In Hiltpoltstein werden freie Gräber rar
Autor: Petra Malbrich
Hiltpoltstein, Mittwoch, 17. Oktober 2012
Einige Kommunen im Landkreis plagen sich mit Leichen, die auch nach Jahren nicht verwesen wollen. Schuld ist dann der lehmige Boden.
Man redet im Landkreis hinter hervor gehaltener Hand darüber. Wie über ein Gerücht, das niemand aussprechen möchte. Dabei handelt es sich gar nicht um ein Gerücht, sondern um eine Tatsache. Viele Leute wissen das. Aber sie wollen in diesem Zusammenhang weder ihren eigenen Namen in der Zeitung lesen, noch den ihres Heimatortes. Es scheint beinahe so, als sei es etwas Unanständiges, einen intakten Sarg auszugraben. Und einen intakten Sarg aus dem Grab zu holen, bedeutet: Die Leichen darin sind nicht verwest.
Als Grund für diesen Umstand gilt ein lehmhaltiger Boden, der kaum Sauerstoff durchlässt und somit den Verwesungsprozess verzögert oder gar verhindert. Ein schwerer Boden also, wie es ihn auch in Hiltpoltstein gibt. Doch der Totengräber, der gerade den klebrigen Lehm aus einem Grab schaufelt, will davon nichts wissen. Im Hiltpoltstein jedenfalls sei derlei noch nicht vorgekommen. Wenn er hier die Gräber ausschaufele, stoße er nur auf Knochen, den Schädel und die Metallgriffe des Sarges. In anderen Gemeinden dagegen soll es Probleme geben, will der Totengräber gehört haben. In Hetzles oder Kleinsendelbach beispielsweise.
Bloß kein Präzedenzfall
Dennoch ist jetzt auch die Marktgemeinde Hiltpoltstein in dieser Angelegenheit hellhörig geworden.
Zwar sind die Ruhezeiten in Hiltpoltstein mit 25 Jahren schon jetzt sehr lang.
Sie selbst hat schließlich einmal ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. "Ich habe das gesehen, als wir meinen Vater beerdigt haben. Es hat geregnet. Nach dem Leichentrunk gingen wir zum Grab zurück. Der schwere, weiße Lehm, mit dem Wasser vermischt, hat den Sarg hermetisch abgeriegelt." Dann dringt in den schweren Lehmboden nur wenig Sauerstoff ein. Mikroorganismen oder Würmer leben in dieser Bodenart ebenfalls seltener.
Die Folgen dieses Phänomen kann - vor allem wenn die Ruhezeit nicht ausreichend lang ist - ein Sarg sein, der selbst nach Jahren nicht zusammengebrochen und verwest ist. Das gilt in diesem Fall dann auch für die Toten im Sarg selbst. Ist der Sarg intakt, konnte auch der Tote nicht verwesen.
Freie Plätze werden rar
"Je nach Holzart des Sarges bricht dieser gewöhnlich nach etwa einem Jahr zusammen", erklärt Armin Fuchs vom gleichnamigen Bestattungsinstitut. Fuchs ist inzwischen vom Hiltpoltsteiner Marktgemeinderat gebeten worden, Lösungen für die Erdprobleme des kommunalen Friedhofs in Hiltpoltstein aufzuzeigen.
Intakte Särge werden nicht geöffnet. Man darf es schlichtweg nicht. Es würde die Totenruhe stören. Trifft man beim Ausheben eines Grabs auf einen intakten Sarg, kann dort bis auf Weiteres niemand anderes beerdigt werden. Das Grab wird zugeschüttet und ein neues an anderer Stelle ausgeschaufelt. So kann es passieren, dass auf den betroffenen Friedhöfen plötzlich freie Plätze rar werden.
Aber das erfasst nicht die gesamte Dimension des Problems. Es geht vielmehr um Pietät und die Art des Gedenkens. "Auch als Angehöriger will man nicht, dass nach 25 Jahren eine halbe Leiche da unten ist. Die Toten sollen würdig beerdigt sein," sagt Gisela Bauer.
Die Sorgen der Bürger nimmt sie aus diesem Grund sehr ernst. Deshalb möchte die Hiltpoltsteiner Bürgermeisterin so bald als möglich eine Lösung für das Bodenproblem auf dem Friedhof finden. Möglicherweise könnte es helfen, dem Lehmboden Sand beizumischen.