Prozess gehen Brüder aus Forchheim: Im Keller lagerten kiloweise hochexplosive Materialien
Autor: Pauline Lindner
Forchheim, Mittwoch, 29. März 2017
Nicht nur Drogen hatten zwei Brüder aus Forchheim in ihrem Keller versteckt, sondern auch 14 Kilogramm explosive Chemikalien.
Der Prozess vor der großen Strafkammer des Landgerichts gegen die zwei Brüder aus Forchheim, die in großem Umfang Rauschgift-Geschäfte betrieben haben sollen, wurde mit der Anhörung von Sprengmittel-Spezialisten des Landeskriminalamts in München fortgesetzt. Denn bei der Wohnungsdurchsuchung bei dem einen Bruder wurden neben Crystal und Haschisch in seinem Kellerabteil auch 14 Kilogramm Chemikalien gefunden, die alle explosionsgefährlich waren.
Die Erläuterungen der Fachleute, insbesondere der Entschärferin, dürften den Mitbewohnern des Mehrfamilienhauses und damit Mitnutzern des Kellers einen großen Schrecken einjagen. Die Fachfrau wurde von den Polizisten vor Ort dazugerufen, um mögliche Gefahren für Dritte abzuwehren. Dazu machte sie Brennproben von den in einem vollgestopften Kellerabteil aufgefundenen über 100 Gebinden mit Materialien. Die allermeisten musste sie als sprengfähig einstufen. "Eine elektrostatische Aufladung hätte genügt, damit sich die Stoffe entzünden. Das reicht bei Schwarzpulver aus", erläuterte sie ihre Feststellungen dem Gericht.
Sie trug antistatische Schutzkleidung, aber bei Kellernutzern hätte es durchaus aufgrund ihrer Kleidung zu so einer Funkenbildung kommen können. Die größte Gefahr ging dabei nicht von den Grund-Chemikalien aus, sondern von den gelagerten Mischungen. "Alles, was die Pyrotechnik zu bieten hat, haben wir gefunden." Von "14 Kilo Sprengbrandmischung" sprach auch der Chemiker des Landeskriminalamts, der die nach dem Sprengmittelgesetz vorgeschrieben Explosionstests durchführte.
"Sehr starke Wirkung"
Er wandte dazu bei zehn Proben den Ballhammertest an. Dabei wird eine minimale Menge eines potenziell explosiven Stoffes in eine genormte Kapsel eingefüllt, auf die man dann Kraft einwirken lässt, um eben die Zünd- und Explosionsfähigkeit zu testen. "Die Menge des Fundes kann eine sehr starke Wirkung erzeugen", beschrieb es der Fachmann zurückhaltend. Die Entschärferin sprach die Gefahr abgerissener Körperteile direkt aus. "Mehr als gefährlich" ordneten die beiden die Gebinde mit Schwarzpulver ein, die alle funkenempfindlich sind. Das kann man nachvollziehen, wenn man weiß, dass ein zulässiger Kracher gerademal sechs Gramm davon enthalten darf; gefunden wurden aber Mengen im Kilogrammbereich. Dazu noch waren viele der Mischungen einfach in Marmeladengläsern oder Plastikflaschen für Milch abgefüllt und fertige selbst gebaute Kracher enthielten deutlich höhere Mengen an Schwarzpulver.
"Die Pyrotechnik wird gerne unterschätzt", weiß die Entschärferin aus ihrer Berufspraxis, bei der sie immer wieder mit aufgemotzten legalen Pyrotechnik-Produkten, Raketen und Kracherbatterien zu tun hat.
Das Beschaffen ist einfach - und bei den Grundchemikalien auch legal. Man kann die Rezepte für rote Sterne, grüne Lichtbogen oder gleißende Funken aus dem Internet herunterladen. Das Prinzip ist leicht nachzuvollziehen: Schwarzpulver wird mit Strontium für Rot, mit Barium für Grün oder mit Magnesium für große Helligkeit gemischt. Davon hat man ja schon im Chemieunterricht gehört. Die Heimtücke liegt aber in den Mischungsverhältnissen. Und im Fall des Angeklagten zusätzlich in der unsachgemäßen Lagerung.