Druckartikel: Jungfernkraniche geschlüpft - zoologische Rarität in Gräfenberg

Jungfernkraniche geschlüpft - zoologische Rarität in Gräfenberg


Autor: Petra Malbrich

Gräfenberg, Mittwoch, 06. Mai 2015

Im Privatgehege von Alfons Trautner sind junge Jungfernkraniche geschlüpft. Der seltene Nachwuchs lässt die Tiergärten aufhorchen. Denn selbst in Zoos sind Kraniche selten, da sie vom Aussterben bedroht sind und eine Zucht nicht einfach gelingt.
Die Jungfernkranch-Babys mit ihren Eltern am Futtertrog Foto: Alfons Trautner


Nach vier Jahren Pause sind im Privatgehege von Alfons Trautner in Gräfenberg wieder zwei Jungvögel geschlüpft. Die Jungfernkranicheltern ziehen ihre Kinder dort selbst auf, was ebenfalls ungewöhnlich ist. Die ersten Tiergärten meldeten schon Interesse.

Warnung heißt der tiefe Laut, den die Kranicheltern in Richtung Tür des Schutzraums ausstoßen. Die beiden Jungfernkraniche haben längst bemerkt, dass Alfons Trautner nicht alleine ist, als er eine Schale, gefüllt mit Mehlwürmern an die Treppe vor dem gemauerten Schutzhaus stellt. Zwischen dem hohen grünen Gras, in dem die Eltern nach Insekten suchen, tauchen immer wieder kleine gelb-braune flauschige Köpfchen unbekümmert auf. Die beiden Jungvögel trappeln ihren Eltern im hohen Grün hinterher.

"Komm, komm hier", lockt Alfons Trautner immer wieder beruhigend. Doch die Kraniche lassen sich nicht täuschen. Die Schüssel mit den Mehlwürmern bleibt unberührt. Mit ihrem vier Tage alten Nachwuchs verstecken sie sich im oberen Drittel des großen Freigeheges. Auch er will ihnen in diesen Tagen nicht zu nahe kommen. Die Wildvögel sind momentan sehr angriffslustig, weil sie ihren Nachwuchs verteidigen.

"Wir hoffen, dass sie ihre Jungen durchbringen", sagt das Ehepaar Trautner. Denn in den vergangenen Jahren ist der Nachwuchs ausgeblieben. Nach den erfolglosen Jahren dachte Trautner, dass die Tiere in dem Alter, immerhin sind sie schon 33 Jahre alt, keine befruchteten Eier mehr legen. Umso erfreuter war er, als aus den Eiern, die in dem unscheinbaren Nest lagen, die kleinen Jungvögel schlüpften und sofort zu laufen anfingen.
"Es sind Nestflüchter", erklärt Trautner. Diese Zugvögel müssen eigentlich in den Süden fliegen, deshalb wachsen sie so schnell.

Trautners Kranichelternpaar war ein Import aus Russland. Ein Liebhaber verkaufte die beiden Vögel. 15 verschiedene Kranicharten gibt es überhaupt. Außer die europäische Kranichart gelten nahezu alle anderen Kraniche als ausgestorben.

Seine Jungfernkraniche sind die kleinste Kranichart, die es vor 150 Jahren am Neusiedler See noch gab. Nun sind sie nur noch in der Ukraine und in Zentralasien anzutreffen. Auch dort immer seltener, durch die vom Menschen gemachte Lebensraumzerstörung, wie der Naturschützer und Vogelkundler Trautner weiß. Nachzuchten geschehen oft künstlich. Den Eltern werden die Eier weggenommen, um sie im Brutapparat zum Schlüpfen zu bringen. "Die Jungen sind dann meist fehlgeprägt, also auf den Menschen geprägt", erklärt der frühere Bankdirektor. Diese fehlgeprägten Kraniche werden von den Eltern nicht angenommen, die Eltern wissen nicht, dass es ihre Jungen sind und zur Zucht eignen sie sich auch nicht.

Bei Trautners werden die Eier von den Kranicheltern ausgebrütet. "Mit kleinen Steinen und Stöcken haben sie auf einer Steinplatte, am blanken Boden im Freien ein Nest gebaut, das als Nest nicht zu erkennen ist", beschreibt Alfons Trautner die Ansammlung von Naturmaterialen. "Jungfernkraniche sind eigentlich Steppenbewohner", fügt er erläuternd hinzu und versucht die Eltern mit einem "Komm hierher" zur Futterstelle zu locken. Alle drei Stunden geht er zum Kranichgehege mit einer Schüssel dieser Leckereien. "Sie finden nicht so viele Insekten, wie sie für ihre Jungen brauchen", sagt der Gräfenberger.

Viel Geduld muss man haben, um das Naturschauspiel aus der Ferne betrachten zu können. Wenn sich die Kraniche in Sicherheit fühlen, stelzen sie zur Schale, picken die Würmer heraus und geben sie ihrem Nachwuchs in den Schnabel. Aber die Kleinen lernen schnell und in einigen Tagen, wenn sie zwei bis drei Wochen alt sind, können sie die Mehlwürmer selbst aus der Schüssel fischen.

Derweil die Jungen unbedarft durchs hohe Gras stolpern, gehen bei Alfons Trautner schon die ersten Anfragen ein. Der Zoo in Landau in der Pfalz hat bereits Interesse bekundet, um künftig mit diesen seltenen Tiere die Besucher zu erfreue. Aber noch sind die Jungkraniche nicht soweit, sondern lauschen den Rufen der Eltern und vergnügen sich in ihrem sicheren Gehege.