Mit dem Natur-Ranger aufs verschneite Walberla
Autor: Nikolas Pelke
Schlaifhausen, Dienstag, 04. Dezember 2012
Die Ehrenbürg ist seit 25 Jahren ein Naturschutzgebiet. Andreas Niedling passt auf, dass es Tieren, Pflanzen und Menschen gut geht.
Einmal in der Woche besucht er "seinen" Berg. Aber so viel Schnee hat Andreas Niedling auf der Ehrenbürg schon lange nicht mehr gesehen. "Hätte ich nicht gedacht, dass hier oben schon so viel liegt. 15 Zentimeter sind das locker", sagt der 44-jährige Biologe, der sich seit vier Jahren als Gebietsbetreuer um den Berg in der Fränkischen Schweiz kümmert.
Im Herbst 1987, also genau vor 25 Jahren, wurde die Ehrenbürg offiziell als Naturschutzgebiet ausgewiesen. "Ein absoluter Glücksfall", sagt der Walberla-Ranger, lauscht und schaut zum Himmel. "Da, ein Kolkrabe", sagt der Fachmann. "Auch eine seltene Vogelart. Die leben auch hier." Jetzt im Winter lebt die Natur auf Sparflamme, erzählt Niedling beim Wandern. Ein "gefährliches" Reptil muss jetzt auch niemand fürchten. "Die Schlingnatter schläft jetzt in großen Felsspalten." Das Schlangentier jagt keine Menschen, nur Eidechsen.
Empfindliches Uhu-Pärchen
Noch seltener sieht Niedling den Uhu, der hier in den Steilhängen lebt. "Aber dahin gehen wir nicht, wo der sein könnte." Die Eulen stehen nicht auf Tier-Safaris, weil sie sehr störungsempfindlich sind. "Den wollen wir auf keinen Fall stören. Der Uhu soll ruhig seine Ruhe haben an den Felsen", sagt Niedling und macht deutlich warum. "Wir haben nur ein Brutpaar hier. Wenn die Weibchen im März brüten und ihre Eier abgelegt haben, sind sie noch empfindlicher. Wenn man sie auch nur aus Versehen vom Nest wegscheucht, fliegen sie erst abends wieder zurück. Wenn es dann so kalt ist wie jetzt, dann sind die Eier natürlich erfroren." Der Biologe zeigt auf eine Steinmauer: "Das ist ein Nachbau des Keltenwalls." In Urzeiten wohnten die Kelten bereits hier. Der "Inselberg" bot ihnen perfekten Schutz. Der Steinwall schützte die frühen Siedler dort, wo Felsen keine Sicherheit vor Feinden boten.
Vielleicht nicht Feinde, aber Gegner hatte die Idee eines Naturschutzgebietes auf der Ehrenbürg vor 25 Jahren auch. Einige hätten wohl lieber Hotels und Ferienhäuser auf der Ehrenbürg gebaut. Die Querelen von damals sind mittlerweile Schnee von gestern. Nach dem ersten Anstieg geht es rechts zum Rodenstein (531 Meter). "Bis zum Sommer stand da noch ein Gipfelkreuz, aber das hat ein Sturm umgeworfen", sagt Niedling und wandert nach links. Zum 20 Höhenmeter niedriger gelegenen Walberla-Gipfel.
Auf der Hochfläche zwischen den beiden Gipfeln öffnet sich die Landschaft. Niedling tut viel, um diese Kulturlandschaft zu erhalten. Einen Dschungel kennt und will die Fauna hier gar nicht. Bestes Beispiel: der Niederwald. "Der wird alle 20 Jahre gefällt." Die Kelten hätten schließlich auch früher Feuerholz gebraucht. Im lichten Wäldchen gedeihen seltene Orchideen und Sträucher wie die Mehlbeere. Das Leben konnte sich gerade deshalb hier so prächtig entwickeln, weil die Landschaft immer bewirtschaftet wurde. Schonend, ohne Traktor. Die Steilhänge wurden in den letzten 600 Jahren mit Schafen beweidet. Auf diese abwechslungsreiche Landschaft mit lichten Wiesen und Wäldern stehen viele Arten, die heute selten sind. Einige kommen sogar nur auf der Ehrenbürg vor. Das Habichtskraut zum Beispiel.
Um diese Kulturlandschaft zu erhalten, muss Niedling heute viel Geld in die Hand nehmen. Mit der Kohle aus Bayern und Brüssel bezahlt er zum Beispiel den Schäfer. Der würde seine Tiere sonst nicht in die Steilhänge scheuchen. Mit Geld baut er Wege, damit der Mensch nicht abseits der Pfade alles kaputt trampelt. In 25 Jahren insgesamt 1,2 Millionen Euro
Schönheit, die den Atem raubt
Niedling stapft durch den Schnee. Keine Straße, kein Supermarkt stört das Auge. Eine schöne Kapelle einsam im Schnee. Und eine Bank für Gipfelbezwinger. "Wo andere Urlaub machen, ist mein Arbeitsplatz. Aber windig wird es langsam. Und kalt." Die Sonne am Horizont geht langsam unter. Niedling bläst zum Abstieg und will gar nicht darüber nachdenken, was passiert wäre, wenn man die Natur hier nicht seit 25 Jahren schützen würde. "Es wurde zum Glück durchgesetzt, weil diese Ehrenbürg so wertvoll für die Natur ist. Und weil die landschaftliche Schönheit einfach atemberaubend ist."