Hospiz-Arbeit im Landkreis Forchheim: Zeit schenken in der leisen Welt
Autor: Andreas Schmitt
Forchheim, Dienstag, 06. Juni 2017
Knapp 100 Menschen besuchen im Landkreis Forchheim Menschen, deren Leben dem Ende entgegen geht. Ein Ehrenamt, das unter die Haut geht.
Es ist nicht nur der Gang durch eine Tür. Wenn Hannelore Schwarzmann ein Zimmer betritt, dann überwindet sie Welten. Sie verlässt den hastigen und schnellen Alltag, der geprägt ist vom Drang nach Erfolg, Geld und Anerkennung. Und taucht ein in eine Parallel-Welt, die leise ist.
"Manchmal wollen sie einfach, dass ich dasitze", erzählt die 72-Jährige, die seit 2007 für den Christlichen Palliativ- und Hopizdienst des Forchheimer Caritas-Kreisverbandes ehrenamtlich Schwerkranke besucht. So wie an einem Donnerstag, als sie bei einem Mann im Altenheim zu Gast ist.
Freundin des letzten Abschnitts
"Manchmal ist er fit, dann wieder nicht so. Das kann jeden Tag unterschiedlich sein", sagt sie. Dann geht die Tür auf - und Hannelore Schwarzmann geht lächelnd ins Zimmer. "Hallo, wie geht es heute?" , begrüßt sie den Mann. Er nickt und zwinkert. Hannelore Schwarzmann, die ihn schon seit einiger Zeit besucht, genügt das als Antwort. Sie weiß: Heute ist er gut drauf.Zeit also, das Lieder- und Gebetbuch auszupacken und dem gläubigen Mann vorzulesen. Langsam, bedächtig, aber immer ernsthaft. "Die Worte und Lieder wecken oft alte Erinnerungen", erzählt Schwarzmann, die sich individuell auf die Menschen vorbereitet. Bei Gläubigen hat sie Christliches dabei, gerne liest sie aber auch die Tageszeitung vor oder spricht mit den Leuten über das, was sie ein Leben lang gerne gemacht haben.
Manchmal muss sie aber auch gar nichts machen. "Oft wollen die Leute in den letzten Tagen nicht sprechen, aber eben auch nicht alleine sein", erzählt Schwarzmann, die ihre Patienten in der Regel einmal pro Woche besucht. Wenn es ernst wird, nimmt sie sich aber auch täglich mehrere Stunden Zeit. "Ich halte dann die Hand und tropfe den Schweiß ab", berichtet die Hospizhelferin über die Stunden, in denen die Stille dominiert. "Für die Menschen ist es sehr wichtig, dass jemand da ist, wenn sie die Augen öffnen", weiß Hannelore Schwarzmann aus ihrer mittlerweile zehnjährigen Tätigkeit.
Wenn ihr die Schwerkranken nach vielen Stunden ein "Danke" oder "Schön, dass Du da bist" zuflüstern, dann macht das die 72-Jährige sehr glücklich. "Dann weiß ich, dass es richtig war, meine Zeit zu opfern."
Durch Pflege der eigenen Familie
Zum Hospizdienst gekommen ist sie durch die Pflege der Mutter und der Schwiegereltern. 2007 hat sie dann ein Inserat der Caritas gelesen. "Ich wollte im Ruhestand sowieso etwas machen und habe mich gefragt, ob ich mich auch zu Fremden setzen kann, die oft stark von der Krankheit gezeichnet sind." Nach ihrer halbjährigen Grundausbildung, einem Aufbaukurs, einer Sonderschulung im Umgang mit Sterbenden und den ersten Besuchen wusste sie: Sie kann damit umgehen, dass der Tod Teil ihres Alltags ist, schafft es, das Erlebte daheim auszublenden. Hilfe bieten ihr dabei die monatlichen Gruppentreffen der Hospizhelfer in Forchheim. "Dort sprechen wir mit den Koordinatorinnen über unsere Erlebnisse."
Über die Krankheit der Patienten sind die Hospizhelfer, die zum Schweigen verpflichtet sind, immer informiert - auch wenn sie den Patienten nicht genau erklären, warum sie da sind.
Sehr wichtig ist der Pinzbergerin der Kontakt mit den Angehörigen. "Kinder oder Geschwister brauchen auch eine Auszeit. Gleichzeitig wollen sich auch die Kranken mal jemandem anvertrauen, ohne die Liebsten zu belasten. Das wollen wir ermöglichen", sagt Schwarzmann, die die Angehörigen ermutigt: "Trauen Sie sich, Hilfe zuzulassen. Es entstehen keine Kosten."
Zum Abschluss wird gesungen
Im Altenheim wird zum Abschied gesungen. Das Frankenlied und "Segne, du Maria" stimmt Hannelore Schwarzmann an. Und nach einigen Zeilen singt auch der Mann immer wieder mit. Er genießt das gemeinsame Musizieren. Eine Szene, die unter die Haut geht.
Hospiz-Hilfe im Landkreis Forchheim
Hospizverein Landkreis Forchheim Gründung: 1996; Hospizhelfer: 60; Telefon-Nummer: 09191/702626; 0171/5730139; Mail: info@hospizverein-forchheim.de ; Angebote: Hospiz-Dienst, Trauerbegleitung, Beratung Patientenverfügung, Schulbesuche, Sprechstunde Palliativmedizin (zweiter Mittwoch im Monat 16 Uhr, Birkenfelderstraße 27, Forchheim) Christlicher Palliativ- und Hospizdienst der Caritas Gründung: 1997; Hospizhelfer: 37; Tel.: 09191/169099; 0175/4182259; Mail: sieglinde.graf@caritas-forchheim.de ; Angebote: Hospiz-/Palliativ-Begleitung, Trauergespräche, Angehörigen-Betreuung, Beratung Patientenverfügung/ Vollmacht (nächste am 6. Juli, 15 Uhr, St. Anna-Kirche Forchheim).
Kommentar des Autors
" Respekt!"Mein Besuch im Altenheim erinnerte mich an den Satz aus der Fußballersprache: "Er geht da hin, wo es weh tut." Er beschreibt Spieler, die großen Einsatz zeigen, obwohl sie nicht die Stars im Rampenlicht sind. Die ehrenamtlichen Hospizhelfer zeigen großen Einsatz , gehen zu den Kranken, die kaum soziale Kontakte haben und lassen zu, dass das Thema Tod Teil des Alltags ist. Ganz ohne Rampenlicht, still im Privaten. Das hat mich tief beeindruckt und verdient großen Respekt!