Kellerwald-Eröffnung Forchheim: Start frei für Seidla unter Bäumen
Autor: Andreas Schmitt
Forchheim, Mittwoch, 19. April 2017
Mit der Kellerwald-Eröffnung beginnt Forchheims fünfte Jahreszeit. Die Geschäftsmodelle der 23 Keller unterscheiden sich dabei teilweise stark.
Erst zapfen sie auf dem Neder-Keller symbolisch das erste Fass der Freiluftsaison an, dann führen Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD), Bürgermeister Franz Streit (CSU) und die Forchheimer Bierköniginnen am Samstag den Umzug durch den Kellerwald an. Auf ihrer Tour von den Oberen Kellern ins Tal marschieren sie durch die von mächtigen Baumkronen überwachsenen Gassen und vorbei an den urigen Biergärten. Und gleichzeitig unternehmen sie eine Reise durch die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Kellerbetreiber.
"Grobe Orientierung bietet die Ein-Drittel-Regel", sagt Kellerwald-Kenner Ulrich Raab, der aus Liebe zum Annafest und dessen Festgelände den Slogan "Alladooch Annafest" ins Leben gerufen hat. "Ein Drittel der Keller hat ganzjährig geöffnet, ein weiteres Drittel in den Sommermonaten und ein Drittel nur zum Annafest."
Hütten und Personal Faktoren
Eine Faustregel, die im Jahr 2017 zwar nicht ganz stimmt, aber gut den unterschiedlichen Charakter der Keller beschreibt, deren unterirdische Stollen einst zur Kühlung des Biers und anderer Lebensmittel dienten. Denn während einige eine winterfeste Gasthütte haben, sind andere nur für den Sommer geeignet. Doch neben den baulichen Begebenheiten gibt es viele weitere Gründe, warum nicht jeder Biergarten zur Kellerwald-Eröffnung auch geöffnet hat. "Forchheim ist keine Studentenstadt. Wir haben große Probleme, Personal zu finden", sagt zum Beispiel Christoph Kauer, der gleich fünf Keller betreibt, die meisten aber nur zum Annafest öffnet. "Wir würden gerne öfter aufmachen, haben aber nicht genug Leute", sagt Kauer, der in Forchheim auch das "Stadtlockal" betreibt.
Susanne Cejpek nennt hingegen einen anderen Grund, warum sie den Stäffala-Keller erst am 29. April öffnet. "Uns hat die Wettervorhersage abgeschreckt." Und dass der Schützen- und der Winterbauer-Keller geschlossen bleiben, sind wieder ganz andere Geschichten. Für die beiden Gaststätten wird derzeit ein neuer Betreiber gesucht.
Komplizierte Erbpacht
"Mich würde es freuen, wenn viele Keller ganzjährig oder wenigstens die kompletten Sommermonate über auf hätten", sagt Franz Streit. Der Bürgermeister findet es nicht gut, wenn die Wirte oft wechseln. Gleichzeitig weiß er aber auch, dass sie es nicht immer leicht haben. Denn auf dem Kellerwald gibt es viele Interessen. Das Gelände an sich gehört der Stadt, die auch die Bäume und Wege pflegt. Viele Keller sind aber seit Jahrhunderten per Erbpachtvertrag an bestimmte Familien - oft Brauereien - gebunden. Und diese verpachten die Gebäude dann an die Wirte weiter. "Im Kellerwald ist es einfach wunderschön, aber manchmal ist die Wertschöpfungskette etwas lang", sagt Franz Streit. Und manche Wirte entscheiden sich dann dazu, nur an der aus ihrer Sicht sicheren Einnahmequelle Annafest zu öffnen. Streit aber glaubt, dass sich auch der sonstige Betrieb rentieren würde. "Je mehr Keller generell öffnen, desto mehr Besucher werden kommen. Das spricht sich herum."
Den Kellerwald ganzjährig zu etablieren, ist auch das Ziel von Viktor Naumann und Nico Cieslar. "Das wird auch Eingang in das gesamtheitliche Tourismuskonzept der Stadt finden", sagt Naumann, Leiter des Referats Wirtschaft und Stadtmarketing. Und Cieslar ergänzt: "Acht ganzjährig und 15 im Sommer geöffnete Keller wären gut."
Viele Aktionen der Stadt
Um die Attraktivität des Kellerwalds als Ganzjahresziel zu steigern, hat die Stadt viele Aktionen ins Leben gerufen. Zum Beispiel werden die winterfesten Hütten als Start- und Zielort für Wanderer beworben. Außerdem werden kulinarische Bierverkostungen und Bierkellerführungen angeboten, wofür drei historische Stollen für etwa 100 000 Euro restauriert wurden. "Wirte, die Ideen haben, stoßen bei uns immer auf ein offenes Ohr", sagt Cieslar, der Pächterwechsel nicht nur negativ, sondern auch als Chance sieht."Ich musste es einfach versuchen, meine Kochkünste auszuleben", sagt etwa Marco Maier, der den Hofmanns-Keller am Samstag erstmals als Besitzer öffnet. Doch nicht nur das. Er wohnt auch dort. So wie Jürgen Friedrich, der nebenan mit dem Weiss-Tauben-Keller in seine zweite Saison geht. "Beim Annafest mittendrin, sonst so schön ruhig", sagt Friedrich. Und "King Alladooch" Ulrich Raab ergänzt: "Der Kellerwald ist einfach Kult. Hier findet jeder seine Nische."
Eröffnung der Freiluft-Saison am 22. und 23. April
Samstag
16 Uhr, Neder-Keller: Fassanstich - danach Umzug.
18.30 Uhr, Hofmanns-Keller: Kulinarische Bierverkostung - Anmeldung Tourist-Info.
Sonntag
10 Uhr, Schützenhaus: Jedermann-Probeschießen im Schützenhaus.
16 Uhr, Treffpunkt Stand Hobbybrauer: kostenlose Bierkellerführung.
Gegrilltes Rappen-Keller: Hähnchen (ab 11 Uhr), Weiß-Tauben-Keller: Makrelen (ab 12 Uhr), Eichhorn-Keller: Spanferkel (ab 16 Uhr).
Aktionen Schaubrauen; Stockbrot; Bierkutsche; Brandmaltechnik, Schiffschaukel, Eis- und Süßigkeiten; Bierkastenklettern. asch