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In Forth leben 66 Flüchtlinge unter einem Dach


Autor: Petra Malbrich

Forth, Montag, 22. August 2016

66 Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern leben derzeit im ehemaligen Pflegeheim in Forth.
Gisela Schröder und Jürgen Saltzmann unterstützen die Flüchtlinge ehrenamtlich.


Der Künstler Günter Rocznik hat sich Zimmer in der Gemeinschaftsunterkunft in Forth angemietet. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so problemlos läuft", sagt Rocznik. Mit "es" meint er das gemeinsame Leben mit 66 Flüchtlingen unter einem Dach. Ausgelegt ist es für 76 Plätze.
Alles funktioniere problemlos. Keine Zwischenfälle, keine Lärmbelästigung bei den "Bimanern", wie Gisela Schröder, die ehrenamtliche Mitarbeiterin von FlECK ihre Schützlinge in dem ehemaligen Diakonie-Pflegeheim in der Bismarckstraße in Forth nennt. "Bima" ist die Abkürzung der Bismarckstraße. Dort steht eine der fünf Unterkünfte, die von der Regierung von Mittelfranken angemietet worden sind. Eine weitere Familie aus Georgien fand in einem Haus der katholischen Kirche Stöckach-Forth ein neues Zuhause.



Ein richtiger Aufruhr

Auf einem Stuhl, an die Hauswand des ehemaligen Pflegeheims gelehnt, liegen Blumenblätter, Blüten und Beeren fein säuberlich getrennt. Damit hatten sich einige Kinder am Wochenende beschäftigt. Wäsche hängt über dem Geländer eines oberen Stockwerks.

Ansonsten ist es ruhig. Nur wenige Asylbewerber sind zu sehen. Anders als vor kurzem, als es einen richtigen Aufruhr in der Bismarckstraße gab, weil ein fünfjähriges Mädchen verschwunden war. "Sie ist mit ihrer kleinen Handtasche den Kindergartenkindern hinterhergelaufen und mit ihnen in der Gräfenbergbahn nach Gräfenberg gefahren", erzählt Schröder.

In Gräfenberg wurde die Polizei informiert, die das Kind wieder in die Bismarckstraße brachte. Dort wurde es von der Mutter in die Arme genommen. "Die Eltern haben ein anderes Verständnis für Verantwortung", erklärt Schröder. In der arabischen Heimat wachsen die Kinder freier auf. Auf schreckliche Gedanken, wie sie den deutschen Flüchtlingshelfern und Verantwortlichen durch den Kopf gingen, kam die Mutter erst gar nicht. Jürgen Krempl, der zuständige Leiter der Unterkunft nickt. Er kennt das aus seinen anderen Einrichtungen auch. "Wir können nur immer wieder darauf hinweisen", sagt er und meint damit die Gefahren, denen die Kinder ausgesetzt sein können - und sei es nur ein Auto, das um die Kurve fährt, während die Kinder unbedacht auf der Straße spielen.


"Absolut offen"

Zugleich ist der glimpflich ausgegangene Vorfall ein glänzendes Beispiel für die Beobachtungen der Verantwortlichen und Helfer: "Die Kinder sind absolut offen", weiß Schröder. Bei den Erwachsenen dauere es etwas länger, bis sie mit den Helfern oder dem Hausmeister Alexander Eckermann vertraulich reden. Auch Security ist vor Ort und hat ein Ohr für die Menschen.

Doch so lange leben die Flüchtlinge auch noch gar nicht in dem ehemaligen Kurzzeitpflegeheim. Am 7. Juli sind die ersten Flüchtlinge gekommen. Gleich 25 Leute, dann Schritt für Schritt weitere 20, so dass nun 66 Leute in Forth leben. Die meisten kamen aus den aufgelösten Notunterkünften aus Hemhofen und Herzogenaurach, erzählt Krempl. Für die Asylbewerber war das eine positive neue Erfahrung, sind in Forth die Zimmer doch mit Dusche und Toilette in den Zimmern integriert.

Drei Leute teilen sich ein etwa 18 Quadratmeter großes Zimmer. Hauptsächlich Familien leben hier, einige allein stehende junge Männer und Minderjährige. Das sind sechs Geschwister, wobei der älteste bereits 18 und der Vormund der Geschwister ist. "Sie werden vom Jugendamt betreut", erklären Krempl und Schröder.


Flucht vor dem IS

Aber auch von der Sozialbetreuung vor Ort und in vielen anderen Dingen natürlich von den Ehrenamtlichen von FLEck. Sie helfen bei den Arztbesuchen, bei der Arbeitssuche, haben einen Arbeitskreis Fahrräder, führen Integrationskurse oder spielen an zwei Nachmittagen mit den Kindern.
Auch zwei Flüchtlingsmütter sollen dabei sein, um zu erfahren, wie hier die Kinder gefördert werden. Überhaupt gibt es auch unter den Asylbewerbern Unterschiede. "Manche sind genügsam, manche mit nichts zufrieden", sagt Krempl allgemein betrachtet. Aber man merke an dem Verhalten, wer gebildet ist und wer nicht. Einige der ersten Flüchtlinge in der Bismarckstraße waren ausgebildete Ärzte oder Studenten aus Syrien, die vor dem IS geflüchtet sind. Neben Jesiden und Christen sind Moslems in der Gemeinschaftsunterkunft. Insgesamt sieben Nationen leben unter diesem Dach. Da nur wenige Englisch reden, gibt es momentan noch einige Verständnisschwierigkeiten.