Im Namen hört man das Tosen
Autor: Reinhard Löwisch
, Samstag, 14. April 2012
Das Geräusch der hinabstürzenden Wassermassen von Wiesent und Aufseß blieb im Ortsnamen Doos erhalten.
           
Er war berühmt, weil einzigartig. Und deshalb beschrieben ihn zahlreiche Reiseführer des 19. Jahrhunderts -  damals hatte man gerade das Muggendorfer Gebürg in "Fränkische Schweiz" umbenannt -  sehr ausführlich:   den Mündungswasserfall  der Aufseß in die Wiesent bei Doos.  
Wer kennt ihn? Sehr wenige vermutlich, weil es ihn auch fast nicht mehr gibt.  Die Fallhöhe des Dooser Falles beträgt nur noch runde zwei Meter - aber das war nicht immer so. 
Berühmtheit erlangte der Toos durch die Beschreibung des Kanzleiinspektors Johann Georg Köppel, der 1793 schrieb: "Bei der Thoosbrücke scholl mir heftiges Getöse der wild brausenden Aufseß entgegen, die sich hier mit schäumender Wut über ein Meer von Felsentrümmern in die Wisent stürzt." 
 Joseph Heller beschreibt die Gegend in seinem Reiseführer von 1829 folgendermaßen: "Nahe am Wasserfall ist eine steinerne Brücke 
Nach einer Rabenecker Sage wird dieser Toos auch ‚das Freiwasser‘ genannt. Es soll ein Burgfräulein einen Handschuh von der Burg herab in das Wasser haben fallen lassen mit der Äußerung soweit dieser Handschuh schwimmt, solle das Freiwasser frey seyn. Um 1820 wurde dasselbe als herrenloses Eigenthum vom königl. Aerar verkauft."
Damit lag Heller ziemlich nah an der Wirklichkeit. Im Intelligenzblatt des Obermainkreises vom 9. Januar 1821 steht zu lesen: "Das sogenannte untere Forellenwasser in dem Wiesentfluß zu Rabeneck, welches bei der dasigen Mühle anfängt und sich bei dem Wasserfall Toos genannt entlediget, wird ... auf mehrere Jahre, der weiteren Verpachtung ausgesetzt."
Für den Kemptener Universitätsprofessor Anselm Cammerer gehörte der Dooser Wasserfall sogar zu den "Naturwundern des Königreiches Bayern". Er schreibt im gleichnamigen Buch von 1832: "Der Wasserfall Doos oder Toos, so nennt man den schönen Wasserfall, welchen die Wiesent gleich nach ihrer Vereinigung mit der Aufseß über einige Felsen herab bildet. Er befindet sich 3/4 Stunden von Muggendorf entfernt und wird von allen Freunden hehrer Naturszenen eifrig besucht".
Erotische Beschreibung
Karl Immermann schreibt den Wasserfall in seinen "Schriften" von 1843 ähnlich "erotisch": "Da vereinigt sich die Wiesent mit einem andern Bergbächlein der Aufseß und dann stürzen beide wie Knabe und Mägdlein die in ihrer Wonne des Weges und des Falles nicht achten, ein paar Felsen hinunter, und diesen Wasserfall nennen sie den Toos."
Irgendwann nach 1843 kamen geschäftstüchtige Bauern aus Engelhardsberg auf die Idee, den durch ein Hochwasser frei geschwemmten Tuffstein des Wasserfalls als Baumaterial für die Gewölbedecken in den Kuhställen zu verwenden. Im Saugendorfer Gasthaus ist solch ein Tuffgewölbe noch heute zu sehen.
Über den einstmals vier Meter hohen Wasserfall schreibt deshalb 20 Jahre später der Gößweinsteiner Verkehrsverein in seiner Reiseführer "zu den schönsten Plätzen" bedauernd: "Die Toosmühle, einst durch ihren leider nunmehr durchgerissenen (abgebauten) Wasserfall bekannt (...) ist jetzt nur noch durch ihre liebliche Lage und die Freundlichkeit der sehr gesprächigen Wirthin und ihrer guten Erfrischungen zu empfehlen". Was heute noch vom Wasserfall übrig ist, versteckt sich hinter hohen, dunklen Bäumen bei dem Turbinenhaus.
Neben dem Dooser gibt es noch einen weiteren Wasserfall in der Fränkischen Schweiz, im Trubachtal, genauer in Äpfelbach. Aber der liegt fast genauso versteckt wie der im Wiesenttal und ist in etwa genauso hoch.
Der Ort Doos ist Grenzort seit dem Mittelalter. Der Fluss Aufseß trennte das Bistum Bamberg von der Nürnberger Markgrafschaft, am Bach entlang verlief die Fraischgrenze des Amtes Waischenfeld und seit 1972 auch die Grenze der Gemeinde Wiesenttal zur Gemeinde Waischenfeld sowie die Grenze der Landkreise Bayreuth und Forchheim.
Im Lehenbuch des Bischofs Rotenhan kommt schon im Jahre 1449 der Name Toos (für den Wasserfall) erstmalig vor. 1830 wird erstmals das "neu erbaute Gasthaus" erwähnt, wofür Georg Heinlein 1840 eine Bierschankkonzession beantragte.
Eine Poststation gesellte sich dazu, weil die Kutschen den steilen Berg nach oder von Muggendorf erklimmen mussten und daher Pferdewechsel angebracht war. Um 1880 sind die ersten "Fremdenzimmer" anstelle der alten Scheune errichtet worden. 1920 kam eine Wasserturbine dazu, deren Strom sogar ein eigenes Schwimmbad beheizte.
Das Hotel Doos entwickelte sich zur "Sommerfrische" zum renommierten Haus, in dem berühmte Gäste abstiegen. Beispielsweise der Franzose Charles Ritz, Chef des weltberühmten gleichnamigen Pariser Hotels, der in Doos mit namhaften Experten das "Fliegenfischen" ausprobierte.