsch sofort klar, dass sie daran teilnehmen wird. Noch beim Informationsabend im Pfarrhaus meldet sie sich dazu an. Seither ist sie aktives Mitglied im Hospizverein für den Landkreis Forchheim, der jetzt sein 20-jähriges Jubiläum und zugleich die Einweihung seiner neuen Räume in der Birkenfelderstraße feiert. Bei Kindern, die meist lebensverkürzende Schwerbehinderungen wie Muskelerkrankungen haben, ziehen sich Begleitungen meist über Jahre hin. Auch bei Krebserkrankungen nehmen Begleitungen mitunter mehrere Jahre in Anspruch. "Es beginnt schon mit der Diagnose", erläutert Birgit Schuster aus Forchheim, die sich ebenfalls zur Erwachsenen- und zur Kinderhospizhelferin hat ausbilden lassen. Grund dafür, sich der Bewegung anzuschließen, sei ihre Erkenntnis gewesen, wie schwer sich die Gesellschaft im Umgang mit Trauer und Tod tue.
Sterbebegleitung, so die Mitarbeiterin einer Krankenhausverwaltung, setze schon im Vorfeld an und erstrecke sich bis weit in die Trauerphase nach dem Eintreten des Todes hinein. Wichtig sei es dabei immer, sich in die Menschen hinein zu versetzen und ihre Bedürfnisse zu erspüren. Für sie sei die Hospizarbeit ein Herzensanliegen. Zweifel oder Ängste habe sie daher nie gehabt. "Dass Du das kannst", staunen häufig andere Menschen. Und sagten: "Du gibst so viel!" Umgekehrt habe sie jedoch erfahren: "Man bekommt so viel zurück."
Das bestätigt auch Christine Dorsch. Zu erleben, dass eine Begleitung gelungen ist, vermittelt eine starke Erfüllung. Für sie persönlich habe sich die Tätigkeit im Hospizverein sogar auf die Beziehung zu ihrer eigenen Familie ausgewirkt: "Ich kann jetzt viel mehr wertschätzen, dass ich zwei gesunde Kinder habe."
Martina Steubing aus Forchheim ergänzt das breite Spektrum der Hospzizhilfe um eine weitere Facette, denn sie ist Teil des Schulungsteams, das wertvolles Wissen an andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergibt. Auch besucht sie - immer zu zweit - mit anderen Hospizhelferinnen die Schulen in Forchheim und im Landkreis, um dort in zehnten und elften Klassen über den Hospizgedanken aufzuklären, wenn dort das Thema "Sterben und Tod" auf dem Lehrplan des Religions- und Ethikunterrichts steht.
Pater Heinz Weierstraß, der zusammen mit Pfarrer Enno Weidt die Weihe der neuen Hospizräume vornimmt, weiß davon aus eigener Erfahrung zu berichten. In einer von ihm in Religion unterrichteten Hauptschulklasse, die einen sehr schlechten Ruf gehabt habe, seien reichlich Tränen geflossen, als eine Hospizmitarbeiterin dort von der Sterbebegleitung ihres vierzehnjährigen Sohnes erzählt habe. Und gerade diejenigen Schüler, die als die auffälligsten galten, hätten am meisten Betroffenheit gezeigt.
Alle Menschen müssen sterben. Und wie stehen nun die Hospizbewegten zu ihrem eigenen Tod? "Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod ist Teil unserer Ausbildung", erklärt Birgit Schuster. Da die Hospizarbeit für sie eine Herzenssache ist, geht sie nicht nur mit einer großen Sicherheit in die Zimmer der Sterbenden, sondern ist auch im Hinblick auf sich selbst überzeugt: "Das ist für mich kein Thema; ich habe keine Angst."