Junge Gräfenbergerin zieht es zum Zirkus
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Freitag, 20. Sept. 2013
In Paraguay hat Rebekka Spiegel plötzlich erkannt, was sie mit ihrem Leben anstellen möchte: Akrobatik, Tanz und Theater. In den kommenden zwei Jahren besucht die Gräfenbergerin eine Zirkusschule in Frankreich.
Das verbinden die meisten Menschen mit einem Zirkus: ein großes Zelt, Akrobatik auf dem Seil und ein paar Dressurnummern mit Pferden und Löwen. Und auch Clowns dürfen natürlich nicht fehlen. Diese Vorstellung vom Zirkus hatte auch Rebekka Spiegel, als sie nach dem Abitur am Forchheimer Herder Gymnasium einfach so nach Paraguay flog. Rebecca wollte raus aus Deutschland. Am Flughafen in Nürnberg entschied sie sich für Paraguay. Spontan.
Im Bus lernte sie in dem südamerikanischen Land zwei Straßenmusikantinnen kennen, die ihr die Adresse einer Bekannten in der Hauptstadt Asunción gaben. Dort, in der Villa Kunterbunt - so nennt wie Rebekka das Haus nannte, weil Künstler jeden Raum in der WG mit einer anderen Farbe gestrichen haben - bekam Rebekka eine andere Vorstellung davon, was man heute unter einem Zirkus versteht. "Das ist eine Mischung aus Theater, Musical und Tanz", erklärt die 21-Jährige.
Erst mal Jonglieren lernen
Der Kontaktball, worunter man eine Art Kristallkugel versteht, die der Künstler am Körper balanciert, faszinierte Rebekka besonders. Rebekka gefiel das alles so gut, dass sie bleiben wollte. Kurz darauf reiste ein großer Teil der südamerikanischen Künstlertruppe weiter. Rebekka Spiegel blieb bei der restlichen Gruppe im Haus und lernte erstmal das Jonglieren.
Später konzentrierte sie sich auf die Akrobatik mit dem Vertikaltuch. "Das ist ein Tuch, eine lange, gedoppelte Stoffbahn, die man an einen Baum hängt, sich daran einwickelt, hochklettert oder in Knoten um den Körper wickelt, um sich fallen zu lassen", beschreibt Rebekka diese Luftakrobatik.
Nachdenkliche Zuschauer
Anfangs sei ihr das schwergefallen: "Ich konnte kaum hochklettern." Aber sie bemerkte mit Freude, wie sie dazu lernte. Jeden Monat hat die Künstlertruppe im Garten ein Varieté organisiert, mit Zirkus und Theatervorstellung. Mit den Einnahmen wurde die Miete für das Haus bezahlt. Dann gingen auch noch eine junge Frau und ein Mann der WG nach Argentinien, um dort eine richtige Zirkusschule zu besuchen. Rebekka Spiegel folgte den beiden, nach dem sie ein Jahr lang in Paraguay gelebt hatte. Zuvor legte sie aber für einige Monate einen Zwischenstopp in Brasilien ein.
Den Unterschied zwischen den Artistikübungen in Paraguay und Argentinien bemerkte Rebekka schnell: "Es war ein großer Unterschied in der Technik, aber auch beim Training." Die Übungen mit dem Tuch behielt Rebekka auch in Argentinien bei. Bodenakrobatik und Theater kamen hinzu.
"Es ist mehr körperliches Theater, mit viel Mimik und Gestik, um sich auf diese Art auszudrücken", erzählt sie. Ganz ohne Sprache ging es aber trotzdem nicht. Weil Rebekka in der Schule allerdings Spanisch gelernt hatte, fiel ihr es einigermaßen leicht, in Argentinien Spanisch zu sprechen und die Sprache so richtig zu lernen.
Die akrobatischen Kunststücke, vermischt mit Tanz und dem körperlichen Theater, macht den zeitgenössischen Zirkus aus. "Diese Art Zirkus ist erst im Kommen. Als Kunstform kann man damit noch viel experimentieren", erklärt Rebekka. Sie mag vor allem den direkten Kontakt mit dem Publikum.
Das heißt: "Man ist im selben Raum und merkt, dass Stimmungen entstehen, dass man das Publikum durch die Theaterdarstellungen nachdenklich macht." In Argentinien, in Spanien, aber gerade auch in Frankreich, ist diese Form der künstlerische Darbietung derzeit sehr angesagt. In Deutschland gilt diese Form des Zirkusses dagegen noch als exotisch. Die Ausbildung dauert hier drei Jahre. Später könnte sich Rebekka dann Artistin oder Bühnenakrobatin nennen.
Mit der zeitgenössischen Zirkuskunst hat das ihrer Ansicht aber wenig zu tun.
Beworben hat sie sich inzwischen an einer Schule in Spanien und an drei Schulen in Frankreich. Von der Zirkusschule im französischen Amiens hat sie eine Zusage bekommen. Gestern hat sie sich dorthin auf den Weg gemacht.
Bereits zuvor hatte sie vier Monate Zirkusluft in Toulouse geschnuppert. Die Ausbildung in Frankreich dauert zwei Jahre. Einen richtigen Abschluss hat Rebekka Spiegel damit aber noch nicht. Als eine Basisausbildung betrachtet die Gräfenbergerin die Zirkusschule.
Ihre Spezialität ist die Bodenakrobatik. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Ob Rebekka Spiegel danach mit einem eigenen Bühnenprogramm durchs Land zieht oder eine große Zirkusschule besucht, um einen richtigen Abschluss zu machen, weiß sie noch nicht. Zunächst einmal freut sie sich auf Frankreich und darauf, wieder Dinge zu lernen, die sie zuvor nie gelernt hat.
Die Eltern sind froh
Den Spagat zum Beispiel, obwohl sie als Kind keinen Ballettunterricht hatte. Aus diesen Lernfortschritten zieht Rebekka eine große Befriedigung. Sie hat etwas gefunden, was ihr gut tut. Das sehen auch ihre Eltern so, die froh sind, dass die Tochter wenigstens wieder in Europa ist.
Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Schule in Frankreich jährlich 1500 Euro kostet. Auch ein Zimmer und den Lebensunterhalt muss Rebekka bezahlen. Sie hofft nun vor allem auf das Kindergeld.
Spende Wer Rebekka finanziell unterstützen möchten, kann dies unter der folgenden Bankverbindung machen. Raiffeisenbank Bamberg; Konto: 1553267; BLZ: 770 601 00