In der Poxdorfer Sparkasse ist der Wurm drin
Autor: Dagmar Niemann
Poxdorf, Freitag, 18. April 2014
Im Gebälk der Poxdorfer Sparkasse treiben Holzwürmer ihr Unwesen. Das erklärt zum einen die schwarz-rot-goldene Haube, in der das Gebäude derzeit gehüllt ist. Und das wirft zum anderen Fragen nach gesundheitlichen Folgen der toxologischen Schädlingsbekämpfung auf.
Was ist los in der Poxdorfer Hauptstraße? Das schöne Fachwerkhaus, in dem sich die Sparkasse befindet, wird eingerüstet oder genauer: Es wird von oben bis unten, von vorne bis hinten in schwarz-rot-goldene Folie eingewickelt.
Ist das etwa eine Reklameaktion der Sparkasse, die ihre Poxdorfer Zweigstelle publikumswirksam in eine Art Osterei verwandelt? Oder sind wir hier Zeugen einer Kunstaktion in der Nachfolge des weltbekannten Künstlers Christo, der unter anderem 1995 in einer spektakulären Aktion den Berliner Reichstag verhüllt hat? Oder handelt es sich, dritte Möglichkeit, um eine politisch motivierte Aktion national-begeisterter Bürger?
Die Wahrheit: Keine dieser Vermutungen trifft ins Schwarze! Wie vom Besitzer des Hauses, in dem die Sparkasse Untermieterin ist, zu erfahren war, geht es hier um die Bekämpfung von Holzwürmern. Die haben sich im Gebälk des ehemaligen Bauernhauses eingenistet.
Alles vorbei am Dienstag?
Dabei wird Sulfuryldifluorid in die vom Holzwurm befallenen, sorgfältig abgedichteten Räume eingeleitet. Man geht davon aus, dass die Holzschädlinge in all ihren Lebensstadien - das heißt Eier, Larven, Puppen und Käfer - bei einer Einwirkzeit von 24 bis 72 Stunden mit diesem Gas wirkungsvoll bekämpft werden.
Die farbenfrohe Verpackung in den deutschen Nationalfarben soll die Sparkassenkunden vielleicht dafür entschädigen, dass ihr Geldinstitut wegen der Schädlingsbekämpfungsaktion für einige Tage geschlossen ist. Wie zu erfahren war, soll der normale Publikumsverkehr bereits am Dienstag nach Ostern wieder anlaufen. Und sieht das schwarz-rot-goldene Haus in der Hauptstraße nicht sehr hübsch aus?
Doch es bleiben Fragen: Was geschieht mit dem farb- und geruchlosen, vor allem aber sehr giftigen Sulfuryldifluorid nach Abschluss der Begasungsaktion? Auf der Webseite der Firma Binker Materialschutz/Lauf a. d. Pegnitz, die das Verfahren schon häufig angewendet hat und auch hier beauftragt ist, heißt es, dass am Schluss eine kontrollierte Lüftung des Gebäudes über Absauganlagen erfolgt.
Experten geben Entwarnung
Weiter ist dort davon die Rede, dass Sulfuryldifluorid weder krebserregend noch ozonschädigend sei und dass seine Toxizität bei Warmblütern - wozu der Mensch ja gehört - um ein Drittel bis die Hälfte schwächer sei als die von Methylbromid. Dieses Gas, das das Nervensystem schädigt und als Atemgift gilt, ist seit 2006 in Deutschland verboten.
Kann man davon ausgehen, dass das Begasungsverfahren, das ab Gründonnerstag abends in Poxdorf zur Anwendung kommt, für Menschen ungefährlich ist? Diese Frage hätte man gern dem Chef der Laufer Firma gestellt. Leider war er trotz wiederholter Anrufe nicht zu sprechen.
Weitere Recherchen ergaben, dass sowohl die zuständigen Ämter des Landratsamts Forchheim als auch das Gewerbeaufsichtsamt Coburg mit dem Poxdorfer Fall befasst waren. Der Chef der Coburger Behörde, Marc Schilling, nahm sich die Zeit, das komplexe Genehmigungsprocedere sowie die vielfältigen, gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollregularien für solche Aktionen zu erläutern, die in den TRGS 512 (Technische Regeln für Gefahrenstoffe) festgeschrieben sind.
Offensichtlich kannte er die Poxdorfer Situation genau. Auch Schilling kann keine Gefahr für Menschen erkennen.