Nach Egloffstein "verkuppelt"
Autor: Josef Hofbauer
Egloffstein, Freitag, 06. Juni 2014
Auch nach 40 Jahren spricht Gastwirtin Erika Heid noch kein Fränkisch. "Dafür macht sie die besten Eintöpfe der Welt", lobt Tochter Jessica, die sich anschickt, die Jahrhunderte zurückreichende Wirtshaustradition weiterzuführen.
"A weng a Gmüs butzn und schnibbeln, Schäufala zusetzen, Schnitzel batschn und baniern, ooschbüln, Teller balancieren und a weng Bier zapfn." So liest sich eine Stellenanzeige für eine Aushilfskraft im "Gasthof zur Post" in Egloffstein. Und das, obwohl die Wirtin Erika Heid kein Wort fränkisch kann.
"Meine Mutter wurde hierher verkuppelt", behauptet Tochter Jessica, die des Fränkischen sehr wohl mächtig ist und dieses Anforderungsprofil erstellt hat. 1974 kam die gelernte Hotelfachfrau aus Unna zu einer Familienfeier nach Ebermannstadt. Und weil Erika, die im Gasthaus ihrer Eltern aufgewachsen ist, im heiratsfähigen Alter war, unternahm die Gesellschaft einen Ausflug nach Egloffstein "Zur Post", wo der Wirts-Sohn Fritz Heid eine Partnerin suchte.
Zwischen den Beiden hat es auf Anhieb gefunkt.
"Mit so einer Tradition bricht man nicht", befand die Gastronomin, als 1983 ihr Mann starb. Mit den drei Kindern machte Erika Heid allein weiter. Zur Freude der Gäste, die sich in dem Traditionsgasthaus mit dem anheimelndem Mobiliar und den vielen Erinnerungsstücken an die Postkutschenzeit so richtig wohl fühlen. Für Behaglichkeit sorgen in der "Bauernstube" neben dem Kachelofen und den Tischen aus Ahornholz auch knusprige Schäuferla und Familienfotos.
Besucher aus aller Welt wussten seit jeher die Gastlichkeit des Gasthauses "Zur Post" zu schätzen. In den Zimmern mit Blick auf den Pfarrfelsen nächtigten bereits Schlagersängerin Maggie Mae, die drei lustigen Moosacher oder Schauspieler Dietmar Schönherr, der kurz und bündig ins Gästebuch schrieb: "Schön hier." Das war 1985, als "Der Tod des weißen Pferdes", das den Bauernaufstand von 1524 zum Inhalt hat, in der Fränkischen Schweiz verfilmt wurde. Da logierten die Akteure im Gasthaus "Zur Post".
Verewigt haben sich auch Schlagzeuger Don Powell und die Gitarristen Dave Hill und Jim Lea von der Glamrock-Band "Slade" aus Wolverhamton ("Cum on feel the noize", "Gudbuy T' Jane") sowie Jeff Lynne, Bev Bevan und Richard Tandy von der britischen Rockband "Electric Light Orchestra." "Thanks for your great hospitality", bedankte sich Leadsänger Jeff Lynne. "Sie waren in Obertrubach, um eines ihrer Alben aufzunehmen", erzählt Jessica Heid.
Seele des Hauses ist Chefin Erika Heid. Die 69-Jährige ist nicht aus dem Betrieb wegzudenken, und Tochter Jessica würde ihr am liebsten das Bundesverdienstkreuz verleihen. "Sie weiß, wer zum Frühstück lieber Tee oder Kaffee trinkt, hat sich gemerkt, wer welches Zimmer gerne hat und was seine Lieblingsspeise ist, auch wenn der Gast fünf Jahre nicht da war", ist Jessica beeindruckt.
Mit "mordstrümmer Stiefeln"
Sie schickt sich an, die gastronomische Tradition des Hauses fortzuführen. Mit durchaus eigener Note. So ist den Stammgästen schon aufgefallen, dass die Juniorchefin immer "mordstrümmer Stiefel" anhat. "Aber die gehören zu mir wie das Fett zum Schmalzgebäck", verteidigt sich Jessica lachend. Sie findet es auch nicht so wichtig, dass die Servicekräfte in schwarz-weiß auftreten. "Bei uns geht es bunt zu, im wahrsten Sinne des Wortes", berichtet die 32-Jährige, die mit dem Heid's Gärtla ihren Grünen Daumen mit Kunst und Gastronomie verbindet.
"Mit einer Hand kann man keinen Knoten knüpfen", nennt Jessica ihr Motto, was in der Gastronomie bedeutet: "Wir ziehen alle an einem Strang." Da wird gelacht und der Gast spürt gleich, dass Jessica, Evelyn, Isi, Sabine, Lissy, Katrin, Jenny, Lore, Marianne, Chrissy, Jana, Bianca Hanife, Milena und natürlich der Chefin Erika die Arbeit Spaß macht.
Das bestätigt nicht nur die Gruppe der Kolpingsfamilie aus Essen-Freisenbruch, die zehn Tage im Gasthof "Zur Post" verbracht hat und nun von Schweinsbraten mit "Glöös", Fischgerichten oder Spargel in verschiedenen Varianten träumt. Vom Quittenbrand, Walnuss-, Himbeer-, Schlehen- oder den anderen Geistern, mit denen die drei Dutzend Gäste aus dem Ruhrpott auf die Fränkische Schweiz angestoßen haben, gar nicht zu reden.