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Kreis Forchheim: Büchereien reagieren auf verordnete Schließung


Autor: Petra Malbrich

Neunkirchen am Brand, Montag, 07. Dezember 2020

Dass die Büchereien geschlossen werden mussten, traf viele unerwartet. In Neunkirchen am Brand wurde nun aber wieder ein Abholdienst eingerichtet. Gewinner in der Corona-Pandemie ist die Ausleihe von elektronischen Medien.
Die Leiterin Gabriele Bail musste die Bücherei schließen. Foto: privat


Fast jede Woche leiht sich Jonas Bücher in der Neunkirchener Bücherei aus. Noch lieber deckt er sich regelmäßig mit Spielen und CDs ein. Vor allem die Detektivgeschichten hört er sich gerne an. Zugute käme ihm hier sein Hauptgewinn beim Antolin-Wettbewerb (Leseförderungsprogramm), eine Jahresmitgliedschaft in der Bücherei in Neunkirchen am Brand. Doch die Büchereien sind erneut vom Lockdown betroffen und mussten die Türen schließen. In der Bücherei in Neunkirchen am Brand war der Tag, an dem die Schließung der Büchereien verkündet wurde, der letzte Tag vor einer EDV-Umstellung. Drei Stunden blieben Gabriele Bail und ihrem Team Zeit, die Schließung über die sozialen Medien bekannt zu machen, damit sich die Lesefreunde mit der Aufforderung "bitte hamstern" für eine unbekannte Anzahl von Wochen mit Medien eindecken konnten - mit Erfolg. "In den dreieinhalb Stunden haben wir 1500 Medien verliehen. Am Freitag, als planmäßig nach den geltenden Vorschriften noch die Schulklassen einzeln kamen, wurden nochmals 700 Bücher ausgeliehen", erzählt Gabriele Bail, die Leiterin der Neunkirchener Bücherei. Dann blieb ihr nichts anderes, als die Bürger abzuweisen und vor der Tür stehen zu lassen.

Unverständnis über Schließung

Diese Schließung stößt bei Bail auf Unverständnis. "Andere Geschäfte haben doch auch geöffnet", gibt Bail die Meinung von Kunden wieder. Büchereien seien ein sozialer Treffpunkt und könnten somit ein Hotspot werden, lautete die Begründung der Regierung. Das mit dem Treffpunkt stimme, meint Gabi Bail, doch sie und ihre Mitarbeiterinnen hätten in Corona-Zeiten bereits alles getan, damit es ungemütlich werde und keiner verweilen möchte. "Sitzgelegenheiten wurden entfernt, die Spielecken längst gesperrt. Dabei wären geöffnete Büchereien gerade jetzt wichtig", findet Bail, "die Kinder haben drei Wochen Weihnachtsferien. Gerade jetzt haben sie Zeit, Hörbücher oder Musik zu hören und zu lesen. Ein besonderer Renner sind die ,Tonies' für die kleinen Kinder. Wenn man sich das alles kaufen müsste, wäre das viel Geld. Ein Bilderbuch kostet im Schnitt 13 Euro, die ,Tonies' ebenfalls."

An ältere Menschen denken

Auch an die vielen älteren Menschen, die keinen Partner mehr haben und alleine zu Hause sitzen und darunter leiden, denkt die Bücherei-Leiterin. Ein Buch sei gerade für diese Menschen eine willkommene Abwechslung. Jonas tröstet sich damit, noch ein paar Fünf-Freunde-Geschichten zu haben. Die Mutter Brigitte wird ihren beiden Kindern Jonas und Alina abends weiterhin Geschichten vorlesen. Das gehöre zum Ritual. "Wenn wenigstens wieder ein Abholdienst möglich wäre", sagt Brigitte Tschäche. Die Leser konnten bislang ihre Ausleihwünsche per E-Mail oder Telefon nennen, und das Bücherei-Team verpackte die gewünschte Ausleihe in einer Tasche, die in einem Vorraum ins Regal gelegt wurde. Auf der anderen Seite des Raums konnten die zurückgegebenen Bücher abgelegt werden. Das funktionierte gut, und alle Medien wurden von den Mitarbeitern sofort desinfiziert und gereinigt. Gabriele Bail hoffte auf den Büchereiverband. Dieser wollte sich dafür einsetzen, dass wieder ein Abholdienst möglich ist - mit Erfolg. "Gerade kam die Mitteilung, dass Bücher wieder abgeholt werden dürfen", freut sich Bail. In Neunkirchen wird das in bewährter Weise wie bei den Lockerungen nach dem ersten Lockdown im Frühjahr möglich sein.

Die Ausleihzahlen

Trotz dieses Entgegenkommens können die Ausleihzahlen in diesem Jahr nicht mit den Vorjahren mithalten. "Sonst hatten wir 360 Besucher pro Woche, heuer sind es deutlich weniger", sagt Bail. Nur die E-Medien-Ausleihe sei gestiegen. "Letztes Jahr wurden über 5000 E-Books ausgeliehen, heuer sind wir jetzt schon bei 7500 Ausleihen", informiert die Leiterin. E-Books können unabhängig von Öffnungszeiten ausgeliehen werden. "Aber ein Buch in der Hand ist schon etwas anderes", meint Bail. Das finden auch Alina und Jonas, die sich bei dem abendlichen Vorleseritual gerne zur Mutter setzen und ins Buch schauen. Sie freuen sich, jetzt wieder Medien ausleihen zu dürfen - in einer Tüte bereitgestellt im Vorraum der Bücherei.