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Holzmachen heute: Fachmann statt Cowboy


Autor: Diana Fuchs

Hallerndorf, Donnerstag, 07. Februar 2019

Wer mit der Motorsäge in den Wald zieht, sollte wissen, was ein Anwurfseil von einem Lasso unterscheidet.
Mit beherzten Schlägen treibt Hendrik Teutschbein einen Fällkeil in den Stamm.  Fotos: Diana Fuchs


Nach wie vielen Jahren muss ich meinen Helm gegen einen neuen austauschen? Darf man allein im Wald arbeiten? Wie groß ist der Sicherheitsbereich, den man bei jeder Baumfällung einrechnet?

Waldbesitzer und Privatleute, die oft oder ab und zu im Wald arbeiten, sollten diese Fragen beantworten können. Dennoch häufen sich Waldunfälle. Zum einen, weil Holzmachen auch in Franken wieder "in" ist. Zum anderen, weil selbst "alte Hasen" im Umgang mit der Säge einiges falsch machen. "Das geht schon beim Anwerfen der Säge los", sagt Forstwirtschaftsmeister Hendrik Teutschbein.

Wenn einer sich mit der linken Hand die Säge vor den Bauch hält und mit rechts das Anwurfseil locker aus der Hüfte zieht, erinnert das Hendrik Teutschbein an einen Cowboy, der das Lasso schwingt und gleichzeitig versucht, das Pferd im Zaum zu halten. "Besser, man fixiert das Arbeitsgerät zwischen den Beinen und reißt dann erst am Seil. Das ist gesünder."

Die größte Gefahr bei der Waldarbeit sei zu viel Routine. "Denn jeder Baum ist anders. Man muss sich auf jeden neu einstellen." Und selbst das reicht manchmal nicht aus. "Senkrecht über mir ist mal ein Ast heruntergekracht. Mein Helm war danach in der Mitte gespalten." Auch zurückschleudernde Äste, geplatzte Stämme und Totholz seien tückisch.

Manchmal wundert der 38-Jährige sich, dass in den fränkischen Wäldern nicht noch viel mehr passiert. "Da fahren die Leute raus, werfen das Fichtenmoped an, geben Vollgas - ohne Baumbeurteilung, ohne die Schnitttechnik genau festzulegen und oft genug auch ohne vernünftige Rückweiche."

Baumbeurteilung? Rückweiche? Um zu zeigen, wie man es richtig macht, fahren Hendrik Teutschbein und sein Kollege Jürgen Pöhlmann in den Wald. Sie tragen Schnittschutzhosen, -stiefel, Handschuhe, Helm. Die Spaltaxt ist geschultert, am Stiel baumeln Fällkeile. Die Säge hält Teutschbein in der Hand. Am Gürtel hängen Geräte zum Messen und Markieren.

Jetzt steht Teutschbein vor einer stattlichen Eiche und legt den Kopf in den Nacken. "Die dürren Äste können beim Fällen zur Gefahr werden", sagt der Forstmeister aus Iphofen nahe des Drei-Franken-Ecks. Er deutet in die Baumkrone. "Auf den Ast, der im Nachbarbaum eingewachsen ist, müssen wir besonders aufpassen."

Nach dieser "Baumansprache" streckt er den Arm aus und sagt: "Dahin soll der Baum fallen. Da ist genug Platz, die Rückegasse ist nah und die Naturverjüngung - der Baumnachwuchs - bleibt erhalten."

Hendrik Teutschbein treibt die Säge oberhalb der Wurzel in das Holz. Im 45-Grad-Winkel schneidet er nach unten. Dann setzt er einen waagerechten Schnitt darunter. Den spitz ausgesägten Keil entfernt er und deutet auf das entstandene Loch im Stamm: "Das ist der Fallkerb." Noch steht der Baum fest. "Jetzt setze ich einen Herzstich von vorne in die Stammmitte. Das nimmt die Spannung aus dem Holz." Wieder kreischt die Säge, Späne feuern in die herabsegelnden Schneeflocken.

Auf beiden Seiten des Stamms, etwas oberhalb des waagerechten Kerbschnitts, versenkt Teutschbein nun das Sägeschwert. "So erzeuge ich eine Bruchstufe, die als Widerhalt dient." Dann treibt er mit der Axt einen Keil ins Holz - genau gegenüber der Kerbe, aber etwas höher als deren Sohle. Ganz hinten am Stamm lässt er ein handbreites "Sicherheitsband" aus Holz stehen. Bevor er auch dieses durchtrennt, schaut er sich nach der "Rückweiche" um. "Sobald das Halte- oder Stützband durch ist - ab in Sicherheit!"

Die Säge jault ein letztes Mal auf. Teutschbein läuft los. Der Stamm ächzt. Einige Sekunden später fällt er mit einem lauten, dumpfen Knall in die berechnete Schneise. Die Kronen der umliegenden Bäume nicken noch lange hinter dem gefallenen Kollegen her.

Teutschbein begutachtet den Baumstumpf: "Die Bruchleiste ist die Lebensversicherung des Waldarbeiters. Sie wirkt wie ein Scharnier, das die Fallrichtung des Baumes bestimmt." Jeder, der sich auch eine solche "Lebensversicherung" wünscht, ist eingeladen, einen der Sicherheitskurse zu besuchen, die Forstämter, Staatsforsten und Forstbetriebsgemeinschaften anbieten. "Für Privatleute, die im Staats- oder Kommunalwald Holz machen möchten, ist so ein Kurs fast überall Pflicht", sagt Hendrik Teutschbein, der seine Seminare nach den Vorschriften der "Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung" (DGUV) ausrichtet. "Sinnvoll ist der Kurs für alle."

Und weil es auch Laien nicht schaden kann, Bescheid zu wissen, hier die Auflösung der Eingangsfragen: Jeder Helm muss nach fünf Jahren erneuert werden - egal, ob er noch gut aussieht oder nicht. Allein im Wald zu arbeiten, ist aus Sicherheitsgründen verboten. Und für den Fallbereich/Sicherheitsbereich bei jeder Baumfällung gilt die Faustregel: doppelte Baumlänge einhalten. INFO: Kursangebote Iphofen: Freitag/Samstag, 22./ 23. Februar, Motorsägenlehrgang, 90 Euro, Info/Anmeldung: Forstbetriebsgemeinschaft Kitzingen w.V. in Iphofen, Tel. 09323/ 875-106, Mail: info@fbg-kitzingen.de Hallerndorf bei Forchheim: 15. /16. März, Motorsägenlehrgang, 95 Euro, Info: Bayerische Staatsforsten Forchheim, info-forchheim@baysf.de Raum Bamberg: Beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft & Forsten Bamberg sind die aktuellen Kurse so gut wie ausgebucht. Ab Sommer können sich Waldbesitzer für künftige Kurse registrieren lassen: Tel. 09542/77330; poststelle@aelf-ba.bayern.de