Druckartikel: Lebensraum statt Lehranstalt

Lebensraum statt Lehranstalt


Autor: Johannes Höllein

Forchheim, Sonntag, 14. Juli 2019

Küche, Speisesaal Mehrzweckräume: Der Rohbau der künftigen Mittagsbetreuung an der Annaschule steht. In knapp einem Jahr soll es losgehen.
Den Kopf schützen, aber gleichzeitig im Bonbonregen beherzt zugreifen: die Mädchen und Jungen der Annaschule  Fotos: Johannes Höllein


Es waren zwar nur Biertischgarnituren, die den Rohbau an der Forchheimer Annaschule zierten, doch der Blick in den künftigen Speisesaal ließ schon erahnen, wie die Mittagsbetreuung in knapp einem Jahr aussehen könnte, wenn alle Arbeiten abgeschlossen sind.

Vom "Beginn einer neuen Zeit" sprach Rektorin Heike Wenzel beim Richtfest. Und davon, dass die traditionelle Definition eines Klassenzimmers - rechteckig, große Fensterfront, Tafel und Waschbecken - heutigen Ansprüchen nicht mehr genüge. Angesichts einer sich wandelnden Berufs- und Arbeitswelt sowie immer stärker werdender Individualisierung werde Schule von einer Bildungsstätte zu einem Lebensraum, in dem es Platz für Verpflegung, Betreuung und soziales Miteinander geben müsse. Und das könne nicht in einem umfunktionierten Möbellager im Keller des Schulgebäudes geschehen.

Die Enge überwinden

Das sei zwar trotzdem gemacht worden, gab Schulamtsdirektor Ulrich Löhr zu. "Doch wir wussten, dass damit das Problem nicht zu lösen ist." Und weil Forchheim sich in Sachen Schule schon andernorts als innovativ gezeigt habe, Schulen komplett neu gebaut hat - was in Bayern Seltenheitswert besitze -, sei man mit konkreten Wünschen zur Überwindung der Enge an die Stadtoberen herangetreten.

Damals, zu Beginn der Amtszeit von Oberbürgermeister Uwe Kirschstein, der sich bei einem Ortstermin ein Bild vom herrschenden "Tohuwabohu" bei der Mittagsbetreuung an der Annaschule macht und zu der Erkenntnis kam: "Wir müssen etwas ändern."

Es seien außerplanmäßige Ausgaben gewesen, die für den Erweiterungsbau eingestellt werden mussten - abzüglich der einen Million Euro an Fördergeldern - sind es immerhin 1,8 Millionen Euro, die die Stadt schultern muss.

"Wir sind und wir wollen eine familienfreundliche Stadt sein. Dafür muss man die Realitiäten anerkennen", sagte Kirschstein, der dem Stadtrat nachträglich noch einmal großen Dank für die pragmatische Entscheidung aussprach, dem Erweiterungsbau der Annaschule zuzustimmen.

Den Abschluss des Bauabschnitts feierten auch die Mädchen und Jungen der Annaschule mit. Lehrerin Regine Lüttich hatte mit dem Schulchor und Stefan Wolf von der Baufirma Mickan, der später den Richtspruch vortrug, ein besonderes Duett einstudiert. Auf die Melodie vom "Lied der Schlümpfe", mit dem Vader Abraham 1977 die Hitparade gestürmt hat, fragten die Kinder singend: "Habt ihr dieses Haus gebaut?" Und Stefan Wolf antwortete: "Ja es war wohl ziemlich laut."

Ein starker Auftritt der Schüler, der bei mehren Strophen immer wieder in einem treffenden Refrain mündete: "Richtfest feiern wir nun heute, an dem Annaschul-Gebäude. Dank an alle die hier schuften Tag für Tag. Eine Küche und ne Mensa, endlich überall auch Fenster und ein Wohlfühlraum für Müde ist dabei. Jeder kann hier spielen, lachen, allen wird es Freude machen und der Nachmittag, der geht auch schnell vorbei."

Bei so viel Vorfreude kann der Erweiterungsbau wohl schon jetzt als Erfolg gewertet werden. Die Kinder hatten sich den Bonbonregen, der hernach vom Gerüst aus auf sie niederging (s. Artikel unten) jedenfalls redlich verdient.