Notfallseelsorger aus Weißenohe erinnert sich an Schiffsunglück bei Erlangen
Autor: Petra Malbrich
Weißenohe, Donnerstag, 06. Oktober 2016
Andreas Hornung aus Weißenohe ist nicht nur Pfarrer, sondern auch Notfallseelsorger. Er war beim Schiffsunglück in Erlangen im Einsatz.
Gegen drei Uhr in der Nacht klingelte in der Nacht zum 11. September bei Pfarrer Andreas Hornung das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war die Rettungsleitstelle: Ein Kreuzfahrtschiff sei in Erlangen mit einer Brücke kollidiert, er und weitere fünf Notfallseelsorger würden sofort gebraucht.
Acht geben auf die Toten
Viel zu tun hatte Hornung in dieser Nacht deshalb nicht. Am nächsten Morgen gegen 7.20 Uhr fuhr Hornung nach Hause, um den Sonntagsgottesdienst zu halten. Die anderen Seelsorger kümmerten sich weiter um die Passagiere. Aber auch bei den beiden Toten war mit Diakon Siegfried Gottanka aus Nürnberg ein Notfallseelsorger. "Für die Bestatter und Feuerwehrleute ist es wichtig zu wissen, dass jemand auf die Toten achtet", erklärt Gottanka. Er ist die "übergeordnete Instanz", organisiert die ökumenisch aufgestellte Notfallseelsorge für das gesamte Erzbistum Bamberg und leitet zusammen mit dem evangelischen Kollegen die Fortbildung. Für die Dekanatsbezirke Forchheim, Muggendorf, Gräfenberg und für den Landkreis Forchheim ist Pfarrer Axel Berthold aus Neunkirchen am Brand der Beauftragte der Notfallseelsorge. Eine Zusatzausbildung ist nicht verpflichtend. "Jeder Seelsorger kann mit Menschen umgehen", betont Gottanka. Schwieriger sei ein außerhäuslicher Unfall. "Man muss sich im Rahmen bewegen können, wissen, wie die Hilfsorganisationen arbeiten", erklärt Gottanka.
Doch die wenigsten Einsätze der Seelsorger sind dramatische Katastropheneinsätze. Eher gefordert sind bei plötzlichen Todesfällen. Wenn der Partner plötzlich stirbt zum Beispiel. Viele dieser Einsätze gehen den Unfallseelsorger tief unter die Haut. "Wenn man einen Suizid mitteilen muss. Oder auch wenn ein junger Motorradfahrer stirbt. Das hätte dann ja auch das eigene Kind sein können", sagt Berthold.
Dröhnende Stille
Manchmal seien es aber auch die Reaktionen der Menschen, denen man in der schweren Stunde helfen möchte, welche die Notfallseelsorger schockieren. "Jemand ruft dann aus nackter Verzweiflung Sachen wie: ,Du kannst mir nicht helfen, dein Gott macht meinen Sohn auch nicht wieder lebendig", berichtet Berthold von dieser Verzweiflung. Gedanklich bereiten sich die Seelsorger auf alle möglichen Reaktionen vor. Die meisten Menschen brechen zusammen, bleiben in der Wohnung. Dann kommt es darauf an, ob der Betroffenen reden will. "Sie haben ihren Angehörigen in der Regel sehr lieb gehabt. Das könnte ein Einstieg für ein Gespräch sein", sagt Berthold. Manchmal werden Gebete gesprochen.
Manchmal fragen die Hinterbliebenen, wie es weitergeht oder wollen Antwort auf die Frage, warum das gerade ihnen passiert. Antworten, die auch ein Notfallseelsorger nicht geben kann. Manchmal wird auch überhaupt kein Wort gesprochen. "Auch die Stille muss man aushalten können. Zehn Minuten Schweigen können sich ziehen", erklärt Diakon Gottanka.
Der Versuchung, doch zu reden und die Stille zu füllen, müssen die Notfallseelsorger unbedingt widerstehen. Sie sollen stattdessen ein Fels in der Brandung sein. Ruhig und in sich ruhend.