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Mittelstufe plus am Gymnasium Ebermannstadt: Die meisten wollen länger lernen


Autor: Josef Hofbauer

Ebermannstadt, Freitag, 11. März 2016

Am Gymnasium Fränkische Schweiz Ebermannstadt haben sich 91 von 120 Schülern für die "Mittelstufe plus" entschieden.
Drei von vier Schülern haben sich am Gymnasium Ebermannstadt für die "Mittelstufe plus", also das neunjährige Gymnasium, entschieden. Foto: Josef Hofbauer


Zeit für die persönliche Reife, mehr Zeit in der Phase der Pubertät, und mehr Zeit für andere Interessen nennt Schulleiter Erhard Herrmann als Vorteile des Modellprojektes "Mittelstufe plus", das seit Schuljahresbeginn am Gymnasium Fränkische Schweiz eingeführt wurde. "Wir haben uns dafür entschieden, weil wir darin jede Menge Vorteile für unsere Schüler gesehen haben" pflichtet Konrektor Peter Drescher bei.

Das Gymnasium in Ebermannstadt ist eine von 47 Schulen in Bayern, an denen die Schüler wieder neun Jahre Zeit haben bis zum Abitur. Allerdings müssen die Eltern einen Antrag stellen und begründen, warum ihr Kind gerade diesen Weg gehen will. Die Entscheidung, ob der Schüler für das Pilotprojekt zugelassen wird, liegt bei der Schulleitung. Und: Auch wenn die Schüler der achten Klassen nach Regelschule und Pilotprojekt getrennt werden, darf es nicht mehr Klassen geben.
 


Basis bleibt das G8

Lehrplan und Stoffumfang bleiben gegenüber dem achtjährigen Gymnasium unverändert. Es geht um zeitliche Entlastung und zusätzliche Förderung, umreißt Schulleiter Herrmann das Ziel. Mit anderen Worten: Es gibt in der Mittelstufe keinen Nachmittagsunterricht, denn die Zahl der Wochenstunden wird reduziert. Auf die vier Jahre gerechnet haben die Schüler aber rund 880 Unterrichtsstunden mehr. "Eine Zeit, die der zusätzlichen Übung zugutekommt", erklärt Peter Drescher. Und: Es können auch andere Unterrichtsformen wie Gruppenarbeit oder selbstständiges Erforschen eingesetzt werden.

"Dafür bleibt in der Regelschule viel zu wenig Zeit", bedauert Schulleiter Erhard Herrmann. Kollegen machen das, aber mit einem schlechten Gewissen. Der Zeitdruck, innerhalb eines Schuljahres den vorgeschriebenen Stoff durchzupauken, sei im G8 enorm. Zwar gebe es auch hier Schüler, die damit gut zurechtkämen. Die überwiegende Mehrheit jedoch bevorzugt die "Mittelstufe plus". Von 120 Schülern haben sich in Ebermannstadt 91 für eine längere Schulzeit entschieden.


Individuelle Förderung

Den Unterrichtsstoff in der Mittelstufe auf vier Jahre zu verteilen, ist nach Worten von Erhard Herrmann auch aus pädagogischer Sicht der richtige Weg. "Gerade in der Pubertät sind viele Schüler mit sich beschäftigt. Da ist die erste Liebe, die viele vom Lernen abhält, und viele wollen neben der Schule auch noch privaten Interessen im Verein nachgehen", unterstreicht der Schulleiter. "Da kommen individuelle Förderstunden und eine Ausdehnung des Stoffes in den Kernfächern Deutsch, Mathe und der Fremdsprache gerade recht", findet Peter Drescher.

Mittelstufenbetreuer Thomas Kraus habe gut zu tun, das alles zu organisieren. Er kümmert sich auch darum, dass Schüler in freiwilligen Intensivierungsstunden versäumten Unterrichtsstoff nachholen können, wenn sie krankheitsbedingt über einen längeren Zeitraum gefehlt haben. Die Organisation dieser Individualisierung und Flexibilisierung ist manchmal aber nicht ganz einfach. Gibt es einer "M-plus-Klasse nur zwei oder drei Schüler, die sich bei der zweiten Fremdsprache für Spanisch entscheiden, werden die zusammen mit den Schülern der Regelklassen unterrichtet werden.


Positives Fazit der Schulleiter

Auch bei den Nicht-Kernfächern ist Flexibilität angesagt. So wird der Stoff an Sozialkunde von der zehnten auf die Klasse 9 plus vorgezogen, während Geografie in der achten Klasse der Mittelstufe plus komplett entfällt.
Auch wenn das Projekt erst seit einem halben Jahr läuft, können die Schulleiter bereits ein positives Fazit ziehen. Schüler und Lehrer atmeten auf, weil der Druck, mit dem Unterrichtsstoff fertig zu werden, deutlich abgenommen habe. In den Regelklassen hatten Schüler, die sich vorwiegend über ihre Leistung definieren, Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl. "Das ist in Leidensdruck, der durch die Mittelstufe plus vermieden werden kann", urteilt Peter Drescher.

Die Ebermannstadter Erfahrungen hätten die Kollegen anderer Schulen bei den Regionaltreffen, die zweimal jährlich vom Kultusministerium vorgeschrieben sind, bestätigt. Und warum gibt es das Modellprojekt in Forchheim nicht? "Wir haben uns auf Grund der Umbauarbeiten bewusst dagegen entschieden", erklärt Konrektor Willi Klement vom Ehrenbürg-Gymnasium. Beim Herder-Gymnasium seien es organisatorische Gründe gewesen, die den Ausschlag gaben, sich nicht zu bewerben, erklärt Konrektor Jürgen Sauer. Je mehr Zweige es an einer Schule gebe, desto schwieriger sei so ein Pilotprojekt zu organisieren. "Die Mittelstufe plus ist aber kein Gymnasium light" wehrt sich der Ebermannstadter Konrektor. Ziel dieser Individualisierung des Bildungsweges sei es, die Qualität der Ausbildung nach vorn zu bringen.