Druckartikel: Jugendgericht Forchheim: Strafregister wie bei den Großen

Jugendgericht Forchheim: Strafregister wie bei den Großen


Autor: Jennifer Opel

Forchheim, Montag, 01. Februar 2016

Wegen Sachbeschädigung mussten sich vier junge Männer (18 bis 20 Jahre) vor dem Forchheimer Jugendrichter Philipp Förtsch verantworten. Die Strafe fällt milder aus als von der Staatsanwältin beantragt.
Vor Verhandlungsbeginn liegen die Akten bereits auf den Tischen von Staatsanwaltschaft und Richter.  Foto: Jennifer Hauser


Die vier Angeklagten sitzen ohne Verteidiger im Forchheimer Amtsgericht. Sie kichern, unterhalten sich während der Verhandlung und legen alles, bloß kein erwachsenes Verhalten an den Tag. Jugendrichter Philipp Förtsch musste deshalb immer wieder zur Ruhe mahnen - und verurteilte aufgrund der Beweisführung und zweier Geständnisse die jungen Männer zu Kurzarresten, Sozialstunden und Geldstrafen.

Die 18-, 19- und 20-Jährigen waren im August 2015 in der Kleingartenanlage Hugo-Post in der Gartenanlage des Vaters des Angeklagten Marc W. (Name geändert). Von dort aus begannen sie eine Tour der Sachbeschädigung.


Alkoholkonsum vorausgegangen

Marc W., Jochen M., Stefan P. und Heiko B. (Namen von der Red. geändert) hatten zuvor gemeinschaftlich getrunken. Anschließend randalierten sie zusammen in der Kleingartenanlage, warfen mehrere Bierbänke und Tische des Vereinsheims um und beschädigten auch das Gebäude. Außerdem machten sich die vier jungen Männer an mehreren Gartenzäunen und dem Schaukasten zu schaffen, sodass die Zäune beschädigt wurde und die Plexiglasscheibe des Schaukastens kaputt ging. Bei der Kleingartenanlage entstand ein Schaden von knapp 2500 Euro. Die Höhe des Schadens wurde von den Angeklagten allerdings angezweifelt.

Nachdem die jungen Männer die Kleingartenanlage verlassen hatten, beschädigten sie noch einen Verteilerkasten, bis sie kurze Zeit später von Polizeibeamten aufgegriffen wurden. In der Anklageschrift stand zudem, dass die jungen Männer einen VW Passat beschädigt hatten, was ihnen aber nicht nachgewiesen werden konnte, sodass dieser Anklagepunkt fallengelassen wurde.


Zwei geständig, zwei schweigen

Die anderen Sachbeschädigungen räumten Heiko B. und Stefan P. in ihren Aussagen ein. Sie gaben jedoch beide an, sich nicht mehr vollständig zu erinnern. "Weil ich ziemlich betrunken war", sagte Heiko B. Auch wer was getan hatte, konnte nicht abschließend geklärt werden, denn "es war auch dunkel", so Heiko B., weswegen er gar nicht genau sagen könne, wer wann getreten oder geschlagen habe. Dass er den Verteilerkasten alleine umgetreten habe, da war sich Heiko B. sicher.

Auch Stefan P. schien unter Erinnerungslücken zu leiden. "Ich kann sagen, dass wir es waren, mehr weiß ich aber nicht mehr", sagte er.

Die Angeklagten Jochen M. und Marc W. räumten ein, dabei gewesen zu sein, wollten sich aber nicht weiter zur Tatnacht äußern.

Eine Zeugin hatte die 18- bis 20-Jährigen in der Nacht gesehen, als sie durch deren Lärm wach geworden war. Sie verständigte die Polizei und wiederholte vor Richter Förtsch, dass sie etwas "scheppern" gehört habe und beobachten konnte, wie die Plexiglasscheibe des Schaukastens mit zwei Faustschlägen zerbrochen wurde.

Drei Beschuldigte konnten aufgrund von Fußspuren ermittelt werden, erklärte der zweite Zeuge, der Polizist, der die Ermittlungen leitete. Ein weiterer Polizeibeamter konnte bestätigen, dass die Hand des Marc W. in der Nacht blutete, was auf die Zerstörung der Plexiglasscheibe zurück geführt wurde. Er sagte außerdem: "Man hat schon gemerkt, dass sie angetrunken waren, aber ich habe mich mit ihnen unterhalten können."

Die Auszüge aus dem Bundeszentralregister dauerten erstaunlich lang, insgesamt 16 Eintargungen fanden sich dort für die vier jungen Männer. Während der Verlesung schmunzelten die Angeklagten mehr, als dass sie sich für ihre Taten schämten.

Die Jugendgerichtshilfe lieferte bei zwei der Angeklagten ein ähnliches Bild: Marc W. und Heiko B. neigen offenbar dazu, ihre Taten zu bagatellisieren. Lediglich der Jugendgerichtshelfer von Jochen M. sagte, dass dieser sich in der Gerichtsverhandlung ganz anders gegeben habe, als im persönlichen Gespräch. Er ist es auch, der als einziger der Angeklagten aktuell eine Arbeitsstelle hat.

Obwohl die Staatsanwältin Kerstin Harpf für alle vier Angeklagten entweder eine Woche Freizeit- oder eine Woche Dauerarrest forderte, kamen die jungen Männer mit geringeren Strafen davon.


Nicht nur Strafe absitzen

Jugendrichter Philipp Förtsch verurteilte Heiko B. zu einem viertägigen Kurzarrest. Hinzu kommen bei ihm weitere Auflagen, er muss sich zum Beispiel bei der Schuldnerberatung melden und regelmäßig mit einem Betreuer über sein Leben und seine Pläne sprechen.

Stefan P. muss zwei Tage in den Kurzarrest und zusätzlich 60 Arbeitsstunden ableisten.
Jochen M. muss als einziger nicht in den Arrest, er muss aber 500 Euro Strafe bezahlen. "Ich schätze ihn eher als Mitläufer ein", sagte Förtsch.

Marc W. muss drei Tage in den Kurzarrest und ebenfalls sechs Monate den Weisungen eines Betreuers Folge leisten. "Die Auflagen sind Ernst gemeint", gab Richter Förtsch den Jungs mit auf den Weg, "bei einer Nicht-Einhaltung droht ein Arrest von bis zu vier Wochen."




Das ist das Jugendgerichtsgesetz


Jugendgerichtsgesetz (JGG) Der Kerngedanke des JGG ist "Erziehung vor Strafe". Es gilt für alle strafmündigen Jugendliche (von 14 bis 18 Jahren). Auch Heranwachsende (18- bis 21-Jährige) können in den Bereich des Gesetzes einbezogen werden, soweit sie nach Reifegesichtspunkten noch nicht die nötige Einsichts- und Verantwortungsfähigkeit aufweisen.

Jugendgerichtshilfe Eine wichtige Rolle im Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende spielt die Jugendgerichtshilfe, die das Verfahren vom Beginn bis zum Ende begleitet. Sie gibt auch eine Empfehlung ab, ob der Angeklagte nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird. Sie macht zudem Vorschläge zu den zu ergreifenden (Erziehungs-) Maßnahmen. red