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Muggendorf hat eine Schule für Fliegenfischer


Autor: Sabrina Friedrich

Muggendorf, Freitag, 12. Sept. 2014

In Muggendorf leitet Michael Sanna hauptberuflich eine Fliegenfischerschule. Mit viel Herzblut und Können versucht er, seine Leidenschaft an Andere weiterzugeben. Gleich ums Eck in Waischenfeld betreibt übrigens Manfred Hermann eine ähnliche Einrichtung, die Fliegenfischerschule Hammermühle.
Fliegenfischer Michael Sanna hat seinen aufgespießten Köder fest im Blick. Foto: Barbara Herbst


Wer durch die Fränkische Schweiz fährt und seinen Blick an der Wiesent entlang wandern lässt, kann ihn sehr wahrscheinlich sehen. Der Fliegenfischer Michael Sanna ist von März bis November jeden Tag am Wasser und gibt die Erfahrungen, die er in dieser seltenen Sportart seit über 30 Jahren sammelt, an seine Kursteilnehmer weiter. Doch nicht nur in der Heimat wirft Sanna seine Angel aus: Das Fliegenfischen brachte ihn von der Fränkischen Schweiz über zahlreiche europäische Länder wie Norwegen und Italien bis nach Kuba und Russland.

Haben Sie beim Fliegenfischen schon mal was richtig Großes erwischt?
Michael Sanna: Die ein oder Bachforelle hat die 70 Zentimeter-Marke geknackt, der Durchschnitt liegt bei 40. Aber für mich liegt der Reiz vor allem darin, die Gewässer zu betreuen und zu sehen, wie die Fischfamilien wachsen.

Was hat die Wiesent an Fischarten denn sonst noch zur Auswahl?
Hauptsächlich Bachforellen, Äschen, teilweise Saiblinge und Regenbogenforellen.

Wie funktioniert Fliegenfischen und wie unterscheidet es sich vom normalen Angeln?
Wir benutzen eine deutlich andere Technik als Normalangler und verwenden andere Ruten und Rollen. Um die Wurfschnur, die auch unser Gewicht ist, in eine bestimmte Entfernung werfen zu können, muss sie in der Luft beschleunigt werden. Die Rute muss eine bestimmte Positionierungen treffen, damit die Rutenspitze abhängig von seiner Aktion eine Aufladung bekommt - bei dieser motorischen Bewegung erreicht man eine gestreckte Schnur und ein gestrecktes Vorfach, sodass die künstliche Fliege dem Fisch präsentiert wird. Keine Art des Fischens ist so effektiv: Wir bieten dem Fisch genau das, was er gerade nehmen will - das ist beim normalen Angeln nicht der Fall.

Aus was besteht der Köder?
Wir imitieren die Eintagsfliege, die Köcherfliege, die Steinfliege und kleine Fischarten, die in den Gewässern vorkommen. Es ist wichtig, dass wir sie originalgetreu nachbauen, in Farbe, Größe und Form. Für die Herstellung der künstlichen Fliegen benutzen wir verschiedene Federnarten, Bast, Seide und Wolle.

Und darauf fallen die Fische rein?
Ja, wenn der Köder gut gemacht ist schon. Deswegen ist es wichtig, jede Fliegenart und ihre Entwicklungsstadien von der Larve über die Nymphe bis zur fertigen Fliege zu kennen. Allein in Europa gibt es 38 Gattungen Eintagsfliegen, 17 Gattungen Küchenfliegen und zwölf Gattungen Steinfliegen.

Angeln hat ja den Ruf, ein ruhiger Sport zu sein, bei dem man eher selten außer Atem kommt. Ist das beim Fliegenfischen anders?
Fliegenfischen ist in erster Linie eine Entspannungssportart, aber wir bewegen uns auch viel. Wir fischen meist stromaufwärts und probieren verschiedene Stellen aus, wandern teilweise mehrere Kilometer am Fluss entlang. Man muss den Fisch führen und eine bestimmte Spannung halten, damit er sich nicht befreit. Meine Schüler lernen die für europäische Gewässer übliche Ritzmethode - die ist auch was für Anfänger.

Was muss man neben einem guten Körpergefühl noch mitbringen?
Wache Augen, denn man muss das Wasser lesen können. Als Angler weiß man ungefähr, wo Fische sind. Außerdem muss man viel lernen und Erfahrungen sammeln: Welche Fliege kommt wann in welchem Gewässer vor, welche Bewegungen entstehen, wenn die Fliege an die Wasseroberfläche kommt und wie verändert sich die Fliege in ihrer Entwicklung.

Gibt es beim Fliegenfischen auch so etwas wie Regeln?
Die Gewässerordnung hier schreibt das Fischen in Salmoniden Gewässern ohne Wiederhaken vor und es ist geregelt, wie groß die Fische vor dem Fang sein müssen, wie beim normalen Angeln auch. Mit dem Unterschied, dass Fliegenfischen für die Tiere keinerlei Verletzungsgefahr birgt: Die Fliegen sind winzig und kommen nur in den Maulbereich des Fisches , wo er eine Art Hornhaut hat- fast wie bei einem Lippenpiercing.

Für wen ist der Sport geeignet?
In Deutschland wurde Fliegenfischen ähnlich wie Golf oder Tennis lange für einen elitären Sport gehalten. Nur bestimmte Leute hatten das Glück, ihn zu erlernen, denn eine günstige Rute allein kostet etwa 150 Euro, manch teure über 1000 Euro. Viele meiner Kursteilnehmer sind Ärzte, Professoren, Rechtsanwälte oder Selbständige - die Kundschaft ist also elitär geblieben. Aber prinzipiell ist es für jeden geeignet, egal ob jung oder alt. Obwohl ich kaum Werbung mache, hat sich die Fränkische Schweiz als tolle Location etabliert - sogar die Nationalmannschaft hat in Waischenfeld trainiert. Nicht nur Einheimische trainieren hier, sondern auch Österreicher, Schweizer, Spanier, Franzosen oder Belgier.

Was gefällt Ihnen am Fliegenfischen?
Die Ruhe, die Landschaft, die Naturverbundenheit. Es entspannt mich und es ist ruhig, man trifft nicht viele Menschen, denn auf drei Kilometern Länge sind nur neun Personen erlaubt. Ich habe das Fliegenfischen 1980 in der Fränkischen Schweiz gelernt und danach von meinem Lehrmeister die Schule übernommen und so mein Hobby zum Beruf gemacht. Leider sind in Deutschland nur sechs Prozent aller Angler Fliegenfischer

Woran denken Sie liegt es, dass nur so wenige sind?
Weil wir in Deutschland nicht die entsprechende Salmoniden Gewässer haben. Aber die Umwandlung und die Perfektionierung von unseren Fliegenfischer-Ruten gibt uns die Möglichkeit, unser Feld zu erweitern: So können wir auch cyprinidenartige Fische fangen oder am Meer fischen. In England, Frankreich oder Italien machen Fliegenfischer übrigens bis zu 80 Prozent aus. In England sind sogar 30 Prozent aller Fliegenfischer weiblich und oft talentierter.

Wie zeigt sich das?
Frauen sind wesentlich feinfühliger, was das Erlernen der Technik angeht. Männer sind eher Grobmotoriker und legen sich immer mit viel Kraft ins Zeug. Doch eine Rute der Länge 3,50 Meter wiegt gerade mal 210 Gramm - da kommt man mit Kraft nicht weiter, nur mit der richtigen Technik und Motorik.

Durch das Fliegenfischen sind Sie ganz schön rumgekommen. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?
Die Fränkische Schweiz mit ihrer einzigartigen Landschaft ist meiner Meinung nach eine der schönsten Gegenden zum Fliegenfischen. Von Waischenfeld über Muggendorf bis nach Ebermannstadt findet man wundervolle Strecken. Die Charakteristik der Wiesent verändert sich: mal ist sie schnell, dann langsam, mal breit, mal schmal. Die Fische sind standorttreu und gewöhnen sich in unterschiedliche Wasserverhältnisse ein. Man findet sie fast immer an denselben Stellen.

Und wo geht die nächste große Reise hin?
Im Herbst fahre ich wieder nach Slowenien und im März nach Kuba. Das ist das Schöne am Fliegenfischen: Es hat keine Grenzen. Man kann genauso gut Thunfische, Barrakudas oder Lachse bis zu einem Gewicht von 15 Kilogramm fangen.

Die Fragen stellte Sabrina Friedrich