Historiker Engelbert Wagner wird 80 Jahre alt
Autor: Ekkehard Roepert
Hausen, Dienstag, 07. Mai 2013
Der Historiker und Sammler Engelbert Wagner feiert seinen 80. Geburtstag. Und er kommt zu einer überraschenden Einsicht: "Ich hätte gern was ganz anderes gemacht."
Engelbert Wagner gehört zu den Menschen, die sich nicht so leicht feiern lassen. Wer sich mit dem 80-Jährigen über dessen Leben unterhalten will, der könnte überrascht werden. Wagner schätzt es nicht übermäßig, auf seine Verdienste als Autor und Heimatpfleger zurückzublicken; lieber spricht er über das, was in seinem Leben offen blieb, was er noch gerne geschafft hätte.
Nicht dass er unzufrieden wäre. "Es lässt sich aushalten", sagt Engelbert Wagner, während er sich in seiner edlen Wohnstube niederlässt, umgeben von kunstvoll bemalten Schränken, und schier endlosen Reihen kostbarer Bücher.
Dass Engelbert Wagner ein Forscher und Schreiber, ein Historiker, ein leidenschaftlicher Leser und akribischer Heimatpfleger wurde, dafür gibt es in seinem Leben eine Schlüsselszene.
Seine Großmutter Anna hatte dieses handgeschriebene Gebetbuch von Johann Wagner aus dem Jahr 1852 ihrem Enkel geschenkt, als der 16 Jahre alt war. Und damit hatte die Großmutter den Nerv getroffen. "Sie wusste, dass ich wild war auf alles, was historisch und alt ist."
Schwerpunkt handgeschriebene Gebetbücher
Später sollte das Thema "Handgeschriebene Gebetbücher" einer der Forschungsschwerpunkte von Engelbert Wagner werden. Und seine "Wildheit" auf Historisches entwickelte viele Facetten: Im Januar 1968 schrieb er einen Brief an den Bürgermeister; wies ihn auf die Defizite in der Heimatpflege hin und bot seine Mitarbeit an. Im Oktober 1969 wurde Engelbert Wagner Heimatpfleger und sein reges Forscher- Schreiber- und Sammler-Leben begann nun erst so richtig.
Über diese Aktivitäten der vergangenen 40 Jahre wird am Freitag viel die Rede sein, wenn die Gemeinde Hausen ihren Ehrenbürger bei einem Empfang in der Schulaula feiert. Weniger die Rede sein wird wohl von jenem Engelbert Wagner, der ein Stück weit auch ein Einzelgänger ist; der sich in seiner 60-bändigen Jean-Paul-Ausgabe von 1830 verlieren und sich am "Anfass-Erlebnis" eins Voss-Gedichtbandes erfreuen kann; der seine nicht geschriebenen Bücher und Essays häufiger erwähnt als die geschriebenen; und der etwas wehmütig von jenem "guten Freund" schwärmt, der ihm stapelweise "Papiere aus dem 18. Jahrhundert überlassen" habe, die geeignet gewesen wären, "ein völlig neues Bild von Hausen im 18. Jahrhundert zu zeigen."
Aktuelle Bücher laufend überholt
Diese Erfahrung musste Engelbert Wagner wiederholt machen: Kaum hatte er die Feder aus der Hand gelegt, da tauchten neue Gegenstände und Informationen auf, die sein aktuelles Buch überholten. Heute habe er nicht mehr den Elan, seinen Veröffentlichungen eine weitere hinzuzufügen, sagt der 80-Jährige. Als er ein Resümee seines Forscherlebens zu ziehen versucht, sagt er plötzlich: "Ich hätte gern was ganz anderes gemacht."
Und dann beginnt er von seiner Faszination für das 16. Jahrhundert im Landkreis Forchheim zu erzählen. Von der "brachialen Gewalt" jener Zeit; von der Bevölkerung, die nichts mit dem angeblich so "lammfrommen Volk" zu tun hatte, von dem heute gern berichtet werde. In Hausen habe es einen Republikaner-Stolz gegeben, der in gewisser Weise die Ideale der französischen Revolution vorweggenommen habe. "Die haben ständig aufgemuckt."
Die systematische Erforschung jener Epoche gelang Wagner nicht. "Irgendwie habe ich das 16. Jahrhundert sausen lassen, während ich mich in die Möbel vertiefte." Wenn er das sagt, klingt er beinahe etwas verwundert über sich selbst. Doch dann fügt er hinzu, dass er eigentlich zufrieden sei und dass Rückblicke das eben so an sich hätten: "Man bewertet am Ende manches anders, als in der Zeit, als man aktiv war."