In den Fängen der Nazis
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Freitag, 10. Juli 2020
Weitere Stolpersteine werden verlegt. "Die Idee wirkt", ist Organisator Emmerich Huber überzeugt. Doch der Zugang der jungen Generation zum Thema Holocaust sei schwierig geworden, sagt der Historiker Rolf Kießling.
Forchheim Gehört habe sie vom Holocaust schon vorher, erzählt eine 15-jährige Schülerin, "aber ich hatte keine Ahnung, dass es so grausam war". Eine Schülerinnen-Gruppe der Hartmann-Realschule und ihre Lehrerin Judith Hill befassen sich aktuell mit der Deportation der Forchheimer Juden. Bei der Verlegung der Stolpersteine am 16. Juli werden die Schülerinnen die persönliche Geschichte der Deportieren erzählen.
Dass es in Forchheim ein breites Wissen über das Leben der Juden in der Stadt gibt, ist dem Historiker Rolf Kießling (70) zu verdanken. Er hat die 300-jährige Geschichte der Juden in Forchheim aufgearbeitet.
Kießling stand als Gesprächspartner bereit. "Das Interesse der Schülerinnen ist da, es sind ihre Stolpersteine", sagt Kießling. Es sei aber nicht einfach für die nachfolgenden Generationen, sich in die Geschichte hineinzudenken. "Die Zeitzeugen sind tot und die Schüler sind mit einer zeitlichen Dimension konfrontiert, die sie sich nicht mehr vorstellen können."
Im Februar 2019 waren die ersten vier Stolpersteine für Emma Rosalie Braun, Ilse Cilly, Gottlieb Braun und Rosa Braun verlegt worden; im Juli 2019 weitere vier für Sofie Kotz, Julius Moritz Prager, Sera Rosenbaum und Rosa Tiesler. Jetzt kommen die Steine für das Ehepaar Jenny und Leo Abraham und für Ida Schönberger hinzu. 2021 wird an die letzten der vierzehn von den Nationalsozialisten ermordeten Forchheimer Juden erinnert. Emmerich Huber, Vorstandsmitglied von Bunt statt Braun, organisiert die Verlegungen. Er betont die Wichtigkeit, dass sich die Schulen beteiligen: "Es ist ein Denkanstoß gegen das Vergessen." Dass dieser Denkanstoß bei den Schülern ankommt, sei unbestreitbar: "Die Betroffenheit bei den Schülern ist zu spüren, wenn sie sich mit der Geschichte vor Ort beschäftigen - die Idee wirkt."
Organisation Unterstützt wird die Stolperstein-Initiative in Forchheim vom Netzwerk Respekt und Toleranz, bestehend aus den Bündnissen Bunt statt Braun und BügEx sowie den Evangelischen und Katholischen Gemeinden Forchheims in Zusammenarbeit mit der Stadt. Organisiert wird die Verlegung der Steine von Emmerich Huber, Vorstandsmitglied von Bunt statt Braun. Die Organisation lebt von Spenden. Willkommen sind sie unter "Bunt statt Braun Forchheim" bei der , Sparkasse Forchheim, DE 56 7635 1040 0020 5237 67
Stolpersteine Der Künstler Gunter Deming hat das Projekt Stolpersteine 1992 ins Leben gerufen. Die Steine liegen außer in Deutschland in 23 europäischen Ländern. Insgesamt wurden über 75 000 Stolpersteine verlegt - sie bilden das größte dezentrale Mahnmal der Welt.