In Igensdorf duellieren sich die Dichter
Autor: Petra Malbrich
Igensdorf, Sonntag, 08. März 2015
Beim Poetry Slam in Igensdorf unterhalten die Künstler ihr Publikum mit Gesellschaftskritik, die aber nie moralinsauer, sondern immer charmant und witzig daherkommt.
Als Michael Jakob die Bühne betrat und zum Mikrofon griff, war die erwartungsvolle Atmosphäre unter den Zuschauern deutlich zu spüren. Er, sicher kein Unbekannter in der hiesigen Slam-Szene, moderierte den folgenden Abend. Er tat das frei von der Leber weg, salopp und mit trockenem Humor. Seine Sprüche trafen den Nerv des Publikums.
Denjenigen Gästen, die nicht wussten, was genau ein Poetry Slam ist, erklärte er kurz und prägnant die Regeln. Ein vorgegebenes Thema hatte die Veranstaltung, ihr bewusst allgemein gehaltenes Motto lautete "Ein Mikrofon - tausend Geschichten".
Süffisante Texte
Der neuzeitliche Dichterstreit fand zum zweiten Mal in Igensdorf statt. Zum ersten Mal allerdings unter Federführung des neu gegründeten alternativen Kulturvereins Igensdorf (AKVI).
Dessen Mitglieder hatten dafür Stars der deutschen Slam- Szene und auch einige lokale Größen des Genres eingeladen. Björn Högsdahl, Philipp Potthast, Hinnerk Köhn, Jan Schmidt und Lukas Spranger waren einige der bekannten Poeten, die mit ihren süffisanten Texten Gesellschaftskritik übten, die Zuschauer zum Lachen brachten und dabei genau den Puls der Zeit trafen.
Das Los entscheidet
Per Los wurde entschieden, in welcher Reihenfolge die Poeten auftreten durften. Damit den Teilnehmern der Einstieg etwas leichter fiel, stimmte Michael Jakob das Publikum mit einer eigenen Geschichte ein. Von der bizarren Welt der Haustiere handelte diese.
Die üblichen Tierchen wie Hunde, Katzen und vor allem Hamster möge er nicht. Seine liebsten Tierchen seien die mit dem langen Rüssel, sagte Jakob und spielte damit auf Rüsselbach an. Auch die Geschichten über sich und seine Elefanten sicherten Jakob den Applaus der Igensdorfer. Ingo Winter aus Lauf an der Pegnitz durfte dann als Erster auf die Igensdorfer Bühne. Auch er verstand es, mit seinem Text und der Vortrags-weise die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen.
Dass er Lehrer an der Hauptschule sei, erzählte er. Die Schule, mit dem asozialen Image geschlagen. Winter sprach auch über deren Mühe, einen Ausbildungsplatz zu finden, wo doch die ganze Welt nur Gymnasiasten wolle.
Mangel an Pädagogen
Winter schlug in seinem Vortrag einen Bogen von der Bildungspolitik bis hin zum Mangel an männlichen Pädagogen. Seine Texte erinnerten ein wenig an das Kabarett und prangerten auf der anderen Seite doch auf ganz eigene Weise gesellschaftliche und soziale Missstände an.
"Es war einmal", so überschrieb Leonie Warnke aus Leipzig ihr Thema. Sie zog immer wieder Parallelen zwischen Märchen und der Jetztzeit. Warnke berichtete beispielsweise von einer jungen Frau, die sich ein glückliches Leben in ihrem eigenen Refugium, einem sicheren Turm, aufbaut. Sofort fühlte man sich an Rapunzel erinnert. Auch der sich selbst auserkorene Retter steht schon bereit, um mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die junge Frau aus ihrem selbstgewählten Gefängnis zu befreien.
Warum nur kann man die anderen Menschen nicht leben lassen, wie sie möchten? - diese Frage warf Warnke mit ihrer Geschichte auf.
Viel zu klein
Auch aus Igensdorf hatten sich Wettstreiter angemeldet, um sich bei dem Wortduell mit den Stars der Szene zu messen. Brigitte Rauh, Helge Albrecht und der Vorstand des AKVI, Jürgen Gajowski, trugen mit den Auftritten das Ihre bei, dass das Vereinsheim für eine Veranstaltung dieser Art definitiv zu klein war.