"Ich war in süßen Träumen"
Autor: Reinhard Löwisch
Muggendorf, Freitag, 28. Dezember 2018
Vor 250 Jahren wurde Ernst Moritz Arndt geboren: ein Patriot und Freiheitsdichter, und ein genauer Beobachter.
Ernst Moritz Arndt hatte seine Wanderung von Sanspareil nach Muggendorf trotz mancher Unbilden gut hinter sich gebracht. An seinem dritten Wandertag, dem 21. Juni 1798, war er mit seinem Führer "bis drey Uhr mit ihm herumgeklettert". Vor allem den damals bekannten Höhlen der näheren Umgebung galt sein Augenmerk: Witzenhöhle¸ Zoolithenhöhle, Schönsteinhöhle und weitere mehr. Sehr wahrscheinlich war Ernst Moritz Arndt durch das 1774 erschienene Höhlenbuch des Uttenreuther Pfarrers Johann Friedrich Esper mit den "Ausführlichen Nachrichten von neuentdeckten Zoolithen unbekannter vierfüßiger Thiere" darauf aufmerksam geworden.
"Ein wahres Rabennest"
Danach wanderte Arndt über Rabeneck und Rabenstein ins "bambergische Städtchen Waischenfeld ins Quartier". Er besuchte unterwegs beide Burgen und schrieb ausführlich seine "Entdeckungen" nieder. Die Burg Rabeneck "ist ein wahres Rabennest" bemerkte er, lobte aber im gleichen Atemzug seine schöne Lage. "Diese Ausblick von der Wisend und zwar von der Wassermühle her, ist über alle Beschreibung; aber noch entzückender ist es, von oben hinunter zu schauen. Unten schlängelt der Fluß durch das blumige Thal, in welchem die Mühlen und Schöpfräder klappern, und dicht unter einem gähnt der grauenvolle Abgrund".
Zufrieden mit sich und seiner Reise, im Einklang mit Gott und der Welt, kam Arndt nach Waischenfeld, wo er im Gasthof "Rotes Roß" eine Nacht Quartier nahm. Der Gästebucheintrag belegt den Besuch noch heute. Einer lieben Gewohnheit folgend erklomm er "ein hohes Gestein" und dichtete beim Anblick des friedlich im Tal liegenden Städtchens voller Poesie (Auszug): "Du längster Tag des Jahres, sollst einer meiner schönsten seyn. Rund um mich tönt die Stimme froher und arbeitender Menschen; unten singen ein paar grasende Mädchen und von oben her klagt eine süße Stimme der Kohlpflanzerinnen; still weht die Luft, der Himmel schwärzt sich im Westen und die Stimme der Donner brausen von ferne, wie die Wisend drunten im Thale."
"Nachgeburt des alten Chaos"
Nicht ganz so begeistert äußert sich Arndt über den Ort Waischenfeld selbst. "Es liegt in einem tiefen, engen Thale und man ist fast in den Toren, ehe man es sieht. Die rauhe und wilde Gegend umher sieht wie eine Nachgeburt des alten Chaos und Crebus aus, in so mancherley Gruppen und Klumpen sind die Kalksteine hingeworfen, ohne alle Verhüllung und Bekleidung ihrer traurigen Nacktheit."
Versöhnung mit der Landschaft findet Arndt beim Besuch der nahen Försterhöhle, wo er einen Unfall hatte; er rutschte auf einer Leiter aus und landete ziemlich unsanft auf dem Boden. Mit "einen kleinen Absprung gemacht" umschrieb er am 22. Juni im Gästebuch seiner Unterkunft das Missgeschick: "Den 22. Juni 1798 habe ich die bewundernswürdige Förster-Höhle befahren und einen kleinen Absprung gemacht. Ernst Moritz Arndt aus der Insel Rügen in der Ostsee".
Die Försterhöhle, so schwärmt er, "ist von allen Höhlen die ich in diesem schönen Bezirk einiger Meilen gesehen habe, fast die merkwürdigste. So groß, so ungeheuer und so fremdartig sind die Formen, die sie dem erstaunten Auge bey jedem Schritte darbietet".
Nur scheinbar idyllisches Bild
Er hatte an diesem Tag wieder ein Erlebnis, das ihn lange beschäftigte. Als er mit seinem Führer am Vormittag Richtung Rabenstein wanderte sahen sie ein idyllisches Bild, dass ihn sogleich anzog: An einem Bach unter einem Baum lag ein Liebespärchen, eng umschlungen. "Ich war in süßen Träumen", vertraute er dem Tagebuch an, "ein Liebender legt seinen Kopf auf den Schoß der Angebetenden in einer reizenden Gegend, blos von einem säuselnden Baum beschattet".