Konsum von Kräutermischungen in Forchheim nimmt zu
Autor: Peter Groscurth
LKR Forchheim, Montag, 26. Januar 2015
Hat der Landkreis Forchheim ein Problem mit den sogenannten Kräutermischungen? Fakt ist: In nur kurzer Zeit gab es zwei schwerwiegende Vorfälle, bei denen Menschen zuvor solche Mixturen geraucht hatten.
Zum einen sprang ein 24-Jähriger wohl unter der Wirkung von Kräutermischungen in die Wiesent, wo er von Oberbürgermeister Franz Stumpf (WUO/CSU) gerettet wurde, und zum anderen krachte ein mutmaßlich bekiffter Lkw-Fahrer (27) aus dem Raum Ebermannstadt mit seinem Laster in eine Tankstelle an der A 3.
Auch er hatte mit seiner Ehefrau (33) laut Ermittlungen der Polizei eine solche Mischung geraucht. Wie gefährlich sind aber solche "legal Highs", wie sie im Internet bezeichnet werden? Dr. Christiane Fleischmann, Leiterin des Gesundheitsamtes Forchheim, erklärt: "Das Hauptproblem ist, dass solche Mittel oft als Badezusätze, Duftkissen oder Lufterfrischer angeboten werden. Sie sind daher frei verkäuflich.
Das aber täuscht darüber hinweg, dass darin verbotene Wirkstoffe wie künstliches Haschisch enthalten sind."
Die Medizinerin warnt, dass Nebenwirkungen wie Angstzustände, Kopfschmerzen, ja sogar Kreislaufkollaps oder Psychosen bei Gewohnheits-Konsum auftreten können.
Leicht übers Internet
Selbst in der Forchheimer Innenstadt, in der Burgerhofstraße, gab es ein Geschäft, in dem Kräutermischungen gekauft werden konnten. Mittlerweile aber ist der Laden dicht. Damit ist das Problem aber nicht verschwunden. Denn nur allzu leicht können Kräutermischungen übers Internet bestellt werden.
Ein Anbieter etwa bietet auf seiner Homepage unter dem dreisten Slogan "Kommt mit uns auf eine chillige Reise" verschiedene Mischungen an - drei Gramm zum Preis von circa 15 bis 34 Euro. Bezahlt wird per Kredit- oder EC-Karte - ja sogar Nachnahme und Banküberweisung ist möglich.
Die Produzenten haben keinerlei Hemmungen, ihre gefährlichen Produkte zu verkaufen. Frech schreiben sie: "Unsere legalen Räuchermischungen entführen jeden Konsumenten. Ein echter Kassenschlager ist unsere Mischung Couch Trip, die von vielen Kunden extrem gelobt wird. Diese Räuchermischung kommt bei unseren Kunden richtig an, es fühlt sich beinahe an, als würde man auf Wolken schweben."
Angst vor der Polizei? Fehlanzeige! Die Hersteller der Kräutermixturen (mit Firmensitz in Prag/Tschechien) behaupten: "Alle unsere Produkte, die wir anbieten, sind hundertprozentig legal und fallen in Deutschland nicht unter das BtMG (Betäubungsmittelgesetz; Anm. d. Red.). Dies ist uns sehr wichtig, da wir unsere Kunden schützen wollen und vor Ärger bewahren möchten. Wir haben einen Rechtsanwalt, der uns über mögliche Gesetzesänderungen und Stofflisten immer auf dem aktuellen Stand hält."
Bestellungen werden übers Internet gemacht - nicht einmal eine Anmeldung ist dafür notwendig. Die Ware wird schließlich zugesandt, laut Homepage erledigt das die Post-Tochter DHL.
Hergestellt in Betonmischern
Die Leiterin des Forchheimer Gesundheitsamtes warnt eindringlich vor diesen Präparaten: "Die Wirkung ist unberechenbar. Häufig werden diese Produkte sogar primitiv in Betonmischern hergestellt und zwar von gewinngierigen Geschäftemachern, die gar nicht wissen, was genau sie da alles zusammenrühren."
Laut Christiane Fleischmann nimmt die Zahl der Menschen in und um Forchheim, die solche Produkte rauchen, weiter zu. Und die Rechtslage? Sind diese Kräutermischungen Drogen und damit illegal? Nicht immer, denn: 32 neue psychoaktive Substanzen, sogenannte "Legal Highs", wurden in einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes verboten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Kräutermischungen oder Badesalze, die als Drogen missbraucht werden.
Der Bundestag stimmte Ende 2014 einer entsprechenden Verordnung zu. Problem: Ändern die Produzenten nur geringfügig einzelne Bestandteile, dürfen sie ihre Produkte ohne Probleme weiter anbieten - das zumindest urteilte der Europäische Gerichtshof im Sommer vergangenen Jahres.
Genau derartige strafrechtliche Widersprüche erschweren die Arbeit der Ermittler vor Ort oder machen sie ganz und gar zunichte. Wie etwa bei dem Lasterunfall auf der Autobahn 3 durch den Lkw-Fahrer aus dem Raum Ebermannstadt. Laut Informationen dieser Zeitung ordnete der zuständige Staatsanwalt keine Wohnungsdurchsuchung an. Grund: Der Aufwand dafür wäre einfach nur zu groß in Anbetracht der geringen Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Fund von illegalen Drogen käme.
Vor allem junge Menschen zwischen 16 und 20 Jahren konsumieren nach Angaben der oberfränkischen Polizei die gefährlichen Kräutermischungen. Mit Suchtpräventionsveranstaltungen an Schulen versuchen Beamte auf die Gefahr, die von den Kräutermischungen ausgeht, hinzuweisen.