Druckartikel: Hürden gibt es draußen in Forchheim und drinnen

Hürden gibt es draußen in Forchheim und drinnen


Autor: Cornelia Schmitt

Forchheim, Freitag, 08. Juli 2016

Im Mehrgenerationenhaus machten Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, deutlich, wo es in Forchheim noch hapert in Sachen Barrierefreiheit.
Nicht nur Bordsteinkanten können Barrieren sein. Auch im Haushalt gibt es oft Hürden.  Symbolfoto: C. Igler/Archiv


Stufen, Duschwannen mit hohen Kanten, ein Spülbecken, das plötzlich auf Augenhöhe liegt - für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gibt es nicht nur draußen - auf Straßen, in Restaurants oder Einkaufsgeschäften - Barrieren, die ein selbstständiges Vorankommen beinahe unmöglich machen.

Gerade, wer nach einem tragischen Unfall plötzlich auf einen Rollstuhl angewiesen ist, hat auch in seinen eigenen vier Wänden Barrieren zu überwinden. Nicht selten muss das häusliche Umfeld deshalb an die Behinderung angepasst werden. Damit die Menschen so weit als möglich ihren Haushalt weiter eigenständig führen können und das Pflegepersonal und Angehörige entlastet werden. Damit verbunden sind meist Umbaumaßnahmen, die nicht nur nervig, sondern auch teuer werden können.



Mit der Kampagne "Weg mit den Barrieren!" macht sich auch der Sozialverband VdK Forchheim für eine barrierefreie Gesellschaft stark und möchte Betroffenen in schwierigen Lebenssituationen helfen. Zwei Fragen stellen sich besonders oft: Wer zahlt? Wer packt mit an? Die Arbeiten reichen von Möbel verrücken, Halterungen im Badezimmer anbringen bis zum installieren des Treppenliftes. Beantwortet wurden diese und andere bei einem Vortrag des VdK in Zusammenarbeit mit der Offenen Behindertenarbeit (Oba) im Landkreis Forchheim.
Bernhard Leisgang sprach im Mehrgenerationenhaus Forchheim über Umbaumaßnahmen und finanzielle Fördermöglichkeiten. Die Pflegekasse zum Beispiel übernehme einen bestimmten Betrag ohne Eigenanteil des Pflegebedürftigen.

Auch viele anderen Ämter seien zuständig, so dass es nicht selten vorkommt, dass sich die Betroffenen im "Ämter- und Paragraphendschungel" verirren könnten.

Leisgang beruhigte, dass hier die OBA bei den unterschiedlichen Anliegen und beim Formularausfüllen helfe. Manchmal sei es zum Beispiel auch so, dass ein finanzielles Bedürfnis auf zwei Träger verteilt werden kann. Auch beim Thema behindertengerechtes Auto - Umrüstung oder Neuanschaffung? - wisse die Oba Rat.


Es gibt noch einige Barrieren

Inklusion heiße wörtlich übersetzt Zugehörigkeit - also das Gegenteil von Ausgrenzung. Wenn jeder Mensch überall dabei sein kann, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Wohnviertel, in der Freizeit, dann könne man von gelungener Inklusion sprechen, heißt es von der Aktion Mensch. In Forchheim klappe das allerdings noch nicht so gut, berichteten die Zuhörer beim 17. Forum für Menschen mit Behinderung. Wenn es um einen barrierefreien Bahnhof geht, vertröste der Stadtrat Manfred Hümmer bis auf nach den Ausbau der ICE-Strecke. Baubeginn dafür soll 2019 sein.

Auch in der Innenstadt hapere es: Denn die neu sanierte Behindertentoilette, hinter der Martinskirche, könne nicht benützt werden. Wegen der Fußstützen kämen Rollstuhlfahrer nicht an den Türgriff, erklärten die Teilnehmer. Ein automatischer Türöffner könnte hier genauso dienlich sein, wie beim Verwaltungsgebäude St. Martin. Oder: Ein 1,20 Meter breiter Plattengang neben dem Kopfsteinpflaster im Hof der Kaiserpfalz und die Überprüfung der neuen, angeblich barrierefreien Bürgersteige wie zum Beispiel in der Birkenfeldstraße. Diese könnten mit wenig Aufwand, große Erleichterung bieten.
Noch ein Beispiel:Für das Annafest wurde ein gut gemeinter Shuttle eingesetzt, von dem kaum einer der anwesenden Rollstuhlfahrer informiert gewesen war. Jedoch war bekannt, dass die einzige behindertengerechte Toilette auf den oberen Kellern meist abgesperrt sei, weil sich die Wirte weigern, sich an den Reinigungskosten zu beteiligen.

Beleidigend fanden einige Anwesende die Unverantwortlichkeit der Forchheimer Stadtväter. Ein vereinbarter Termin für eine Ortsbegehung in der Altstadt wurde vom neuen Oberbürgermeister an den Zweiten Bürgermeister weitergereicht und der wiederum sagte der Delegation Oba-VdK-Rollstuhlfahrer kurzfristig ab.
Dabei gehe das Thema Barrierefreiheit alle an. Denn viel zu oft und viel zu schnell könne ein tragischer Unfall von heute auf morgen das Schicksal eines jeden verändern - auch das machten die Betroffenen eindeutig und hoffen, künftig mehr Gehör bei ihren Anliegen zu finden. cos