Biber-Dilemma in Franken: Bedrohte Tiere bedrohen ICE-Verkehr
Autor: Dagmar Niemann
Poxdorf, Mittwoch, 18. Dezember 2019
Poxdorf in Mittelfranken hat ein Biber-Dilemma. Die Tiere sind geschützt. Doch das Aufstauen des Kreuzbachs durch ihre Dämme könnte das ICE-Gleis der Bahnstrecke Nürnberg - Bamberg gefährden.
ICE-Strecke München-Berlin durch Biber bedroht - Dämme können Zugverkehr lahmlegen: Die Biber dringen in das Wohngebiet von Poxdorf vor. Diese Mitteilung des Bürgermeisters rief bei Räten und Zuhörern Schmunzeln hervor. In einem ausführlichen Bericht fasste Paul Steins (CSU) dann zusammen, was er seit 2014 in der "Sache mit den Bibern" erlebt habe und wie er weiter vorzugehen gedenke. Der Biber droht die ICE-Strecke München-Berlin lahmzulegen.
Biber sind kluge, nachtaktive Nagetiere, die im 19. Jahrhundert fast ausgerottet worden sind. Dank intensiver Schutzmaßnahmen ist es inzwischen gelungen, ihre Population wieder zu erhöhen. In den Landkreisen achten die Umweltbehörden darauf, dass das geschützte Tier nicht erlegt wird und seiner die Landschaft gestaltenden Tätigkeit unbeeinträchtigt nachgehen kann.
Biber geraten mit Menschen in Konflikt
Biber bauen Burgen und Dämme, fällen Bäume und stauen Bäche auf. Dadurch schaffen sie für viele Pflanzen und Tiere einen geeigneten Lebensraum, geraten aber auch mit den Menschen in Konflikt, da sie Überschwemmungen, Straßenunterspülungen und Schwachstellen in Hochwasserschutzdeichen verursachen können.
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Der Poxdorfer Bürgermeister kann davon ein Lied singen. Seit seinem Amtsantritt 2014 halten ihn die Biber in Trab. Inzwischen sei er, wie er selbst sagt, eine Art Biberspezialist geworden. Er betont, dass er nichts gegen die erfindungsreichen Tiere habe. Aber er wolle verhindern, dass sie in seiner Gemeinde Schaden anrichten.
Von der Regnitz in den Kreuzbach
Die Biber im Poxdorfer Kreuzbach sind aus der Regnitz zugewandert. Den Durchlass unter dem Bahndamm nutzend, arbeiten sie sich mit der Zeit immer näher an das Wohngebiet heran. Sie bewegen sich bachaufwärts, ganz entgegen ihrer sonst von den Naturschützern beobachteten Gewohnheit. Da sie - Greifvögel und wildernde Hunde ausgenommen - keine natürlichen Feinde mehr haben, vermehren sie sich stark. Im Kreuzbach bauen sie emsig immer neue Dämme; zuletzt waren es auf Poxdorfer Flur elf Stück. Nachdem diese Mitte Oktober in viertägiger Arbeit und unter Einsatz eines gemieteten großen Baggers wieder einmal vom Bauhof der Gemeinde entfernt worden waren, musste Paul Steins am 1. Dezember feststellen, dass alle Dämme wieder neu errichtet worden waren. Zwar sagt der zuständige Biberbeauftragte der Unteren Naturschutzbehörde in Forchheim, Biber hätten in der Wohnbebauung nichts zu suchen, doch der Besitzer einer Baumschule im Aibweg stellte kürzlich fest, dass den Bibern seine jungen Bäumchen sehr gut munden; eine große Anzahl war angeknabbert oder durchgebissen worden. Der Baumschulbesitzer kann den Schaden anmelden und Entschädigung erwarten.
Biber-Dämme bedrohen ICE-Strecke
Die Gemeinde dagegen ist verpflichtet, die Biberdämme wegzuräumen; sie muss dafür pro Jahr circa 10.000 Euro berappen. Sie muss das tun, um zu verhindern, dass ein Aufstauen des Kreuzbachs unter Umständen das ICE-Gleis der Bahnstrecke Nürnberg - Bamberg gefährden könnte. Das war im März 2019 geschehen, als ein Biberdamm den Durchlass unter dem Bahndamm verstopfte, Signalleitungen abgerissen in der Luft hingen und der Bahnverkehr vorübergehend gestoppt werden musste. Ein Ausweg aus dem Biber-Dilemma ist vorerst nicht in Sicht; der Biberbeauftragte sagt, man müsse die Tiere weiter beobachten.
Nicht nur die Probleme mit den Bibern im Kreuzbach, sondern auch die Brandschutzsanierung der Schule waren die Themen, die die Gemeinderäte von Poxdorf in der letzten Sitzung des Jahres beschäftigt haben.