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Landtagswahl 2018: Forchheimer Kandidaten werben auf FT-Podiumsdiskussion um die Gunst der Wähler


Autor: Ronald Heck

Forchheim, Donnerstag, 04. Oktober 2018

Der Fränkische Tag und Radio Bamberg hatten eingeladen:Sieben Kandidaten stiegen am Dienstagabend in die "Wahlkampfarena" im Herder-Gymnasium.
Das Podium in der Herder-Aula war diesmal eine reine Männerrunde. Foto: Ronald Rinklef


Im Stimmkreis Forchheim hatten die Parteien, die laut Umfragen eine realistische Chance haben, am 14. Oktober in den bayerischen Landtag einzuziehen, nur männliche Kandidaten aufgestellt: Auf der einzigen Podiumsdiskussion in Forchheim diskutierten Michael Hofmann (CSU), Thorsten Glauber (Freie Wähler), Atila Karabag (SPD), Emmerich Huber (Grünen), Sebastian Körber (FDP), Dominik Pflaum (AfD) und Willfried Pätzke (Linke).

Kennenlernrunde mit Lachern

Um den 130 Besuchern die Wahlkämpfer vorzustellen, stellten die Moderatoren Christopher Fleith (Radio Bamberg) und Josef Hofbauer (Fränkischer Tag) zu Beginn jedem eine auf ihn zugeschnittene Frage.

So möchte sich MdL Thorsten Glauber als Architekt am liebsten bei der vieldiskutierten Rathaussanierung in Forchheim verdient machen. Rechtsanwalt Huber würde gerne den Freistaat gegen Markus Söder vertreten, weil der Ministerpräsident die Luft in Bayern nicht rein halte. Und Karabag, der als Produkt-Manager in der Software-Entwicklung arbeitet, chatte häufig mit seiner Parteigenossin und SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen. Dem CSU-Landtagsabgeordneten und Rechtsanwalt Hofmann mache es Spaß, Kinder und Jugendliche durch das Maximilianeum (dem Sitz der Staatsregierung) zu führen.

Und Projektleiter Pflaum würde gerne mit FDP-Kandidat Körber (von Beruf Architekt) zusammenarbeiten, da es bei ihnen die meisten Überschneidungen gebe. Körber wedelte aber abwehrend mit den Händen. Körbers Frage wiederum bezog sich auf seine langen Haare und sorgte für die meisten Lacher: Neben wem würde Körber gerne mal beim Friseur sitzen? Der FDP-Mann wählte DB-Chef Richard Lutz - damit die Bahn endlich die stillstehenden Aufzüge am Forchheimer Bahnhof zum Laufen bringe. Produktionshelfer und Hobby-Fotograf Pätzke nahm in seiner Antwort die CSU und die AfD aufs Korn. Sein Lieblingsmotiv wäre ein Schnappschuss von Horst Seehofer, wie er Dominik Pflaum auf den Schoß nimmt.

Streit um Migration und Grenzen

Deutlicher Dissens herrschte beim Thema Migration. "Bayern hat in der Krisensituation hervorragend gearbeitet und gute Integrationsarbeit geleistet", meinte Michael Hofmann. Während der Christsoziale die Einführung einer bayerischen Grenzschutz-Polizei verteidigte, geißelte Sebastian Körber den Vorstoß als "Söderschen PR-Gag", der nichts bringe.

Auch Emmerich Huber fand, Bayern brauche die 1000 neuen Grenzbeamten nicht. Stattdessen sollte der Freistaat generell mehr normale Polizisten einstellen. Der Grüne kritisierte zudem die "Hetzjagd, die auf dem Rücken dieser Verfolgten" betrieben werde. Ganz anders sah das naturgemäß AfD-Politiker Pflaum. Seine Partei stehe für "klaren Schutz an den Außengrenzen". Er betonte, dass die Migration aus Afrika künftig weiter zunehme. "Naivität und Willkommenskultur sind zu wenig", meinte Pflaum.

Für Thorsten Glauber müsse die Lehre aus 2015 sein, mehr Bleibe- und Asylrichter einzustellen. Zudem werde die sogenannte "3+2 Regelung" auch im Landkreis Forchheim zu wenig angewandt. Sie erlaubt abgelehnten Asylbewerbern, ihre Ausbildung abzuschließen und weiter beschäftigt zu werden. "Die Volkswirtschaft braucht diese Köpfe", so Glauber.

Für mehr Offenheit setzte sich Willfried Pätzke ein: Migration sei "keine Naturkatastrophe sondern natürlich". "Europa muss sich darauf einstellen, seinen Wohlstand zu teilen", so der Linken-Politiker. Migration sei Chance und Herausforderung zugleich, befand Atila Karabag. Die in Bayern geplanten "Ankerzentren" könnten aber nicht funktionieren. Der gebürtige Forchheimer mit türkischen Wurzeln sei selbst ein Beispiel für positive Integration - dafür brauche es "Arbeit und Sprache". "An der Arbeit da hapert's. Denn die Firmen brauchen Rechtsicherheit und wir einen Spurwechsel für Flüchtlinge", plädierte Karabag.

Staatsregierung unter Beschuss

Zündstoff bot die Wohnungsnot in Bayern, bei dem sich vor allem der CSU-Abgeordnete Hofmann verteidigen musste. So verurteilte sein Landtagskollege Thorsten Glauber die Wohnungsbaupolitik der Vergangenheit, in der "die Regierung die Bauindustrie geschliffen" habe. Karabag pflichtete ihm bei, die Wohnungsnot resultiere aus der Untätigkeit der Staatsregierung. Der Sozialdemokrat forderte ein Wohnungsbauförderungsgesetz, um Besserung zu schaffen. Auch der Linken-Politiker Pätzke sieht dies vor allem als Aufgabe des Staates und ätzte gegen Investmentfonds und "Profitjongleure" auf dem Wohnmarkt.

Konträr dazu warb Sebastian Körber für privaten Wohnungsbau, der gefördert und durch weniger Auflagen erleichtert werden müsse. Ähnlich argumentierte Pflaum, der explizit die Energieeinsparverordnung kritisierte und sich für Steuererleichterungen aussprach.

Hofmann beharrte, dass die CSU-Regierung keine Fehler gemacht habe - worauf ein Teil des Publikums mit hämischem Lachen antwortete. Er verwies auf Millionen-Euro-Programme, unter anderem auf die heuer verabschiedete Eigenheimzulage und das Baukindergeld.

Huber plädierte zwar für mehr sozialen Wohnungsbau, warnte aber vor weiterem Flächenfraß in Bayern. Er stellte eine konkrete Idee für den Forchheimer Süden in den Raum: Auf den Läden und Geschäften im Industriegebiet könnten doch Wohnungen aufgestockt werden

Was soll Bildung kosten?

Beim letzten Schwerpunkt-Thema Familienpolitik machte sich Thorsten Glauber für kostenfreie Kitas stark, was auch Karabag, Huber, Pätzke und Körber grundsätzlich unterstützten. Ihr Tenor: Die Vereinbarkeit von Beruf und Kind müsse durch bessere Angebote gestärkt werden.

Michael Hofmann hielt bei den kostenlosen Kitas dagegen, dass dadurch die Qualität der frühkindlichen Betreuung schlechter werde. Zudem betonte er, dass die enormen Kosten selbstverständlich durch Steuermittel finanziert werden müssten.

Für Bildung müsse der Freistaat generell mehr Geld ausgegeben werden, forderten die Kandidaten der SPD, Grünen und Linken. Während die drei zudem Ganztagesschulen in Bayern ausbauen möchten, um die Chancengleichheit in der Gesellschaft zu verbessern, warnte AfD-Politiker Pflaum im krassen Gegensatz dazu: Die Ganztagesbetreuung habe "einen Gesellschaftsabriss zur Folge", da gerade Eltern und Großeltern den Kindern Werte vermitteln.

Nach zwei Stunden FT-Podiumsdiskussion konnten die beiden Moderatoren die sieben Forchheimer Kandidaten aus der "Arena" in der Herder-Aula entlassen. Neben den drei großen Schwerpunkt-Themen sorgten auch die Publikumsfragen zum Internet-Ausbau und dem ÖPNV für Gesprächsstoff - aber ebenso für Ernüchterung.