Druckartikel: Milchquote weg, Preis im Keller

Milchquote weg, Preis im Keller


Autor: Petra Malbrich

LKR Forchheim, Dienstag, 30. Juni 2015

Obwohl die produzierte Menge zurückgegangen ist, bekommen Bauern wie Jörg Porisch in Egloffsteinerhüll immer weniger für ihre Milch. Sie sehen sich als Opfer der Supermarktketten und ihrer Niedrigpreispolitik.
Im Stall von Jörg Porisch in Egloffsteinerhüll stehen 80 Milchkühe. Foto: Petra Malbrich


"Wir arbeiten mit lebenden Tieren, da können wir nicht streiken und sie wie Arbeiter in ein anderes Werk schicken", sagt Jörg Porisch, während eine seiner 80 Kühe zum Melkroboter läuft. Dort wird die kostbare Milch, die zum gesunden Frühstück gehört, gewonnen. So sagt es die Werbung. Aber es ist auch die falsche Werbung, die den Milchpreis zum Leid der wenigen Milchbauern in den Keller drückt, vor allem seit Fallen der Milchquote zum 31. März.

Dabei ist der Preis schon vorher in den Keller gerauscht, von teils 40 Cent auf derzeit 29 Cent Grundpreis pro Liter. "So gravierend nach unten rauschte der Preis noch nie", erinnert sich der Landwirt aus Egloffsteinerhüll. Beschweren will er sich nicht. In seinem Beruf gibt es keine Sicherheiten, mit Schwankungen im Preis muss man immer rechnen. Was für die Milch, die er diesen Monat liefert, vier Wochen später auf dem Konto eingeht, weiß er nicht.

Aber er weiß, dem Verbraucher werde vor allem propagiert, dass seit dem Fallen der Milchquote zu viel Milch produziert wird. Und je mehr Ware vorhanden, desto weniger werde sie wert.

Eher das Gegenteil ist der Fall. "In Wahrheit ist im Durchschnitt zwei Prozent weniger produziert worden", sagt der Landwirt. Den Preis nach unten zu drücken, erkennt er als Ziel dieser falschen Darstellung, gesetzt durch die fünf Supermarktketten, die 85 Prozent vom Lebensmittelmarkt beherrschen. Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein.

"Die Milchbauern werden von allen Seiten unter Druck gesetzt. Erst gestern forderte der Bauernverband beim deutschen Bauerntag in Erfurt die Molkereien auf, sich den Strukturen anzupassen und zu fusionieren, um durch diesen Zusammenschluss dem Lebensmitteleinzelhandel Paroli zu bieten", sagt Werner Nützel, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands in Forchheim. Die Großhandelsketten zahlen an die Molkereien einen unterwertigen Preis. Einzelne Molkereien hätten keine Chance. Aber ein Zusammenschluss von Molkereien würde die Verhandlungsposition stärken, erzählt Nützel von den Vorschlägen.

Als Heuchelei betrachtet Jörg Porisch die neuen Produkte "Regional", wie die Milch nun von einer Einzelhandelskette beworben wird. "Das ist nichts anderes als das Kaschieren der Preispolitik", fasst Nützel den Unmut der Landwirte in Worte. Denn für diese Milch aus der Region erhalte der Landwirt zwar zwei Cent mehr, letztendlich würden damit nur die Mehrkosten, die aufgrund teurerer Futterkosten entstehen, gedeckt werden. Dieses Futter besitzt einen anderen Eiweißwert und müsse zu hundert Prozent gen frei sein. "Es ist ein Marketinggag, um dem Verbraucher ein gutes Gefühl vorzugaukeln", meint der Milchbauer.

Immer mehr Auflagen

Denn es ist auch der Lebensmitteleinzelhandel, der immer mehr Auflagen in Sachen Tierwohl fordert, ohne dass sich dies in der Wertschöpfung auswirkt. "Der Kostenfaktor bleibt beim Milchbauern hängen", sagt Nützel.
Dabei ist den Landwirten selbst daran gelegen, dass sich ihre Tiere wohl fühlen. Nur diese Tiere sind gesund und liefern gute Milch. Der Preis für die Milch wird aber weltweit gehandelt. Da sind und waren Milchbauern aus Neuseeland beispielsweise alleine aufgrund des Klimas im Vorteil. "Die brauchen keinen Stall", sagt Porisch. "Wir müssen das durch Knowhow und höhere Milchleistung ausgleichen", fügt er an. Und dazu müssen die Landwirte tief in die Tasche greifen, um die "Wohlfühloasen", mit Massagebürsten, Kreissaal, viel Licht und Luft, dafür ohne Güllegruben zu errichten. Dazu kommen bauliche Auflagen und Forderungen, die es in anderen Ländern nicht gibt.

Die Milchquote, die vor 30 Jahren eingeführt wurde, kurz vor Jörg Porischs Geburt, war einerseits vorteilhaft, weil es eine Preissicherung gab, andererseits auch wieder mit Kosten verbunden. Damals hatten die Eltern des Landwirts 30 Milchkühe. Die festgesetzte Quote, also die Liefermenge an Milch, betrug für seinen Betrieb 240 000 Liter pro Jahr. Wollte sich ein Landwirt vergrößern, musste er an der Milchbörse Milchquoten hinzukaufen, also mehr Lieferrecht erwerben von Landwirten, die ihre Milchwirtschaft aufgegeben haben. Teils sieben Cent pro Liter durfte dann hingeblättert werden. Wer beispielsweise 50 Kühe dazu kaufte, musste 28 000 Euro auf den Tisch legen, um 400 000 Liter Quote kaufen zu können. Inzwischen hat der Milchbauer drei Mal den Geldbeutel weit öffnen müssen. Um die Quote zu kaufen, die zur Erweiterung notwendig war. Dann um in den Stall zu investieren, um die Forderungen für das Tierwohl zu erfüllen und letztendlich wieder, um die Niedrigpreispolitik der Lebensmittelketten zu finanzieren. "Wenn dieser Preis ein Jahr bleibt, ist nicht mehr viel von der Tierhaltung in der Landwirtschaft in Bayern übrig", sagt Porisch.


Milchviehbetriebe

Kreis Forchheim 239 Betriebe, 6171 Milchkühe (Jahr 2014; Statistik Landwirtschaftsamt Bamberg)

Milcherzeugung Bayern von (Januar bis April 2015 im Vergleich zum Zeitraum des Vorjahres): Bayern - 3,4 Prozent; - 1,7 Prozent (Statistik AMI Agrarinformationsgesellschaft Bonn)