Kreis Forchheim: Können Radarwellen Fledermäuse vor Windrädern retten?
Autor: Pauline Lindner
Hallerndorf, Dienstag, 21. Juli 2020
Dass Vögel und Fledermäuse durch Windräder zu Tode kommen, ist ein Vorwurf gegen diese Form der Energiegewinnung. An der Aisch in Hallerndorf testet ein Forscherteam Hochfrequenztechnik, um eventuell Windkraftanlagen rechtzeitig zu stoppen.
An Windrädern befinden sich Radarsender. Ihre Aufgabe ist, Vibrationen und Ausschläge zu messen, die auf Abnutzung hinweisen könnten. Vor einer bekannten Fledermaushöhle in Texas wurde das Ausfliegen der Tiere mit Radar beobachtet. Das sind zwei Einsatzbereiche der Hochfrequenztechnik, die ein interdisziplinäres Forscherteam an den fledermausreichen Uferabschnitt der Aisch in Hallerndorf geführt haben.
In den Abendstunden bauen die Wissenschaftler und ihre Helfer die nötigen Gerätschaften auf. Da ist zum einen ein Radersender, der mit der Frequenz von 122 Gigahertz arbeitet. Er hat kürzere Wellen als die Geräte, die für Vogelbeobachtung im Einsatz sind. Zum Vergleich, in welchem Bereich Radar arbeitet: Mobiltelefone senden mit Frequenzen um ein Gigahertz, WLAN läuft mit 2,5 Gigahertz.
Zum anderen werden haarfeine Netze über den Fluss gespannt. Wo sie platziert werden, bestimmt nicht zuletzt Christian Strätz, der mit einem sogenannten Batcorder die charakteristischen Ultraschallsignale der einzelnen Fledermausarten auffängt. Ganz manuell holen die Biologen und Fledermausfreunde um Corinna von Helversen und Johannes Mohr die Winzlinge mit weniger als zehn Gramm Gewicht aus den Netzen, um sie zu bestimmen und zu vermessen. Die statistische Erfassung bietet Erkenntnisse über die Populationen und ihre Lebensumstände. Zugleich sind die dann wieder freigelassenen Tiere die Messobjekte für den potenziellen Radareinsatz.
Lehrstuhl für technische Elektronik
Niklas Duda ist am Lehrstuhl für technische Elektronik der Erlanger Universität tätig; er befasst sich schon seit Jahren mit Trackingsensoren, mit denen sich die Lebensweise von Fledermäusen verfolgen lässt. Nun ging es um Voruntersuchungen, inwieweit Radar geeignet ist, Fledermausflugbewegungen abzubilden. Im Hintergrund denken er und seine Mitstreiter an eine Einsatzmöglichkeit von Radarwellen, um Windkraftanlagen zu stoppen, wenn sich Fledermäuse nähern. Die nächtlichen Flieger erkennen zwar durch ihre Ultraschalllaute ein Hindernis und weichen so den Rotorblättern aus. Nicht wahrnehmen können sie aber die dahinter entstehenden Unterdruckfahnen. Geraten sie dort hinein, wird die Lunge der Leichtgewichte zerstört.
Todesrate an Rotoren
Dass Vögel und Fledermäuse durch Windräder zu Tode kommen, ist ein Vorwurf gegen diese Form der Energiegewinnung. Die Todesrate soll bei Erfolg der Forschungsarbeiten minimiert werden.
Dudas Mitstreiter sind Simon Ripperger, der einen Lehrauftrag an der Ohio-State-University hat, und Ahana Fernandez, die sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Naturkundemuseum Berlin um akustische Möglichkeiten kümmert, um Fledermausarten zu erkennen. Das gemeinsame Interesse, neue Technologien für Tierbeobachtung zu entwickeln, verbindet die drei mit Alexander Kölpin, der den Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik an der Technischen Universität Hamburg innehat.