Nahverkehrskonzepte für die Fränkische Schweiz
Autor: Ronald Heck
Forchheim, Dienstag, 29. August 2017
Wie will die Politik sicherstellen, dass die Menschen aus der Fränkischen Schweiz in Zukunft zu ihrer Arbeitsstelle oder zum Einkaufen gelangen?
Weite Autofahrten zur Arbeit oder zum nächsten Supermarkt, eingeschränkte Zug- und Busverbindungen - viele Menschen, die in ländlichen Regionen wie der Fränkischen Schweiz wohnen, befürchten vom öffentlichen Personennahverkehr abgehängt zu werden. Im Vorlauf der Bundestagswahl am 24. September haben wir bei den Direktkandidaten für den Wahlkreis Bamberg/Forchheim nachgefragt: Wie sieht für die Politiker ein attraktives Nahverkehrskonzept für die Fränkische Schweiz aus? Fünf Kandidaten haben uns geantwortet und ihre Pläne und Vorstellungen erklärt.
Nahverkehrsplan des Kreises
Lebensqualität auf dem Land sei unmittelbar mit der Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs verbunden, findet Thomas Silberhorn (CSU). Im Landkreis Forchheim sei dafür der Nahverkehrsplan die Grundlage, den der Kreistag 2014 und 2016 fortgeschrieben hat. Der Direktkandidat der CSU verweist darauf, dass der Bund den Ländern aus dem Mineralölsteueraufkommen Mittel bereitstelle, um den ÖPNV zu regionalisieren. So soll eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Verkehrsleistung ermöglicht werden. Diese Regionalisierungsmittel sind von etwa 7,2 Milliarden Euro in 2013 auf etwa 8,3 Milliarden Euro in 2017 erhöht worden."Ein attraktives Mobilitätskonzept für den Landkreis Forchheim und die Fränkische Schweiz sollte aus meiner Sicht flexibel an dem Bedarf der Fahrgäste orientiert sein", sagt Silberhorn. Das bedeute auch, dass Pendler- und Freizeitverkehr erfasst werden, das Potenzial der Digitalisierung genutzt und Barrierefreiheit umgesetzt werden sollte.
Auch Daniela Saiko (Freie Wähler) verweist auf den Nahverkehrsplan des Landkreises, der grundsätzlich dem aktuellen Bedarf angepasst werde. Problematisch sei aber die Prämisse, dass bei den Fahrtrouten und Haltepunkten von einer gewissen "Rentabilität" ausgegangen werden müsse.
"Zu kleine Nutzerfrequenzen führen zu einer geringeren Taktung an Abfahrts- und Ankunftszeiten und sogar zu einer Nichtberücksichtigung kleinerer Ortschaften. Das ist unattraktiv und deshalb muss genau hier der Hebel angesetzt werden", sagt Saiko. Dazu gehöre der sukzessive barrierearme Aus- beziehungsweise Umbau der Haltestellen und die Ausdehnung der Abendfahrzeiten, wie zum Beispiel auf der Westspange des Landkreises. Auch der Einsatz von Sammeltaxen sei wichtig, um kleinere Ortschaften und Weiler nicht abzuhängen.
Die Entwicklung des ländlichen Raums hänge mit der Ansiedlung und Standorttreue größerer Arbeitgeber zusammen. Mit den Firmen gemeinsam müsse die Politik Möglichkeiten entwickeln, die zum Verzicht auf den individualisierten Fahrzeugverkehr führen: "Ich denke hier etwa an den Einsatz von Werksbussen und auch an unser Anliegen, die Arbeit zu den Menschen zu bringen und nicht umgekehrt", erläutert Saiko. Sie setzt auf den Ausbau der Park-and-Ride-Flächen nahe der Zugschienen und Bushaltestellen. Das sei ein weiterer Anreiz, das Auto stehen zu lassen und auf den ÖPNV umzusteigen. Dadurch werde auch ein wichtiger Beitrag zum regionalen Umwelt- und Klimaschutz geleistet.
Verbesserungen gefordert
"Letztlich können unsere Kommunen vor Ort das ÖPNV-Netz am besten beurteilen", findet Andreas Schwarz (SPD). Seine Partei setze sich dafür ein, dass im Bund und "endlich auch im Freistaat Bayern" Mittel für den ÖPNV-Ausbau bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. "Persönlich halte ich den Erhalt und Ausbau der Gräfenberg-Bahn, die Strecke Forchheim-Ebermannstadt sowie der Anbindung Richtung Gößweinstein für wichtig", konkretisiert Schwarz. Er begrüßt den Einsatz der SPD-Kreistagsfraktion für längere Busfahrzeiten. Schwarz hält Verkehrspolitik für ein wichtiges Thema, damit auch in Zukunft die Mobilität aller Menschen ermöglicht wird. Insbesondere die ländlichen Regionen dürften nicht vernachlässigt werden. "Hier gibt es ohne Zweifel noch einiges zu tun", so Schwarz.
David Klanke (Die Linke) möchte einen flächendeckenden und barrierefreien Ausbau des Personennahverkehrs. Dafür will der Linken-Politiker mehr Mittel vom Bund, außerdem fordert er eine Nahverkehrsabgabe für Unternehmen.
Seine Partei strebe bundesweit einheitliche Standards beim Angebot und den Tarifbedingungen an - dadurch soll der "Flickenteppich der Verkehrsverbünde" überwunden werden. Die Linke trete für kommunale, demokratisch kontrollierte Nahverkehrsunternehmen ein. "Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Betriebe muss abgeschafft werden." Die Fahrpreise im ÖPNV seien für viele Menschen zu hoch, deshalb plädiert Klanke für Sozialtickets für einkommensschwache Haushalte, eine Sozial-Bahncard sowie kostenlose Schüler- und Azubitickets. "Unser Ziel ist der solidarisch finanzierte Nulltarif im ÖPNV für alle", sagt Klanke.
Auch das "schönste Nahverkehrskonzept" sei nutzlos, wenn die Menschen das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln nicht annehmen und lieber das eigene Auto nutzen würden, findet der Direktkandidat der Alternative für Deutschland, Jan Schiffers.
"Gerade in ländlichen Gegenden wie der Fränkischen Schweiz ist das Fortbewegungsmittel Nummer eins nun einmal der PKW. Das wird sich meines Erachtens auf absehbare Zeit auch nicht ändern." Gleichwohl findet der AfD-Politiker es wichtig, die vorhandenen Kapazitäten des ÖPNV in der Fränkischen Schweiz aufrechtzuerhalten und wo es eine Nachfrage gibt, auch zu erweitern.
Mobilität "vernetzt" denken
Lisa Badum (Die Grünen) plädiert dafür, dass Mobilität "vernetzt" gedacht werden müsste: "Es gibt mehr als das Verbrennungsauto. Auch die Menschen in der Fränkischen Schweiz haben ein Recht auf eine intakte Umwelt ohne Feinstaub und Lärm", sagt die Grünen-Politikerin. Die agilis-Bahn verbinde schon hervorragend das Wiesenttal. Doch der Zug müsse häufiger fahren und mehr beworben werden. Sie hofft dabei auf die Unterstützung des Landrats Hermann Ulm (CSU), der in Aussicht gestellt habe, sich dafür einzusetzen.Für Ortschaften, die Verkehrsknotenpunkte sind, sollte es einen besseren Bustakt geben. Die Grünen hätten bereits erreicht, dass die Busse im Landkreis abends länger fahren und so eine attraktivere Alternative sind, meint Badum.
"Sicherlich bleiben aber kleinere Ortschaften, die nicht regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln bedient werden können", räumt sie dabei ein. Ihre Lösung: Der Landkreis brauche ein Car-Sharing-Konzept und die Elektromobilität müsse ausgebaut werden.
Sebastian Körber (FDP) legt Wert darauf, dass die verschiedenen Verkehrsträger im Landkreis gut "verzahnt" werden müssten. Für die Menschen, die am Bahnhof Forchheim die S-Bahn und den Regionalexpress nutzen, sollte sichergestellt werden, dass sie in die Fränkische Schweiz weiterfahren können - auch direkt über die Schiene. Über den zentralen Busbahnhof sollte eine direkte Anbindung an alle Gemeinden durch Busse ermöglicht werden. "Dies könnte auch landkreisübergreifend in Richtung Pegnitz oder Erlangen/ Fürth/Nürnberg noch besser erfolgen", findet Körber.
Für ihn sei zudem Barrierefreiheit und Stauraum in den öffentlichen Verkehrsmitteln wichtig. "Damit auch Menschen mit Behinderung oder Mobilitätseinschränkung, Kinderwagen und eventuell auch Fahrräder transportiert werden können." Stauraum sei wichtig für Freizeitsportler und Touristen mit Gepäck oder sperrigen Sportgeräten. Auch deshalb habe der Kreistag entschieden, Bushaltestellen barrierefrei aus- beziehungsweise umzubauen.
Aus seiner Sicht könnte eine Fernbusstrecke entlang der B 470, etwa über Ebermannstadt, geprüft werden. Die Strecke könnte von Erlangen/Nürnberg weiter in Richtung Bayreuth oder Weiden/Neumarkt führen. Das wäre für Touristen und die Bewohner der Fränkischen Schweiz gleichermaßen attraktiv. Für kleine Gemeindeteile könnte er sich mehr Sammeltaxis vorstellen, insbesondere zum Forchheimer Bahnhof.