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Integration von Langzeitarbeitslosen: Job bringt neues Selbstwertgefühl


Autor: Maximilian Glas

LKR Forchheim, Dienstag, 11. Oktober 2016

Mit einem Bundesprogramm sollen seit vergangenem Jahr deutschlandweit über 30 000 Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden.
Voll in seinem Element: Christian Kienast aus Ebermannstadt an seiner Arbeitsstätte beim Gebrauchtwarenhof "Pack mers".  Foto: Maximilian Glas


"Ich fühlte mich einfach nicht gebraucht", beschreibt Christian Kienast aus Ebermannstadt seinen Gemütszustand vor einigen Jahren. Ab 2012 war der 39-Jährige für drei Jahre arbeitslos - bis er im September des vergangenen Jahres die Chance für einen Neustart bekam. Seitdem arbeitet er in Vollzeit beim Gebrauchtwarenhof "Pack mer's" in Forchheim. "Der Job hat mir Selbstbewusstsein gegeben, ich habe heute eine ganz andere Motivation als damals", sagt er. Sein Weg zu seiner neuen Arbeitsstelle war kein gewöhnlicher. Kienast war der erste Teilnehmer in der Region Forchheim/Erlangen-Höchstadt, der im Rahmen eines Bundesprogramms zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit, wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden konnte.



Das Programm, das vom europäischen Sozialfonds gefördert wird, startete im vergangenen Jahr und soll deutschlandweit bis Juli 2017 33 000 Langzeitarbeitslosen (mindestens zwei Jahre ohne Beschäftigung) einen sozialversicherungspflichtigen Job verschaffen. Bislang mit durchwachsenen Erfolg, denn bisher habe man erst gut ein Drittel der geplanten Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose vermitteln können. "Insgesamt hat man sich etwas mehr erwartet, die Vorgaben der Regierung wurden bisher nicht erreicht", erklärt Wolfgang Alt vom Jobcenter Forchheim, der sogenannter Betriebsakquisiteur für die Region Forchheim/Erlangen/Höchstadt ist. Seine Aufgaben bestehen darin, Beschäftigungsmöglichkeiten für die Langzeitarbeitslosen in Unternehmen zu finden. "Später bin ich dann das Bindeglied zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer", sagt er.

Die ersten Monate seiner Akquise seien noch zäh gewesen - vor allem bedingt durch die strikte Definition der Gruppe der Langzeitarbeitslosen. So gehörten Menschen, die seit vielen Jahren arbeitslos waren, aber zwischenzeitlich für einen Monat einen Mini-Job hatten, schon nicht mehr zur Zielgruppe der Bundesregierung. Erst als diese Kriterien etwas gelockert wurden, vergrößerte sich der Kreis an geeigneten Kandidaten für die Integration in den Arbeitsmarkt. "Jeder, der beim Programm mitmacht, tut das freiwillig und ist dementsprechend auch motiviert", erklärt Alt. Bis heute hat Wolfgang Alt 13 Langzeitarbeitslose in den Landkreisen Forchheim und Erlangen-Höchstadt einen Job vermittelt. Bis zum Abschluss des Programms im Juli 2017 sollen 22 weitere Arbeitnehmer folgen.

Voraussetzung für die Unternehmen ist in der Regel eine Vollzeitstelle und ein Arbeitsvertrag über mindestens zwei Jahre. Für den Einarbeitungsaufwand der Unternehmen und das teilweise geminderte Leistungsvermögen der Bewerber, erhalten die Unternehmen als Ausgleich einen Lohnkostenzuschuss. In den ersten sechs Monaten etwa werden 75 Prozent des Gehalts durch Fördergelder des Bundesprogramms bezahlt. Mit dem aufgebauten Netzwerk an Betrieben aus unterschiedlichen Branchen zeigt sich Wolfgang Alt mittlerweile zufrieden, sieht aber auch noch Nachholbedarf. "In den karitativen Einrichtungen und wohltätigen Verbänden könnte das Engagement noch stärker werden", sagt er.


Eine Zukunft im Handwerk

Ausgenommen von der Kritik ist der Forchheimer Gebrauchtwarenhof. Geschäftsführer Gerhard Pfister hat Christian Kienast im September vergangenen Jahres die Chance gegeben und es bisher auch nicht bereut. "Ich habe durch Zufall von dem Programm gehört und schnell gemerkt, dass in dem Fall alles perfekt passt", sagt Pfister.

Mit der Arbeitsleistung und dem Engagement von Kienast zeigt er sich sehr zufrieden. "Es tut mir sehr gut, dass Herr Pfister mir die Möglichkeit gibt, mich beruflich richtig auszuleben", sagt Kienast, der Hotelkaufmann gelernt hat. Ein Bereich, der ihn heute nicht mehr reizt. "Ich sehe meine Zukunft in einem handwerklichen Betrieb, zum Beispiel einer Schreinerei", so Kienast.

Beim Gebrauchtwarenhof ist er für den Transport und die Montage von Möbeln zuständig. Der Wermutstropfen: Durch die Struktur des gemeinnützigen Unternehmens ist die Zusammenarbeit auf einen Zeitraum von zwei Jahren begrenzt. Aber sowohl Gerhard Pfister als auch Wolfgang Alt trauen dem 39-Jährigen im nächsten Jahr den Schritt auf den freien Arbeitsmarkt zu. "Natürlich macht man sich schon Gedanken, wie es weitergeht. Aber mittlerweile hat sich so viel positiv verändert, dass ich sehr optimistisch in die Zukunft schaue", sagt Kienast.