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Kammerchor Chorioso brilliert in der Hausener Kirche St. Wolfgang


Autor: Pauline Lindner

Hausen, Montag, 19. November 2018

Der Kammerchor Chorioso brachte seine Zuhörer mit einer Bearbeitung der "Winterreise" in seinen Bann.
Der Kammerchor Chorioso sang in der Hausener Kirche St. Wolfgang eine Bearbeitung von Schuberts "Winterreise".  Fotos: Pauline Lindner


Wenn ein Komponist nach einem Konzert einem Chorleiter sein neuestes Werk in die Hand drückt, damit er es mit seinem Chor einstudiert, ist das unzweifelhaft eine hohe Wertschätzung. Der Komponist ist Heinrich Hartl und der Kammerchor heißt Chorioso. Den Chor leitet Christof Kilian Goger. Zu hören war die Uraufführung des Abendlieds op. 175 nach einer Textvorlage von Jochen Klepper in der Hausner St-Wolfgang-Kirche.

Eine tragische Familiengeschichte

"Das Behütetsein in Gott ist flüchtig", charakterisierte Hartl den Text des Theologen, den dieser 1938 verfasste, als die dunklen Schatten des NS-Regimes über seine Familie hereinbrachen. Klepper sollte sich von seiner jüdischen Frau trennen, weigerte sich aber. Nur einer Tochter konnte das Paar die Flucht ermöglichen. Als die Deportation der anderen unmittelbar bevorstand, begingen alle Familienmitglieder verzweifelt Selbstmord.

In seiner Vertonung, so war sich Hartl offenbar von Anfang an sicher, dürfe er die dunkle Seite des Lebens nicht ausklammern. "Das ist eine Herausforderung an die Sänger, an die Zuhörer und auch an mich", bekannte der Komponist am Ende des Vortrags. Diese schmerzliche Brüchigkeit darzustellen, ist ihm wie seinen Erstinterpreten gelungen.

Schuberts "Die Winterreise"

Schuberts Liederzyklus "Die Winterreise" - der erste Teil des Konzerts - klang "schauerlich". Bevor jemand etwas Falsches denkt, muss darauf hingewiesen werden, dass der Komponist selber so die Erstaufführung im Freundeskreis 1827 in Wien ankündigte. Als düster nahm sie Schuberts Freund Joseph von Spaun wahr. Die Lieder, von denen Schubert nach seinen eigenen Worten "sehr angegriffen" war.

Schubert hatte alle kompositorischen Möglichkeiten seiner Zeit ausgenutzt, um eine düstere, manchmal schier verzweifelte Stimmung zu erzeugen, und ganz bewusst positive Klangaspekte daruntergemischt, um die Melancholie zu verstärken. Gerade in den Harmonien der Klavierbegleitung hat Schubert dies zum Ausdruck gebracht.

Dies kommt umso stärker zum Tragen, als der Komponist Thomas Hanelt 2011 aus den Liedern Chorsätze schuf, baut doch seine Arbeit auf den vorgegebenen Akkorden und Tonfolgen auf.

Partien mit Tenor Martin Fösel

Ein weiteres Element der Verstärkung gab es in Hausen: Den Wechsel zwischen der Chorfassung mit den solistisch durch Martin Fösel vorgetragenen Partien. Die Klavierbegleitung lag in den Händen von Andreas Rüsing. Unwillkürlich verglich der Zuhörer am Ende des Konzerts seine Empfindungen beim Werk des frühen 19. Jahrhunderts mit dem Werk dieser Tage.

Liegt über dem ersten Werk eher eine düstere Melancholie, gerade in den naturbeschreibenden Teilen, ist das viel jüngere in weitaus stärkerem Maße durchsetzt von emotionalen Brüchen. Der Schlaf ist nicht mehr das erholsame Ende des Tages; die Schrecken, die Sorgen wirken nach. Verstärkt wurde dies noch durch die reduzierte Beleuchtung des Kirchenraumes.