Druckartikel: Herausfinden, wie Senioren ticken

Herausfinden, wie Senioren ticken


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Mittwoch, 29. Oktober 2014

Seit zwei Jahren hat der Landkreis Forchheim überhaupt erst eine Beauftragte für Senioren. Daher hinkt der Altenhilfeplan hinterher. Und die jüngste Umfrage zur Lebenssituation der Senioren im Landkreis bringt kaum brauchbare Resultate.
Laut einer Umfrage des Modus-Instituts wünschen 92,4 Prozent der Senioren im Landkreis - auch, was ihre Freizeitgestaltung betrifft - keinerlei Veränderung. Ob das auch für diesen Taubenzüchter gilt?  Foto: Josef Hofbauer


Eine arme Frau kommt mit einem herzkranken Hund in das Büro der Seniorenbeauftragten und klagt: Sie könne sich die Medizin für ihr Haustier nicht mehr leisten. Eine andere will von ihrem todkranken Sohn Abschied nehmen, weiß aber nicht, wie sie ins Klinikum nach Bamberg kommen soll. Solche Fälle sind in keinem Altenhilfeplan vorgesehen, und Susanne Wicht findet "individuelle Lösungen". Die Seniorenbeauftragte des Landkreises ist erst seit zwei Jahren im Amt und bemerkt, dass man sehr genau hinsehen muss, bevor man von den Senioren spricht.

Das hat auch die Umfrage verdeutlicht, die das Modus-Institut für den Landkreis Forchheim durchgeführt hat. Unwirsch haben die Kreisräte auf die Ergebnisse reagiert.

Denn die 1500 Fragebögen (8000 wurden verschickt) liefern kaum brauchbare Erkenntnisse.

"Über 90 Prozent wünschen keinerlei Verbesserung?", fragt CSU-Kreisrat Peter Eismann ungläubig. Lisa Hoffmann (SPD) spricht von einem "verzerrten Bild", weil die Ergebnisse nicht nach Altersgruppen ausgewertet wurden.

Über 98 Prozent geben beispielsweise an, keine ehrenamtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Helmut Taut, FW-Kreisrat und Bürgermeister von Wiesenttal, kritisiert, dass das Geschehen in der Fränkischen Schweiz mit solchen Zahlen nicht erfasst werde. "Wir draußen sind gewohnt, uns selbst zu helfen." Schon die Tatsache, dass aus Gößweinstein nur 20 Senioren geantwortet hätten, zeige, dass die Umfrage für einige Gemeinden keine Aussagekraft habe.

Auch Landrat Hermann Ulm (CSU) deutet an, dass die Umfrage-Zahlen nicht ausreichen. Er fordert "ortsscharfe oder zumindest gemeindescharfe Zahlen".

Ulrich Ummelmann war zwei Jahrzehnte Bürger und Gemeinderat in Egloffstein und hat dort eine vorbildliche Senioren-Arbeit kennengelernt. Heute lebt der 71-Jährige in Forchheim und engagiert sich im Seniorenbüro. "Das Spektrum der Senioren ist riesig", sagt Ummelmann: "60-Jährige ticken ganz anders, als 70-Jährige. Man muss den jeweiligen Altersgruppen ganz eigene Fragen stellen."

Einige der Modus-Ergebnisse seien offensichtlich falsch. "Es kann nicht stimmen, dass 90 Prozent der Senioren Auto fahren, wenn nur 75 Prozent der unter 90-Jährigen einen Führerschein haben." Auch sei es "Quatsch" zu behaupten, die meisten Senioren seien mit der Einkaufssituation oder mit dem Öffentlichen Nahverkehr zufrieden: "Die haben sich drauf eingestellt, dass es nicht funktioniert."

Ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept sei "mit diesen Zahlen nicht gut bestückt", urteilt auch Gerhard Käding, der Seniorenbeauftragte der Stadt Forchheim. "Als gäbe es im Landkreis eine heile Welt für Senioren - das stimmt ja nicht", betont Käding.

Daher schlägt Ulrich Ummelmann vor, "jetzt Ideen zu entwickeln und sie an der Umfrage zu spiegeln". Diese Vorgehensweise unterstützt Michael John, der Geschäftsführer des Basis-Institutes für soziale Planung, Beratung und Gestaltung. John berät die Forchheimer, damit die ihr "seniorenpolitisches Gesamtkonzept" auf die Beine bringen.

Fragen in Lösungen umdeuten

In Schwabach oder auch im Landkreis Haßberge hat das Basis-Institut solche Konzepte schon erfolgreich auf den Weg gebracht. "Dazu gehört", sagt Michael John, "Bürgergespräche zu führen, um die Menschen aufzurütteln"; dazu gehöre, in die Gemeinderäte zu gehen und sich auseinanderzusetzen; dazu gehöre, einen "zwölfseitigen differenzierte Fragebogen" rauszuschicken; dazu gehöre ein Rücklauf von über 30 Prozent. Und schließlich müssten "Fragen in Lösungen umgedeutet" werden.

Die Aussagekraft von Umfragen ist begrenzt, weiß Michael John. Daher sein Vorschlag: In Arbeitsgruppen Gespräche mit Senioren führen - und "die entscheidenden Fragen stellen": Wie würdet ihr selbst leben wollen? Kriegt ihr Unterstützung? Die Antworten werden zeigen, prophezeit Michael John, "dass viele Lücken offen sind".