Druckartikel: Keine Medizin gegen den Apothekentod

Keine Medizin gegen den Apothekentod


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Dienstag, 15. Dezember 2015

Über 100 Jahre gibt es die St. Anna-Apotheke, jetzt macht sie zu. "Für mich rechnet es sich nicht mehr", sagt Inhaberin Bettina Liebisch. Kollege Reinhardt Bienzeisler spricht von einem "kleinen Apothekensterben" in Forchheim.
Am Silvester-Tag wird Bettina Liebisch zum letzten Mal in ihrem Laden in der Klosterstraße 2 stehen. Foto: Ekkehard Roepert


Das Jahr 2011 war ein Wendepunkt für kleine Apotheken, erinnert sich Bettina Liebisch. Seit 15 Jahren ist sie Inhaberin der St. Anna Apotheke und beschäftigt drei Angestellte. Mit der "einschneidenden Reform" vor fünf Jahren sei es eng geworden: "Die Einkaufsmöglichkeiten für Apotheken wurden begrenzt, die Rabatte wurden gedeckelt. Das war das Todesurteil für kleine Apotheken. Für mich rechnet es sich nicht mehr."


Pech mit der Lage

Wobei die 49-jährige Apothekerin auch sagt, dass ein lohnendes Geschäft in dieser Branche von vielen Faktoren abhänge. Entscheidend sei die Frequenz der Laufkundschaft und die Zahl der niedergelassenen Ärzte in der Nähe des Geschäfts.

Was die Lage betrifft, hatte Bettina Liebisch in den vergangenen Jahren Pech: Große Baustellen am Paradeplatz und die Schließung der Klosterstraße schnitten lange die Laufwege ihrer Kunden ab.

Bitter ist die Geschäftsaufgabe für Bettina Liebisch auch deshalb, weil sie sich vor 15 Jahren mit einem sechsstelligen Betrag in die Apotheke einkaufte. "Dafür bekomme ich jetzt nichts mehr, ich kann die Apotheke verschenken."

Von einem "kleinen Apothekensterben" spricht der Apotheker Reinhardt Bienzeisler: "Auf dem Land sowieso, aber auch in Forchheim selbst." Nach der Heinrichs-, der Katharinenspital und der Bahnhofsapotheke sei die St. Anna Apotheke die vierte, die innerhalb von sechs Jahren aufhören müsse.

Bienzeisler ist Inhaber der St.Martins Apotheke und der Apotheke im Hornschuchpark. Seit 39 Jahren ist er im Geschäft. Und das sei härter geworden: "Die Bedrängnis kommt durch das, was die Regierung macht", sagt Bienzeisler und kritisiert beispielsweise die Rabatte, die den Krankenkassen zugeschoben würden.


Rabatte, aber nur für die Kassen

Zu viel werde einem "übergestülpt", ärgert sich Bettina Liebisch - "und man hat keine Möglichkeiten zu reagieren". Beispielsweise sei der Beratungsaufwand gestiegen, weil die Kassen Rabatt-Verträge mit den Herstellern abschließen: "Die Apotheker müssen dann herausfinden, welches Präparat sie abgeben dürfen."
Oder: Große Versandt-Apotheken agierten mit Sonderpreisen, die kleine Läden nicht eingeräumt bekommen. Oder: Drogeriemärkte böten Produkte an, die traditionell exklusiv als Randsortimente der Apotheken verkauft worden waren.


Silvester ist Schluss

Die Summe nachteiliger Faktoren haben Bettina Liebisch bewogen, einen Schlussstrich zu ziehen. "Silvester ist unser letzter Tag." Ein Kollege habe ihr gesagt, er habe "höchsten Respekt" vor der Entscheidung, am liebsten würde er auch aufhören.

Glücklicherweise seien Apotheker auf dem Markt gefragt, sagt Bettina Liebisch. Daher wird die 49-Jährige nun eine Beschäftigung als Angestellte suchen: "Ich werde fürs gleiche Geld weniger arbeiten."

Damit gibt es in Forchheim ab Januar nur noch zwölf Apotheken. Gute Geschäfte zu machen, das sei in dieser Branche "früher einfacher gewesen", sagt Reinhardt Bienzeisler, der seine Martins Apotheke 1976 gründete. Heute brauche man auch etwas Glück. Wenn plötzlich einige Ärzte in der Nähe des Geschäftes aufhören, sei das ein riesiger Nachteil. "Andererseits darf man sich nie nur auf die Ärzte verlassen", weiß der Martins-Apotheker: "Entscheidend ist, als Berater das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Und am Service zu arbeiten."
Beispielsweise hat Bienzeisler seine Apotheke am Hornschuchpark selbst am Samstag von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Daher empfindet er es auch als ärgerlich, wenn den Apothekern leicht verdiente Umsätze nachgesagt werden: "Apotheker-Preise, das ist Quatsch, so was gibt es lange nicht mehr".