Hetzeldorf: Hier läuft das Wasser bergauf
Autor: Josef Hofbauer
Hetzelsdorf, Mittwoch, 17. Juni 2015
Ein Widder sorgte in Hetzelsdorf dafür, dass das kühle Nass von selbst den Berg hinauf lief. Das Leitungsnetz wurde Anfang des letzten Jahrhunderts mit Schaufel und Spaten gegraben.
Wasser ist Leben. Dies gilt besonders für Hetzelsdorf, wo ein halbes Dutzend Quellen aus den Berghängen sprudeln. Dennoch war die Versorgung der hier lebenden Menschen über die Jahrhunderte hinweg ein Mühsal. Mit Eimern mussten die Bewohner das kostbare Nass den steilen Berg der seit 1007 urkundlich nachgewiesenen Siedlung hinaufschleppen.
Da mutet die erste Wasserleitung der ehemals selbstständigen Gemeinde an der Verbindungsstraße zwischen Pretzfeld und Hundshaupten wie eine technische Sensation an. Der frühere Dorfschmied Mayer und der "obere Wirt", so erinnert sich Friedrich Lang (77), seien die treibenden Kräfte gewesen, dass sich eine Gruppe von zehn Bewohnern dazu entschied, eine Wasserleitung zu bauen. Dabei nutzten die Hetzelsdorfer ein französisches Patent, um Wasser zu heben, das auf eine Entdeckung des Briten John Whitehurst zurückgeht.
Kraft des Wassers genutzt
Das Prinzip: Aus einem Vorratsbehälter strömt Wasser durch eine Leitung und tritt am Ende durch das Stoßventil (am Widder) aus. Steigt der Druck dieses Wassers, schließt dieses Ventil abrupt. Der in der Triebleitung bis zu diesem Zeitpunkt strömenden Wassermasse wird plötzlich der Ausfluss versperrt. Der so erzeugte Druck wird genutzt, um das Wasser in der Steigleitung nach oben zu befördern, wenn sich die kurzfristig komprimierte Luft wieder ausdehnt.
Nach Unterlagen des Historikers Reinhold Glas muss es um 1905 gewesen sein, als die Hetzelsdorfer damit begonnen haben, die erste Wasserleitung zu bauen. Sie leiteten das Wasser der drei Quellen, die im Bereich des heutigen Feuerwehrhauses zutage traten in ein gemauerte Bassin. Von dort aus installierten sie die Leitung zum Widder, der natürliche Antrieb der Wasserversorgung. Der Widder selbst ist durch einen gemauerten Schacht geschützt. Aber längst außer Betrieb. Die gemeindliche Wasserversorgung hat ihn überflüssig gemacht. Dennoch lässt sich die Dimension des Projektes noch heute erahnen.
In Handarbeit, mit Schaufel und Pickel mussten die schätzungsweise 50 Meter lange Triebleitung und die drei bis viermal so lange Steigleitung verlegt werden, die einen Höhenunterschied von rund 30 Metern bis zum Wasserreservoir überwindet. Hinzu kommt: Die Leitungen mussten so tief verlegt werden, damit die Metallrohre durch Frost keinen Schaden nehmen konnten.
Dann mussten noch die Leitungen vom Hochbehälter zu den Häusern gegraben werden, damit die Hetzelsdorfer erstmals fließendes Wasser hatten. "Ein geniales, wartungsarmes System, das ohne Strom auskam", erinnert sich Friedrich Lang, der bis zur kommunalen Wasserversorgung immer wieder Reparaturarbeiten am Widder durchführte.
Einst zwei Wassergruppen
Er erinnert sich auch an ein zweiten Wasserleitungssystem. Nach dem Ersten Weltkrieg habe sich eine weitere Gruppe Hetzelsdorfer zusammengeschlossen, und ebenfalls eine Wasserleitung gebaut. Sie zapften die westlichste im Ort sprudelnde Quelle an und pumpten es mit einer Motorpumpe zu einem Hochbehälter nur wenige Meter neben dem Hochbehälter der Widdergruppe. Sowohl die Hochbehälter, als auch die Quellfassungen und die Fördertechnik sind noch erhalten. Man muss nur wissen wo.