Landkreisbürger beeindrucken durch Hilfsbereitschaft
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Dienstag, 04. November 2014
Wöchentlich kommen 15 neue Flüchtlinge. Im Dezember werden es 410 Menschen sein, die im Landkreis Forchheim Schutz suchen. Die meisten Kreispolitiker sind entschlossen, die Not der Asylbewerber als Chance zu begreifen.
Vorbildlich meistert der Landkreis Forchheim den Umgang mit derzeit 352 Flüchtlingen. "Wir brauchen keine Turnhallen, keine Zelte und keine Container", sagte Landrat Hermann Ulm (CSU) am Montag im Kreistag. Die reibungslose dezentrale Unterbringung sei dank dem "sehr hohen Maß an Hilfsbereitschaft im Landkreis Forchheim" möglich. "Es ist eine Besonderheit, wie Privatpersonen, Institutionen und Kirchen Mitverantwortung zeigen. Das verdient höchste Anerkennung", lobte Ulm.
Mittlerweile ist am Landratsamt eine Projektgruppe aktiv, weil das Sozialamt "die Aufgaben alleine nicht mehr bewältigen kann", wie Frithjof Dier (Fachbereichsleiter für Kommunale und Soziale Aufgaben) den Kreisräten verdeutlichte.
Die Not der Flüchtlinge dürfte auch personelle Konsequenzen haben. Zum einen im Landratsamt, wo es wahrscheinlich einen "zentralen Ansprechpartner" für das Asyl-Thema geben wird, kündigte Frithjof Dier an.
Daher warf Karl Waldmann (Grüne) schon mal einen vorausschauenden Blick auf die Etatberatungen: "Wir müssen mehr Mittel für die Asyl-Sozialarbeit bereitstellen." Lisa Badum (Grüne) interpretierte die "vielen positiven Signale" der Kreisräte dahingehend, dass sich niemand gegen eine höhere Unterstützung der Caritas aussprechen werde.
Die Freien Wähler hatten einen Bericht zum Thema Asyl gefordert. Frithjof Dier erinnerte daran, dass der Stand der Dinge "stark vom Tagesgeschäft geprägt" sei. "Das Zuweisungsprocedere hat sehr geringe Vorlaufzeiten." Das heißt, der Landkreis werde immer erst wenige Tage vor der Ankunft neuer Flüchtlinge informiert.
Die aktuellen Zahlen vom Montag beruhen auf dem Stand von Ende Oktober. Demnach kommen die meisten Flüchtlinge im Landkreis aus Afrika (60), aus arabischen Ländern (46) und aus dem ehemaligen Jugoslawien (48). Aber auch aus Osteuropa (35) und aus russischen Gebieten (23) erreichen viele Schutzsuchende den Landkreis.
Insgesamt etwa 410 werden es im Dezember sein, schätzt Frithjof Dier, denn wöchentlich würden ja 15 neue Bewerber aufgenommen. Bisher sind unter den Asylsuchenden nur zwei "unbegleitete Minderjährige". Deren Betreuung, sagt der Fachbereichsleiter für Kommunale Aufgaben, bedürfe besonderer Zuwendung. "Sie müssen vom Jugendamt 24 Stunden betreut werden."
Gerüchte
Immer wieder ranken sich Gerüchte um die Zuwendungen an die Asylsuchenden und um die Kriminalitätsrate in den Asyl-Unterkünften. Diesen Gerüchten traten Hermann Ulm und Frithjof Dier entschieden entgegen. Der Landrat sprach im Gegenteil von der "Chance", die darin bestehe, "Menschen im Land aufnehmen zu können, die uns auch demografisch, wirtschaftlich und kulturell bereichern". Und Dier benannte nüchtern die Leistungen für die Flüchtlinge: Kleidung, Nahrung und Unterstützung im Wert von 330 Euro pro Monat; zusätzlich die Unterkunft. Kinder hätten Anspruch auf das Bildungspakt wie jedes deutsche Kind. Psychologische Betreuung sei, trotz der häufigen Traumatisierung der Flüchtlinge, "nicht automatisch gegeben", erläuterte Dier.
Was die angebliche Kriminalität betreffe, sei das häufigste Vergehen der unerlaubte Aufenthalt anderer Asylbewerber in den Unterkünften. "Diese Fälle werden wegen Hausfriedensbruch angezeigt", sagte Dier.
Abgesehen von der Stimme eines Republikaners, der die Lage der Flüchtlinge ideologisch auszuschlachten versuchte, war die Stimmung im Kreistag von Zuversicht geprägt: "Wir sind dankbar, dass wir im Landkreis keinen Unterbringungsnotstand haben", sagte Edwin Dippacher, der Fraktionssprecher der CSU. Allen Asyl-Skeptikern riet er, sich mit der "Welcome Stiftung zur Unterstützung von Flüchtlingen in Stadt und Landkreis Forchheim" zu beschäftigen. "Beeindruckend" nannte Dippacher diese Initiative.
Auch Reiner Büttner (SPD) und Karl Waldmann (Grüne) sahen in der Stiftung eine Gelegenheit, sich ein berührendes Bild von der Lage und den Beweggründen der Flüchtlinge zu machen.